Berufliche Perspektive dank Teilzeit-Ausbildung


Werben für die Möglichkeit der Teilzeit-Ausbildung: (von links) Birgit Riemer-Schnabel, Dhana Hoffmann, Nils Ehm und Simone Stuhrmann. von Nina Appel
Werben für die Möglichkeit der Teilzeit-Ausbildung: (von links) Birgit Riemer-Schnabel, Dhana Hoffmann, Nils Ehm und Simone Stuhrmann. © Nina Appel

Kreis Olpe/Siegen. Eine Schwangerschaft stellt für Frauen häufig eine Herausforderung für das Erwerbsleben dar. Vor allem wenn es sich um den Berufseinstieg handelt. Diese Erfahrungen hat auch Dhana Hoffmann aus Finnentrop gemacht. Die heute 29-jährige Mutter einer fünfjährigen Tochter war alleinerziehend und musste ihre vorherige Ausbildung zur Steuerfachangestellten kurz vor der Prüfung abbrechen. Dann jedoch konnte sie eine Teilzeit-Ausbildung zur Industriekauffrau absolvieren.


Möglich war das dank der Unterstützung des Förderprogramms TEP (Teilzeitberufsausbildung – Einstieg begleiten – Perspektive öffnen) der Alternative Lebensräume GmbH und ihrem neuen Arbeitgeber Wetec Werkzeugbau GmbH und Co. KG in Finnentrop. 

„Ich war damals alleinerziehend, aber durch mein privates Netzwerk und einen Betreuungsplatz für mein Kind im Kindergarten konnte ich schon recht früh die zeitlichen Rahmenbedingungen schaffen.  Für mich war ganz klar, dass ich nicht zu Hause bleiben will“, erzählt Dhana Hoffmann.
Telefonische Suche
Nach einem Beratungsgespräch bei der Agentur für Arbeit habe sie die offenen Ausbildungsstellen aus der Jobbörse der Arbeitsagentur abtelefoniert. „Ich habe telefonisch angefragt, ob der Arbeitgeber sich eine Teilzeitausbildung vorstellen kann. Nach 45 Minuten erhielt ich einen Rückruf und eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch“, berichtet die junge Mutter.

Dann ging alles sehr schnell. Nach zwei Tagen Probearbeit hatte sie einen Ausbildungsvertrag in der Tasche. Während der ersten Phase der Ausbildung wurde Dhana Hoffmann durch Ursula Rauscher, Projektleiterin der Alternative Lebensräume GmbH, begleitet. Im Juli hat sie die Ausbildung zur Industriekauffrau erfolgreich abgeschlossen und wurde vom Arbeitgeber übernommen.
Zum richtigen Zeitpunkt
Für den Arbeitgeber kam der Anruf von Dhana Hoffmann ebenfalls passend. „Eine ganze Ausbildungsstelle zur Industriekauffrau hätten wir gar nicht mehr besetzen können. Der Ausbildungsplatz für das Jahr 2015 war bereits vergeben, wir hatten nur noch nicht die Stellenanzeige gelöscht. Eine Teilzeitausbildung passte aber noch gut in unsere Planungen“, erläutert Nils Ehm die spontane Entscheidung für Dhana Hoffmann.

Diese war die erste Teilzeitauszubildende in dem Betrieb. „Uns war diese Möglichkeit der Ausbildung bis dahin gar nicht bekannt. Über klassische Bewerbungsverfahren können wir viele Ausbildungsplätze nicht mehr besetzten. Wir wollen aber unsere Fachkräfte für die Zukunft sichern, denn das Kapital des Unternehmens sind die Mitarbeiter. Deshalb sind wir gerne bereit, auch mal alternative Wege zu gehen“, so der Geschäftsführer des kleinen Unternehmens in Finnentrop.
Ausnahme in der Region
Die Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der heimischen Arbeitsagentur, Birgit Riemer-Schnabel, freut sich über die Teilzeitausbildung bei Wetec. „Der Arbeitgeber ist mit seinem Angebot leider noch die Ausnahme in der Region. Es gibt immer noch zu wenige Ausbildungsplätze, die auch in Teilzeit absolviert werden können.“ Birgit Riemer-Schnabel sieht dabei gerade für die Betriebe die Chance, sich so mit sozialem Engagement positionieren zu können. „Darüber hinaus kann ein Unternehmen eine weitere wichtige Bewerbergruppe für sich erschließen. In Zeiten des wachsenden Fachkräftebedarfes, ist das ein wichtiger Aspekt.“
Möglichkeit gibt es seit 2005
Die Möglichkeit der Teilzeitausbildung gibt es schon seit dem Jahr 2005. Wer seine Ausbildung in Teilzeit absolvieren möchte, kann die Anwesenheit im Betrieb auf bis zu 75 Prozent – das heißt zwischen 25 und 35 Stunden pro Woche – reduzieren. So verlängert sich die reguläre Dauer des Ausbildungsverhältnisses nicht. Eine geringere Stundenzahl ist möglich, setzt aber eine Verlängerung der Ausbildungsdauer voraus, damit alle Inhalte der Ausbildung auch kennengelernt werden können.

„Genau dieses Ausprobieren von neuen Rekrutierungswegen sollten noch mehr Betriebe angehen. Der Markt wird sich weiter hin zum Bewerbermarkt wandeln – da müssen Betriebe ihren Blickwinkel für die Bewerberauswahl weiten“, motiviert Simone Stuhrmann, Bereichsleiterin der Siegener Arbeitsagentur. Für den Fall, dass in der Ausbildung Probleme auftreten, bietet die Arbeitsagentur eine Lösung. „Wir bieten kostenlose Nachhilfe oder sozialpädagogische Betreuung an. Das nennen wir ‚ausbildungsbegleitende Hilfen‘. Wir wollen so einen Beitrag dazu leisten, dass die Ausbildung auch bei Schwierigkeiten erfolgreich abgeschlossen werden kann“.
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