Weihnachten im Kinderheim: So feiern Jan und Nicolas

Familiäres Gefühl vermitteln


  • Kirchhundem, 24.12.2017
  • Von Christine Schmidt
    Profilfoto Christine Schmidt

    Christine Schmidt

    Redaktion


    E-Mail schreiben
Topnews
Die beiden Jungs freuen sich auf das Weihnachtsfest. von Christine Schmidt
Die beiden Jungs freuen sich auf das Weihnachtsfest. © Christine Schmidt

Kruberg. Weihnachten. Das Fest im Kreise der Familie. Aber nicht alle Menschen haben an Heiligabend das Glück, mit ihren Liebsten zu feiern. Jan und Nicolas (Namen geändert) feiern das Fest seit Jahren alleine. Im Kinderheim. Zusammen mit einer Erzieherin machen sie sich ein eigenes kleines Fest. LokalPlus haben die beiden am Donnerstag, 21. Dezember, erzählt, wie das so abläuft.


Kinderheim. Ein Ort, den man aus Filmen mit strengen Hausmüttern und dunklen Räumen verbindet. Die Zeiten sind vorbei. Die Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung in Kruberg ist nämlich das komplette Gegenteil: Helle, gemütliche Räume, bunte und weihnachtliche Deko und jedes Kind hat sein eigenes Zimmer. Auch Nicolas und Jan. Mit sechs anderen Kindern im Alter von elf bis 14 Jahren wohnen sie hier.

Nur am 24. Dezember gibt es eine Ausnahme: Jan und Nicolas bleiben mit einer Erzieherin zusammen in Kruberg. Die anderen dürfen zu ihren Familien. Aber auch die zwei Jungs freuen sich auf das Fest. „Dann sind nur wir beide hier und dürfen unsere Geschenke gleichzeitig aufmachen“, freut sich Jan. Der Elfjährige wippt aufgeregt auf der Bank, wenn er von Weihnachten erzählt.
Auf das Glöckchen warten
Die zwei haben nämlich länger Weihnachten als andere Kinder. „Wir kriegen morgen schon Geschenke“, freut sich auch Nicolas. „Ich bekomme vierfach Geschenke“, reißt Jan die Augen auf. Zusammen mit allen Kindern gibt es am Freitag, 22. Dezember, eine große Weihnachtsfeier. Erst geht es zum Schlittschuhlaufen. Wenn die Kids dann nach Hause kommen, steht schon der Festtagsbraten bereit, und alle nehmen an der festlich dekorierten Tafel Platz. „Essen ist an Weihnachten ganz wichtig“, erklärt Nicolas. Dieses Jahr gibt es Geflügel. Ein besonderes Essen wünscht sich Jan auch für die Haustiere: „Und unsere Meerschweinchen sollen extra einen Salatkopf bekommen, weil ja Weihnachten ist.“

Bevor aber die große Bescherung ansteht, müssen alle Kinder auf ihre Zimmer und auf das Glöckchen warten. Letztes Jahr kam es den Kindern wie eine Ewigkeit vor: „Das hat eine halbe Stunde oder sogar eine Stunde gedauert“, rollt Jan mit den Augen. Sozialpädagogin Ina Schelle schüttelt den Kopf und lächelt: „Das waren höchstens zehn Minuten.“
 von Christine Schmidt
© Christine Schmidt
Wenn die Geschenke unter dem Baum liegen, darf aber nicht einfach drauflos gestürmt werden. Die zwei Jungs erklären, dass reihum gewürfelt wird. „Nur wer eine Eins oder eine Sechs hat, darf auspacken.“ Die Sozialpädagogin erklärt, dass diese Idee neu eingeführt worden sei. So sehen die Kinder auch, was die anderen bekommen, und es bleibt spannend. „Ich habe mir eine Modelleisenbahn gewünscht“, ruft Jan. „Und ich hätte gerne Yugi-Oh-Karten“, sagt Nicolas. Die Geschenke besorgen die Erzieherinnen. Sie erzählt, dass es aber auch viele Aktionen gebe, die den Kindern Wünsche erfüllen.
Geheimes Weihnachtsessen
Jan ist am 24. Dezember der Mann am Herd. „Ich koche dann zusammen mit der Erzieherin für uns drei.“ Verraten, was er kochen möchte, will er allerdings nicht. Nicolas soll sich überraschen lassen. Am Liebsten isst der Zwölfjährige an Weihnachten Schoko-Fondue. Oft seien sie an Heiligabend aber auch bei den Vermietern der Einrichtung eingeladen, die gerne Raclette machen. „Da ist Nicolas einmal im Sessel eingeschlafen“, lacht Jan und verliert fast die Kekse aus dem Mund. Denn Weihnachten und Silvester dürfen die Kids auch mal länger aufbleiben – für Nicolas dann wohl etwas zu lang.

Wenn dann alle gegessen und ihre Geschenk ausgepackt haben, werden die Spiele dann natürlich sofort ausprobiert. Oft geht es dann aber auch einfach auf das Sofa oder Weihnachtsfilme werden geschaut – ein ganz gemütlicher Abend eben.
Der Esel macht das schon
Während andere Familien ihre Tannenbäume vor dem Supermarkt kaufen, gibt es in Kruberg eine andere Tradition: Zusammen mit dem Vermieter geht es für die Kids in den heimischen Wald, um den perfekten Baum auszusuchen, der dann mit der Axt geschlagen wird. Und dann in den Kofferraum vom Auto verstauen? „Nein“, lachen die Jungs. „Das machen doch die Pferde oder der Esel.“ Tatsächlich: Der Vermieter hat Pferde und Esel.

Auf die Frage, was Weihnachten für die zwei Jungs ausmacht, rufen beide: „Geschenke!“. Jan streckt die Daumen in die Luft. „Aber auch, dass man einfach zusammen ist“, sagt Nicolas dann leise. Um den Kindern dieses Gefühl zu vermitteln, tun die sechs Erzieherinnen in Kruberg alles. Ina Schelle erzählt, dass sie den Dienst an Heiligabend freiwillig jedes zweite Jahr übernimmt. „Ich wünsche mir das, weil es ein so toller Dienst ist. Es ist einfach so herzlich und entspannt.“ Um auch den Kindern ein schönes Fest zu bieten, versuchen die Erzieherinnen den Abend so familiär wie möglich zu gestalten.
Artikel teilen: