Der Kampf mit einem Loch im Herzen
Jennifer Münder versorgt ihr krankes Baby als alleinerziehende Mutter zu Hause
- Finnentrop, 24.12.2016
- Von Sven Prillwitz
Sven Prillwitz
Redaktion
Altfinnentrop. Mehrere Kabel und Plastikschläuche geben Jennifer Münder in ihrer kleinen Wohnung in Altfinnentrop ihre Bewegungsfreiheit vor. Die Kabel gehören zu einem EKG-Gerät mit Monitor, die Schläuche zu einem High-Flow-Atemtherapiegerät. Beide Apparate sind mit ihrem sieben Monate alten Sohn verbunden, kontrollieren seine Vitalfunktionen bzw. sollen ihm das Atmen erleichtern. Rund um die Uhr sind die Geräte in Betrieb, weil John Liam als Frühchen und mit einem Loch in der Herzscheidewand zur Welt kam, einem sogenannten „Ventrikelseptumdefekt“ (VSD). Ihn zu Hause zu betreuen und zu versorgen, ist seit über drei Monaten ein Fulltime-Job für die alleinerziehende Mutter.
Dann blickt sie auf den Infusionsständer mit dem EKG-Gerät und dem Korb für das High-Flow-Gerät, zeigt auf die Schläuche und Kabel und ihren damit verbundenen Sohn. „Meine Bewegungsfreiheit ist auf einen Radius von maximal drei Metern begrenzt“, sagt sie. Weil das Wohnzimmer der größte Raum ihrer kleinen Wohnung ist, verbringt sie hier den Großteil ihrer Zeit. „Ich bin hier gewissermaßen seit über drei Monaten gefangen, aber ich bereue das nicht und bin niemand, der sich in Selbstmitleid suhlt“, erklärt sie. Eine Spur von Erschöpfung dringt dabei durch ihre freundlich-fröhliche Miene.
Eine andere Option als die Betreuung ihres Sohnes in den eigenen vier Wänden gab es aber nicht für sie. Das stellt Jennifer Münder auch klar. Bis zu elf Stunden täglich verbrachte sie in den ersten vier Monaten nach John Liams Geburt in der DRK-Kinderklinik in Siegen. Dann absolvierte sie einen Reanimationskurs, „weil ich nach Hause wollte“. Die Kinderklinik und ein Kinderarzt bewilligten Unterstützung durch den „Regenbogen“-Pflegedienst. Jennifer Münders Eltern und ihre Schwester helfen ebenfalls, so oft sie können.
„Es wäre das Nonplusultra, was sich alle wünschen“, sagt Jennifer Münder. Für sie und ihren Sohn wäre es ein nachträgliches Weihnachtsgeschenk und würde die Vorfreude auf das frohe Fest im kommenden Jahr erheblich steigern: Das könnten beide dann nämlich ohne Kabel und Schläuche verbringen.
Kurz und knapp: Regenbogen
- Bei „Regenbogen“ handelt es sich um einen überregional tätigen ambulanten Kinderkrankenpflegedienst mit Hauptsitz in Lennestadt-Halberbracht. Heide Weber ist Gesamtleiterin des Pflegedienstes, der im Jahr 2000 gegründet wurde.
- Mehr als 100 examinierte und berufserfahrene Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/innen sind in den Kreisen Olpe, Warendorf und Hamm sowie Hochsauerlandkreis, Märkischer Kreis und Oberbergischer Kreis im Einsatz. Seit kurzem gibt es in Meschede zudem das „Regenbogenhaus“, eine Wohngemeinschaft für junge Erwachsene mit intensivem Pflegebedarf.
- Im Kreis Olpe arbeiten 18 Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/innen für „Regenbogen“ im Außendienst. Zwei weitere Angestellte sind im Büro in Halberbracht tätig und kommen bei Bedarf ebenfalls in der häuslichen Krankenpflege zum Einsatz.