Projektabschluss nach zwei Jahrzehnten

Hof Remberg im LWL-Freilichtmuseum Detmold eröffnet


 von s: Gemeinde Finnentrop
© s: Gemeinde Finnentrop

Der Hof Remberg aus Fretter steht wieder - und zwar in Detmold: Im dortigen LWL-Freilichtmuseum ist das Gebäude wieder errichtet und nun auch offiziell eröffnet worden. Die Verwirklichung dieses Projektes war allerdings aus verschiedenen Gründen schwieriger als gedacht - und hat zwei Jahrzehnte gedauert. Die Gemeinde Finnentrop hat zum erfolgreichen Abschluss des Projekts eine Chronik veröffentlicht.


„Als fest stand, dass das Sauerländer Dorf im Museum den Zeitstand Mitte der 1920er Jahre repräsentieren sollte, suchte man nach einem geeigneten Hof aus der Zeit des Historismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts, um auch die Einflüsse der neueren Entwicklungen auf dem Lande zeigen zu können. Traditionell waren Wohnen und Wirtschaften im Sauerland, wie in weiten Teilen Westfalens, unter einem Dach vereinigt und eng verzahnt. In dieser Zeit vollzog sich nun die Trennung von Wohn- und Wirtschaftsteil des Hofes. Als geeignetes Gebäude, um beispielhaft die grundlegende Modernisierung der länd-lichen Kultur Westfalens ab etwa 1870 zu vermitteln, wurde 1995 das leerstehende und vom Abbruch bedrohte Haus Rem-berg in Fretter von 1877 vorgeschlagen. Dieser Haustyp ist sonst meist größer als hier und massiv aus Steinen errichtet. Doch ein solches Exemplar hätte die Maß-stäbe des Sauerländer Dorfes im Museum gesprengt, aber auch die finanziellen Mög-lichkeiten des Landschaftsverbandes. Seit 1997 wurden die Pläne konkreter. Es kam am 19. November 1997 auch zu einem Gespräch zwischen dem Museumsleiter Prof. Dr. Baumeier und Bürgermeister Heß.
Kreativität bei Finanzierung gefragt
In einer Zeit immer knapper werdender Haushaltsmittel spielte das Geld natürlich eine wichtige Rolle. Deshalb war das Interesse des Museums an diesem Gebäude schnell sehr groß. Doch mit Mitteln des Landschaftsverbandes allein war die Translozierung nach Detmold nicht zu schaffen. 1998 wurden die Kosten allein für den ersten Bauabschnitt, Abbau des Hauses in Fretter, Transport der Großteile nach Detmold und Einlagerung neben dem geplanten Aufstellungsort, auf 250.000 DM berechnet, Finanzierungspläne entwickelt und die „Werner Richard - Dr. Carl Dörken“-Stiftung sagte eine erste Beteiligung von 50.000 DM zu. Den Durchbruch brachte ein Gespräch zwischen Bürgermeister Heß und dem für die Kulturpflege in Westfalen zuständigen Landesrat Prof. Teppe am 4. August 1999, in dem ein Finanzierungsmodell entwickelt wurde (die o.g. Stiftung 50.000 DM, die Eigentümerfamilie, die Kulturstiftung der Sparkasse und die Gemeinde je 20.000 DM und der Landschaftsverband 140.000 DM). Am 23. November 1999 beschloss der Rat der Gemeinde einstimmig die vereinbarte Kostenbeteiligung.
Abbau verschiebt sich um ein Jahr
Der offizielle "Startschuss" zur Translozierung des Gebäudes fand am 15. Juni in der Frettermühle statt. Es sollte nicht mehr so stark zerlegt werden, wie die anderen Gebäude bisher, sondern zur Schonung der Originalsubstanz und des damit verbundenen Quellenwertes in großen Teilen abtransportiert werden. Ab August 2000 wurden die Aufmaßpläne des Gebäudes erarbeitet, mit deren Hilfe die Zerlegung in Großteile geplant wurde. Abbau und Abtransport der durch spezielle Konstruktionen ausgesteiften Teile waren für das Frühjahr 2001 vorgesehen, mussten aber wegen einer zwischenzeitlich notwendig gewordenen beschleunigten Bergung eines anderen Gebäudes für das Museum und neuen Erfahrungen mit dem Abbau und Transport so großer Teile um ein Jahr verschoben werden. Parallel dazu lief die Dokumentation des Hofes und des früheren Lebens und Wirt-schaftens darauf. 1999 und 2000 wurde das Haus von Architekturstudenten der TH Aachen aufgemessen. Dann wurden alle Räume von Restauratoren eingehend auf Spuren aus früheren Zeiten untersucht, aber auch Zeitzeugen befragt. Schließlich wurden auch noch Bild- und Schriftquellen ausgewertet.
Das repräsentative, spätklassizistisch gestaltete Wohnhaus von 1877 wurde 2003 in das LWL-Freilichtmuseum Detmold transloziert. 200 Tonnen Gewicht und ca. 2000 Kubikmeter umbauter Raum wurden in neun Baublöcke aufgeteilt. Tieflader transportierten die Teile von Fretter nach Detmold. Mit dem Wiederaufbau im Muse-um wurde 2011 begonnen. Inzwischen änderten sich die Vorstellungen von der künftigen Nutzung des Gebäudes. Angeregt von der letzten Nutzung am alten Standort als Unterkunft für Jugendgruppen, entwickelte sich die Idee, hier die Übernachtungsmöglichkeit für Schulklassen zu verwirklichen, die das museumspädagogische Programmangebot des Museums nutzen wollten.
Schlafzimmer im Wirtschaftsflügel
An das Wohnhaus schloss sich ehemals rechtwinklig ein Wirtschaftsflügel mit Querdiele, Stallungen und Heulager an, der bereits in den 1970er Jahren abgebrochen wurde. Im hier rekonstruierten Wirtschafts-flügel wurden für die neue museumspäda-gogische Nutzung vor allem Schlaf- und Aufenthaltsräume, aber auch die für die Besucher unsichtbare Haustechnik unter-gebracht, um so die originale Bausubstanz des ganzteiltranslozierten Haupthauses zu schonen. Gleichzeitig entstand so die Mög-lichkeit, in neu errichteten Bau einen Auf-zug zu errichten, um barrierefrei zu den Schlafräumen auf den ehemaligen Heubö-den und ins Obergeschoss des Wohnhau-ses zu gelangen. Seit dem 2. Mai 2016 sind nun die „Museumsschläfer“ in den Hof Remberg einge-zogen, um eine „Expedition in die Ge-schichte“ zu unternehmen, etwas über das Leben und Arbeiten in Westfalen zu frühe-ren Zeiten hautnah zu erfahren und Erfah-rungen mit allen Sinnen zu machen. So stellt der Hof Remberg, wie zu der Zeit seiner Errichtung in Fretter, als er für grundlegende Neuerungen in der Landwirt-schaft Westfalens stand, am neuen Stand-ort mit seiner neuen Nutzung als muse-umspädagogischer Lernort wieder einen Schritt in die Zukunft dar. Im Sauerländer Dorf des LWL-Freilichtmuseums ist die Gemeinde Finnentrop sehr gut vertreten. Neben dem Hof Remberg aus Fretter hat dort der Hof Kayser-Henke aus Ostentrop einen neuen Platz gefunden und das Vorbild der Brücke zum Hof Sommer aus Flape (Kirchhundem) führt beim Lindenhof in Glinge über den Bach." (LP)
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