Freie Wähler verklagen die Gemeinde

„Herr Heß windet sich wie ein Aal“


  • Finnentrop, 27.05.2015
  • Von Matthias Clever
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Muss die Gemeinde Finnentrop detaillierte Auskünfte über alle durchgeführten Rechtsstreitigkeiten der vergangenen zehn Jahre erteilen? Ein zu hoher Aufwand, äußerte sich Bürgermeister Dietmar Heß und will nur konkretere Fragestellungen der „Freier Wähler FÜR Finnentrop“ beantworten. Fraktionssprecher Christian Vollmert sieht sich dadurch in seiner Ratsarbeit eingeschränkt und hat die Gemeinde auf Auskunftserteilung verklagt.


„Herr Heß windet sich wie ein Aal, um die Auskünfte nicht zu erteilen. Das muss ein Ende haben“, sagte Christian Vollmert im Gespräch mit LokalPlus. Mittwoch, 27. Mai, brachte er die Klageschrift auf den Weg. Vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg will Vollmert nun die Auskunftserteilung erstreiten. Ende September 2014 hatte die FÜR-Fraktion von der Gemeinde gefordert, alle in den vergangenen zehn Jahren durchgeführten Rechtsstreitigkeiten offen zulegen. „Eine ausreichende und befriedigende Auskunft wurde bis heute nicht erteilt“, erklärte Vollmert. Das Argument von Dietmar Heß, dass der Aufwand zu hoch sei, kann Vollmert nach eigenen Aussagen nicht nachvollziehen: „In jedem gut organisierten Unternehmen wäre das ein Anruf bei der entsprechenden Fachabteilung und ein paar Mausklicks später lägen alle Zahlen und Fakten vor. Daher verstehe ich nicht, warum Herr Heß damit nicht rausrückt.“ Der Rat habe die Aufgabe die Verwaltung zu kontrollieren. Somit sei die Politik auf solche Unterlagen angewiesen.
Landrat bittet Bürgermeister Auskunft zukommen zu lassen
Da Heß dem Antrag nicht umfänglich nachgekommen sei („In der Verwaltung der Gemeinde Finnentrop wird keine Statistik über Rechtsstreitigkeiten geführt“), hatte die FÜR-Fraktion bereits den Landrat eingeschaltet, der habe letztlich den Rechtsweg empfohlen. Konkret hatte Frank Beckehoff im Dezember 2014 geschrieben: Die Fragen sollten „zu einem überwiegenden Anteil auch unter Verhältnismäßigkeitsaspekten ohne einen Aufwand zu beantworten sein, der die Verwaltung lahmlegt. Ich werde den Bürgermeister der Gemeinde Finnentrop bitten, Ihnen insoweit eine detailliertere Auskunft zukommen zu lassen.“ Das ist nach Aussagen von Christian Vollmert bis zum heutigen Tage nicht geschehen. „Wir krebsen jetzt seit dem 25. September 2014 herum, um unser Recht durchzubekommen. Daher müssen wir jetzt offenbar andere Wege gehen.“
Konkret will die FÜR-Fraktion durch ihren Antrag folgende Fragen beantwortet bekommen: „1. Wie viele Rechtsstreitigkeiten wurden seitens der Gemeinde Finnentrop innerhalb der letzten zehn Jahre geführt? 2. Wie viele dieser von der Gemeinde Finnentrop geführten Rechtsstreitigkeiten wurden zu Gunsten unserer Gemeinde entschieden? 3. Wie viele dieser Rechtsstreitigkeiten gingen zu Ungunsten unserer Gemeinde aus? 4. Wie viele Vergleich wurden geschlossen? 5. Wie hoch ist die Summe der Gesamtkosten, die durch Rechtsstreitigkeiten entstanden ist, die zu Ungunsten der Gemeinde Finnentrop entschieden wurden? 6. Mit welcher Summe wird der personelle und sachliche Aufwand beziffert, der durch die Tätigkeit von Mitarbeitern der Verwaltung zur Führung sämtlicher von der Gemeinde Finnentrop geführten Rechtsstreitigkeiten entstanden ist? 7. Welche Kosten sind der Gemeinde Finnentrop durch die Inanspruchnahme von Rechtsberatungen Dritter (einschließlich Gutachter etc.) zur Führung der Rechtsstreitigkeiten entstanden?“
In der Begründung der FÜR-Klage steht unter anderem, dass umfassende Auskünfte zu den geführten Rechtsstreitigkeiten für die Klägerin in ihrer Ausübung ihrer Ratsmandate relevant seien, um eventuell wirtschaftlichen Schaden für die Kommune beurteilen zu können. „Die Klägerin möchte auch beurteilen können, ob die durchgeführten Klageverfahren durch frühzeitige Schlichtungen hätten abgewendet werden können. Ergäbe sich nämlich aus den Antworten auf unsere Fragen, dass der Beklagte den Schlichtungsweg nicht hinreichend gesucht habe, so könne die Klägerin die Rechtsklageverfahren als Verschwendung betrachten und darauf hinwirken, dass in Zukunft der Rat dies stärker kontrolliere“, heißt es im Schreiben an das Arnsberger Verwaltungsgericht.
„Ich kann nicht die halbe Verwaltung in den Keller schicken"
Am Mittwochabend erreichte LokalPlus Dietmar Heß für eine Stellungnahme. Der Bürgermeister erfuhr durch die LP-Redaktion von der Klage. „Ich sehe dem gelassen entgegen. Dann müssen wir die Sachen eben vor Gericht ausfechten“, sagte Heß. Er habe die Auskünfte erteilt – mehr sei einfach nicht möglich gewesen. „Ich kann nicht die halbe Verwaltung in den Keller schicken, um für jemanden eine Statistik der letzten zehn Jahre anfertigen zu lassen.“ Dietmar Heß forderte Christian Vollmer auf, seine Fragen und Forderungen zu konkretisieren. Pauschal alle Rechtsstreitigkeiten aufzulisten sei „schlicht unmöglich“. Stichworte reichten, um dann gezielt nach Fällen zu suchen. Die Dimensionen seien viel groß. Alleine an Haftpflichtfällen habe es 182 Fälle in den vergangenen zehn Jahren gegeben. Selbst der Versicherer könne nicht mal eben feststellen, welche Fälle weitere rechtliche Schritte nach sich gezogen hätten. „Grundsätzlich“, sagte Dietmar Heß, „bin ich einem konstruktiven Dialog bereit. Dann müssen aber bitte konkrete Fragen gestellt werden.“
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