Aktionswoche Alkohol: Bericht eines trockenen Alkoholikers

Drei Unfälle, zwei MPUs und jede Menge Geldstrafen


 von Symbol privat
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Kreis Olpe. Im Rahmen der Aktionswoche „Kein Alkohol unterwegs“ veröffentlicht LokalPlus bis Sonntag, 21. Mai, täglich Informationen rund um den Themenkomplex Alkoholkonsum und daraus resultierende Gefahren.


Georg K. ist Alkoholiker. Heute ist er trocken, trinkt seit Jahren gar keinen Alkohol mehr. Aber lange Zeit war er täglich betrunken. Alkohol und Auto fahren zu trennen, war für ihn keine Option. Er ist immer wieder betrunken gefahren.

Georg K.: „Meinen ersten Vollrausch hatte ich mit 14 Jahren, ab meinem 17. Lebensjahr habe ich regelmäßig getrunken. Nachdem ich 1977 mit 18 Jahren meinen Führerschein gemacht habe, habe ich es maximal ein halbes Jahr geschafft, Alkohol und Straßenverkehr zu trennen.
Nach der Kneipe ans Steuer
Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen, da war das Auto wichtig. Wir sind immer gefahren, ob wir getrunken hatten oder nicht; vor allem die Männer. Wenn ich geplant habe, etwas zu trinken, hab ich das Auto schon zu Hause stehen gelassen. Aber wenn ich spontan in der Kneipe getrunken habe, bin ich anschließend wie selbstverständlich noch gefahren.

Das konnte natürlich nicht gut gehen. Ich habe unter Alkoholeinfluss dreimal einen Unfall gebaut. Gott sei Dank ist niemandem außer mir etwas passiert. Bei den ersten beiden Unfällen 1981 und 1986 war der Auslöser jeweils, dass ich Ärger auf der Arbeit hatte. Anschließend habe ich getrunken und habe mich ins Auto gesetzt. Ich selbst bin beide Male mit ein paar Brüchen davon gekommen, das war großes Glück. Die Autos waren bei beiden Unfällen Totalschäden und der Führerschein war jeweils weg.
Ungestörtes Trinken
Neben den zeitlichen Sperren musste ich noch Strafen von 800 und 1800 DM zahlen. Beim zweiten Mal stand dann neben einer Gerichtsverhandlung auch noch eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) an. Die hab ich damals aber nicht geschafft. Ich hatte mich einfach noch nicht ausreichend mit meinem Alkoholkonsum und den Konsequenzen für den Straßenverkehr auseinander gesetzt. Eigentlich war ich ganz zufrieden, auch ohne Führerschein. Ich war zwar immer auf andere angewiesen, um mobil zu sein und musste viel zu Fuß gehen. Aber der Druck, möglicherweise erwischt zu werden, war weg und ich konnte ungestört weiter trinken. Das war damals sehr wichtig für mich.

Erst acht Jahre später, als die Geburt unseres Sohnes bevorstand, habe ich die MPU nochmals gemacht und dieses Mal bin ich ganz knapp durchgekommen, obwohl ich zum damaligen Zeitpunkt nicht langfristig mit dem Trinken aufhören wollte. Den Führerschein musste ich dann ganz neu machen.
Rückfall im Jahr 2011
Erst 1999 habe ich es dann endlich geschafft trocken zu werden. Ich habe eine ambulante Therapie gemacht und bin regelmäßig zur Selbsthilfe gegangen.

Dann hatte ich 2011 einen Rückfall. Ich hatte große Probleme in meiner Ehe, und als wieder Ärger auf der Arbeit dazu kam, hab ich es nicht mehr ausgehalten. Ich hab an der Tankstelle drei große Dosen Bier getrunken und bin anschließend beim Ausparken in einem Parkhaus jemandem rückwärts ins Auto gefahren. Wieder war der Führerschein weg, dieses Mal für 8 Monate. Und neben den 1000 Euro Strafe musste ich wieder zur MPU. Doch dieses Mal habe ich aus dem Vorfall etwas gelernt. Ich habe meinen Rückfall und meine Eheprobleme in der Caritas- Suchtberatung aufgearbeitet. Mit dieser Hilfe und der Unterstützung aus meiner Selbsthilfegruppe habe ich es geschafft, wieder langfristig trocken zu werden. So bekam ich ein Jahr später den Führerschein nach einer erfolgreichen MPU zurück.
"Das Wichtigste ist, nicht weg zu sehen"
Damals konnte ich das Risiko, dass ich bei jeder Trunkenheitsfahrt für mich und andere eingegangen bin, nicht sehen. Der Alkohol war einfach zu wichtig in meinem Leben. Dass mir der Führerschein immer wieder entzogen wurde, beurteilte ich einfach als Pech. Heute weiß ich, dass ich mich total selbst überschätzt habe, häufig viel zu schnell gefahren bin. Dabei war mein Reaktionsvermögen gleich Null. Ich weiß noch, dass ich beim Auto fahren oft ein Auge zumachen musste, weil ich sonst zwei Mittelstreifen gesehen habe. Ich war damals wie eine Waffe auf vier Rädern.

Besonders schlimm finde ich, dass mein Verhalten damals nicht nur toleriert wurde, es wurde sogar gedeckt. Ich frage mich oft, warum die Leute mich nicht viel eher auf meinen Konsum und das ständig betrunken Fahren angesprochen haben. Ich selbst reagiere heute konsequent, wenn ich Menschen in meinem Umfeld habe, die einen auffälligen Konsum von Alkohol oder anderen Suchtmitteln zeigen. Das Wichtigste ist, nicht weg zu sehen.“
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