Aufforderung zur Ausreise

Rechtsextremisten verschicken Postkarten an Kommunalpolitiker


  • Kreis Olpe, 31.03.2016
  • Von Sven Prillwitz
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    Sven Prillwitz

    Redaktion

Im Kreis Olpe haben mehrere Politiker Post von einer rechtsextremen Partei erhalten. von Symbol Matthias Clever
Im Kreis Olpe haben mehrere Politiker Post von einer rechtsextremen Partei erhalten. © Symbol Matthias Clever

Die rechtsextreme Partei „Der Dritte Weg“ hat an mehrere Kommunalpolitiker im Kreis Olpe Postkarten geschickt, die – als „Gutschein“ tituliert – die „Ausreise aller Überfremdungsbefürworter Richtung Afrika“ fordert. Mehrere Adressaten haben inzwischen bei der Polizei Anzeige erstattet, auch die Staatsanwaltschaft Siegen und der Staatsschutz Hagen wurden eingeschaltet. Strafrechtliche Konsequenzen muss der Absender indes nicht fürchten.


Auf der Vorderseite der Postkarte ist unter der Überschrift „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ ein voll besetztes Boot mit schemenhaften Gestalten zu sehen. Im Hintergrund ist eine Landkarte abgebildet: Rote Pfeile weisen aus Europa in Richtung Afrika und Naher Osten. Ein kurzer Text auf der Rückseite bezeichnet die Adressaten als „Unterstützer der volksfeindlichen Politik der Bundesregierung“. Diese werden aufgefordert, ihre „ungeliebte Heimat“ zu verlassen und sich in Afrika und im Nahen Osten für Frieden einzusetzen. Die Politiker werden dazu aufgefordert, eine von drei Ausreisemöglichkeiten anzukreuzen und die Karte an ein Postfach in Bad Dürkheim (Rheinland-Pfalz) zurückzuschicken. Als Verantwortlicher ist Klaus Armstroff angegeben, 1. Vorsitzender der 2013 gegründeten Partei „Der Dritte Weg“.
Bedrohung und „neue Dimension“
Die vier Ratsmitglieder der Grünen-Fraktion in Lennestadt, zehn Mitglieder der SPD Wenden und nach Angaben der Kreispolizeibehörde Olpe auch einige Kommunalpolitiker aus Olpe fanden die Postkarte in ihren Briefkästen. Auch Mitgliedern der Jusos, der Jugendorganisation der SPD, wurden solche Karten zugeschickt (siehe Infokasten). „Das ist ganz klar eine neue Dimension, wenn man persönlich angeschrieben wird“, sagte Orth-Sauer am Donnerstag, 31. März, auf Anfrage von LokalPlus. Die Fraktionschefin der Lennestädter Grünen wertete die Karte als Bedrohung – und als „Quittung“, die ihr die rechtsextreme Partei für ihr Engagement in der Flüchtlingshilfe ausgestellt habe. Davon einschüchtern lassen wolle sie sich aber ebenso wenig wie Sibille Niklas. „Wir sehen es nicht ein, uns in dieser Art und Weise behandeln zu lassen. Das muss man ernst nehmen und dagegen vorgehen“, sagte die Sozialdemokratin, die im Wendener Gemeinderat sitzt. Sie und ihre Parteikollegen hätten umgehend bei der Polizei Anzeige erstattet. Auch die Lennestädter Grünen schalteten die Ordnungshüter ein – trotz der erwarteten geringen Aussichten auf Erfolg.
Staatsanwaltschaft: Kein strafrechtlicher Verstoß
Denn aus strafrechtlicher Sicht habe sich der Absender mit der Aktion nichts zuschulden kommen lassen, sagte Polizeihauptkommissar Stephan Ommer am Donnerstag. Zu diesem Ergebnis sei die Staatsanwaltschaft Siegen nach einer Prüfung der Angelegenheit gekommen. Auch der Staatsschutz in Hagen sei informiert worden. Auch im sächsischen Plauen und in Rheinland-Pfalz verschickte der „Dritte Weg“ solche Postkarten an Politiker. Der Verfassungsschutz stuft die Gruppierung als rechtsextrem, radikal und gefährlich ein. Bundesweit soll die Partei etwa 200 Mitglieder haben, 20 davon sollen in Nordrhein-Westfalen aktiv sein – und offenbar auch im Kreis Olpe: Auf ihrer Homepage gibt die Partei einen „Stützpunkt Sauerland-Süd“ an. Bei Facebook existiert seit einigen Monaten zudem die Seite „Olpe wehrt sich“, deren Betreiber nationalistische, fremdenfeindliche und mitunter rechtsextreme Posts verbreiten und dem „Dritten Weg“ offensichtlich als Mitglieder und/oder Unterstützer angehören.
Stellungnahme der Jusos im Kreis Olpe
"In den vergangenen Tagen erhielten Politikerinnen und Politiker aus dem Kreis Olpe Postkarten in Form eines Gutscheines aus der rechten Szene. Absender dieses Gutscheines ist der Neonazi Klaus Armstroff aus Weidenthal, welcher in der rechtsextremen Partei „Der III. Weg“ aktiv ist. Die Postkarte mit der Überschrift „Für die Ausreise aller Überfremdungsbefürworter Richtung Afrika“, erhielten auch Jungpolitiker der Jusos. „Ein armseliger Einschüchterungsversuch“, so die Vorsitzende der Jusos im Kreis Olpe, Christin-Marie Stamm. „Dass es Menschen im Kreis Olpe gibt, die rechte Gedanken pflegen und auf Veranstaltungen rechtsextremer Organisatoren mitmarschieren, ist kein Geheimnis. Auch im Internet streuen sie ihre menschenverachtende Hetzpropaganda, aber Fußfassen dürfen sie hier nicht“. Der Jusovorsitzende aus Wenden, Daniel Heinz, erhielt ebenfalls Post vom III. Weg. Dieser staunte nicht schlecht, als er diese las. „Es ist dramatisch, dass undemokratische und vielleicht sogar verfassungswidrige Organisationen, die sich ein Deutschland ohne Ausländer wünschen, jetzt im Kreis Olpe Aufmerksamkeit erregen“. Auch in Lennestadt empfing der junge Sozialdemokrat Sebastian Sonntag den unerwünschten Gutschein. „Bedroht fühle ich mich nicht, aber es ist erschreckend, dass es immer noch Leute mit einer solchen Denkweise gibt. Die Vergangenheit hat uns eines besseren belehrt. Als Sozialdemokrat Einschüchterungsversuche von rechts zu erfahren, erinnert an die dunkelsten Zeiten Deutschlands“. Die Jusos im Kreis Olpe verachten solche Angriffe auf die freiheitlich demokratische Grundordnung. Diese Attacke ist für die Jusos kein Grund aufzugeben. Aus diesem Grund haben die Sozialdemokraten Anzeige erstattet. Ob die Postkarte justiziabel ist und eine strafrechtliche Verfolgung erfolgt, wird ermittelt."
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