Japaner erforschen Lenhauser Schützenhalle

Wissenschaftliches Interesse statt Sightseeing


  • Finnentrop, 21.10.2018
  • Von Barbara Sander-Graetz
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Andre Zepke (links) und Jörg Sieler (rechts) zeigen Rai Sawaki, Katsuya Fukushima und Jin Motohashi (v.l.) die Baupläne der Schützenhalle Lenhausen. von Barbara Sander-Graetz
Andre Zepke (links) und Jörg Sieler (rechts) zeigen Rai Sawaki, Katsuya Fukushima und Jin Motohashi (v.l.) die Baupläne der Schützenhalle Lenhausen. © Barbara Sander-Graetz

Lenhausen. Drei Japaner sind am Samstag, 20. Oktober, zu Besuch in der Schützenhalle Lenhausen gewesen. Zwar wie es das Klischee verlangt, mit Fotoapparaten ausgerüstet, doch der Aufenthalt war nicht die Station einer Sightseeing-Tour durch Deutschland. Im Gegenteil, die drei Asiaten kamen mit wissenschaftlichem Interesse.


Doch wer weiß, vielleicht gehört Lenhausen zukünftig anstelle von Neuschwanstein mit auf die vier Tagestour der Japaner durch Europa. Neuschwanstein hat sicher jeder von ihnen gesehen und fotografiert. Lenhausen und seine Schützenhalle nicht. Dabei stand die Begeisterung der drei Japaner beim Eintritt in die Schützenhalle der um das bayrische Schloss um nichts nach.
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Japaner erforschen Lenhauser Schützenhalle
Doch von Anfang an:
Andre Zepke, Vorsitzender der St. Anna Schützen, war schon ein wenig überrascht als er vor einiger Zeit eine Mail aus Japan in seinem Postfach fand. Hier bat Rai Sawaki, seines Zeichens Architekt aus Tokio, um einen Besichtigungstermin der Lenhauser Schützenhalle. Gerne würde er auch seine Kollegen Katsuya Fukushima und den Architekturhistoriker Jin Motohashi aus Kyoto mitbringen.

Man forsche, so Rai Sawaki weiter, an deutschen Holzbauten. Diese Forschung werde von der Union Design Foundation in Zusammenarbeit mit ihrem Architekturbüros, der Tokio City University, der Kogakuin University und dem Modern Museum of Kyoto gefördert.
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Doch was macht die Lenhauser Schützenhalle für Forschungen in Japan so spannend? Die Antwort ist einfach: ihre Bauweise. Die Halle wurde 1911 nach der Konstruktion von Otto Hetzer gebaut. Otto Hetzer gilt noch heute als maßgebender Begründer des Holzleimbaus.

Durch seine Bautechnik mit einem Leimholzbindersystem war es möglich, große Hallen zu bauen ohne zusätzliche Stützen oder Querverstrebungen zur Stabilisierung einzubauen. Auf der Brüsseler Weltausstellung 1910 gewann Otto Hetzers mit seiner freitragenden Ausstellungshalle der Reichseisenbahnen und einer Spannweite von 43 Metern sogar einen Grand Prix.
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Diese Technik begeisterte auch den Architekten M. Fahning aus Foerde-Grevenbrück, der vor 107 Jahren den Auftrag erhielt, die Lenhauser Schützenhalle zu bauen. Die Argumente des für damalige Zeiten schnellen und kostengünstigen Bauens dürfte es leicht gemacht haben, den Schützenvorstand zu überzeugen, diese Bauweise anzuwenden. Das Ergebnis: Lenhausen besitzt heute, 107 Jahre später, eine Schützenhalle, die einmalig ist in ganz Deutschland und seit sieben Jahren daher auch unter Denkmalschutz steht.
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Was allerdings genau „Denkmalsschutz“ und „Schützenfest mit Vogelschießen“ genau bedeutet, dürfte trotz umfangreicher Bemühungen von Andre Zpeke und Jörg Sieler wohl nicht zum zukünftigen Allgemeinwissen von Rai Sawaki, Katsuya Fukushima und Jin Motohashi gehören. Ist auch nicht ganz einfach.
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Auf dem Tagesprogamm stand für die drei Japaner zuvor noch eine Turnhalle in Wuppertal und ein Kulturzentrum in Dortmund. Beide wurden ebenfalls nach der Hetzerkonstrukion errichtet. Doch eine so umfangreiche Besichtigung sei dort nicht möglich gewesen, erklärte Rai Sawaki.
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Als besonderes Highlight durften die Gäste schließlich zusammen mit Andre Zepke und Jörg Sieler den Keller direkt unterhalb der Halle erforschen. Dieser Bereich, der zum Teil nur gebückt zugänglich ist, zeigt die Säulenfundamente, die die Holzleimbinder tragen.
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Nach mehr als einer Stunde, unzähligen Fotos und Skizzen sowie Kopien von den Bauplänen der Halle verabschiedeten sich die drei Akademiker und machten sich zurück auf den Weg nach Köln, wo sie derzeit wohnen. Und vielleicht kommt demnächst ein Reisebus nach Lenhausen, mit japanischem Kennzeichen und vielen Besuchern, natürlich mit Kamera.
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