Angst um Arbeitsplatz macht krank

Dura will in Selbecke mehr als die Hälfte der Stellen abbauen / IG Metall: Kein Konzept in Sicht


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Ralf Ingenkamp, Dura-Betriebsrat in Selbecke, beobachtet infolge der Job-Unsicherheit steigende Krankenstände. von s: Rüdiger Kahlke
Ralf Ingenkamp, Dura-Betriebsrat in Selbecke, beobachtet infolge der Job-Unsicherheit steigende Krankenstände. © s: Rüdiger Kahlke

„Wenn nichts mehr reinkommt, ist nach ein paar Jahren Schluss", sagt Ralf Ingenkamp. Und es komme nichts mehr rein, macht der Betriebsratsvorsitzende der Firma Dura in Selbecke klar. An dem Standort in Kirchhundem werden besondere Zierleisten mit Gummilippen oder -dichtungen für die Autoindustrie produziert. Als weiterer Standort im Kreis Olpe ist Lenhausen als Zweigwerk des Plettenberger Betriebs vom Schrumpfkurs betroffen (LokalPlus berichtete).


Im Plettenberger Rathaus sitzt Ingenkamp am Dienstag, 19. Januar, mit am „Runden Tisch", zu dem die IG Metall eingeladen hat. Sie will Druck machen. Druck, damit die Dura-Unternehmensleitung zwei Monate nach der Ankündigung, rund 900 Arbeitsplätze in den Sauerländer Werken zu streichen, endlich mit Konzepten ´rüberkommt.
„Plettenberger Erklärung"
In Plettenberg sitzen Betriebsräte, Vertreter der IG Metall samt deren NRW-Bezirksleiter Knut Giesler, Bürgermeister Ulrich Schulte und heimische Bundes- und Landtagsabgeordnete mit am Tisch. Sie alle sehen Informations- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates verletzt. Die Dura-Chefetage wird aufgefordert, "zügig über die weiteren Schritte zu informieren, damit auf Grundlage dieser Informationen in Verhandlungen eingetreten werden kann." Das gemeinsame Ziel: möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten.
Jeder zweite Job entfällt
In Selbecke, so Ralf Ingenkamp, soll die Zahl der Mitarbeiter in den nächsten zwei Jahren von derzeit 125 auf 60 sinken - jeder Zweite müsste demnach gehen. Entsprechend mies sei die Stimmung. Die Unsicherheit darüber, wer bleibt, wer gehen muss, ob man demnächst noch die Raten fürs eigene Heim bezahlen kann, macht krank. Der Krankenstand, so Ingenkamp, sei seit Bekanntwerden des Stellenabbaus um „fast 100 Prozent höher". Möglichkeiten zu handeln, sieht der Betriebsrat derzeit nicht. Er ist zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Unternehmen verpflichtet. Dass Dura möglicherweise Informations- und Mitbestimmungsrechte ignoriert, spielt dabei keine Rolle.
Und mancher scheine auch ein bisschen froh zu sein, dass sich nichts tut: „Wenn nichts kommt, bleibt alles so, wie es ist", schildert Ingenkamp die Lage. Dass der Standort so erhalten bleibt, glaubt er indes nicht. Auch wer qualifiziert ist und eine neue Stelle findet, werde sich umstellen müssen. „Viele Werkzeugmacher sind aus dem Ort. Die kommen zu Fuß zur Arbeit", weiß der Betriebsrat. Die Wege dürften weiter werden, wenn Dura den Stellenabbau durchsetzt.
 von Katharina Runte
© Katharina Runte
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