Aus Pennsylvania ins Sauerland - nach Frettermühle

19-jährige Austauschstudentin aus den USA im Interview


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Die US-Schülerin Rachel Rathman verbringt ein Jahr in Deutschland. von Ina Hoffmann
Die US-Schülerin Rachel Rathman verbringt ein Jahr in Deutschland. © Ina Hoffmann

Frettermühle. Ein Jahr in einem fremdem Land: Die 19-jährige Rachel Rathman aus Reading im US-Bundesstaat Pennsylvania hat es gewagt. Seit Juli ist die Schülerin bereits in Deutschland und absolviert hier Praktika. Seit August lebt Rachel in Frettermühle. LokalPlus-Mitarbeiterin Ina Hoffmann hat sie getroffen und sich mit ihr über das Leben in den USA, das Sauerland als Kulturschock, das Wetter und den neuen US-Präsidenten Donald Trump unterhalten.


Du sprichst schon richtig gut Deutsch, Rachel. Wie lange lernst du unsere Sprache schon?

Ich lerne erst seit Juli Deutsch. Bevor ich nach Deutschland kam, konnte ich kein einziges Wort. Zuerst habe ich sechs Wochen lang an der Akademie für Internationale Bildung in Bonn einen Sprachkurs gemacht und da jeden Tag fünf Stunden Deutsch gelernt. Und in den letzten Monaten habe ich natürlich durch den Kontakt zu den Menschen viel gelernt.

Ist Deutsch wirklich so eine schwere Sprache wie alle sagen?

So richtig schwer finde ich es nicht. Aber manche Sachen fallen mir schwer, zum Beispiel die richtigen Artikel zu benutzen oder die Wörter in einem Satz richtig zu sortieren.

Aus welchem Grund bist du nach Deutschland gekommen?

Ich wollte nach dem Abschluss der High School eine neue Herausforderung. Da habe ich mich für das Patenschaftsprogramm zwischen dem Amerikanischen Kongress und dem Deutschen Bundestag beworben. Jedes Jahr geben sie 25 Schülern ein Stipendium für ein Jahr in Deutschland. Man muss gute Noten haben und bei einem Treffen mit den Koordinatoren seine Motivation erklären. Ich wollte so gerne die deutsche Kultur kennenlernen.
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Und was genau machst du jetzt in Deutschland?

Ich mache Praktika, um die Menschen und die Kultur kennenzulernen und die Sprache zu lernen.

Was für Praktika hast du denn schon gemacht?

Ich war für einen Monat am Rivius-Gymnasium in Attendorn und habe dort der Englischlehrerin ein bisschen geholfen und den Schülern vom Leben in den USA erzählt. Dann habe ich drei Monate im Kindergarten in Ostentrop gearbeitet. Das war richtig toll. Ich habe den Kindern sogar ein bisschen Englisch beibringen können. Aber vor allem habe ich von ihnen Deutsch gelernt. Ich habe auch in der Buchhandlung am Rathaus in Finnentrop ausgeholfen.

Jetzt ziehst du in eine neue Gastfamilie in Gummersbach. Wieso?

Ich hatte viele Bewerbungen für Praktika geschrieben und habe eine Zusage von einer Kunstgalerie in Köln bekommen. Da kann ich drei Monate arbeiten. Ich werde von Gummersbach aus jeden Tag nach Köln fahren. Mit dem Zug ist das ja kein Problem. Ganz anders als in Amerika.
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Du sprichst es schon an: die Unterschiede zwischen Deutschland und den USA. Hattest du einen Kulturschock, als du hier ankamst?

Nein, ein Kulturschock war es nicht wirklich. Aber es gibt schon sehr viele Dinge, die ganz anders sind als zu Hause. Zum Beispiel die öffentlichen Transportmittel: Hier kann man einfach in einen Zug oder in einen Bus einsteigen und losfahren. Das gibt es in Amerika gar nicht. Wenn ich aus Reading weg will, muss ich mit dem Auto fahren. Dafür darf man bei uns schon mit 16 einen Führerschein machen. Das Reisen ist in Europa auch viel günstiger. Flüge, um mal nach New York zum Christmas-Shopping zu fliegen, kann man kaum bezahlen als Schüler.

Auch Recycling und Mülltrennung gibt es bei uns nicht so wie hier: An die vielen Mülltonnen musste ich mich erst gewöhnen. Generell ist es sehr sauber in Deutschland, auch auf den Straßen. Und selbst im Badezimmer gibt es Unterschiede: Ich wusste erst gar nicht, wofür der zweite Knopf an der Toilettenspülung ist. Eine Taste zum Wassersparen haben wir nicht in den USA. Ich finde das richtig gut, dass es diese Taste gibt.

Außerdem gibt es in Deutschland viel mehr Praktikanten als in Amerika. Bei uns macht keiner ein Praktikum, wenn er noch zur Schule geht. Das ist hier ganz anders: bei vielen Firmen konnte ich kein Praktikum machen, weil sie schon viele Leute haben, die auf einen Platz warten.

Gibt es auch Unterschiede beim Essen?

Vor allem beim Frühstück: Zu Hause frühstücke ich immer alleine, hier esse ich mit meinem Gasteltern. In Amerika esse ich nur Müsli zum Frühstück oder manchmal Toast, aber hier esse ich gerne Brot und Brötchen. Und zu Hause gibt es nie Obst oder Gemüse zum Frühstück.

Wasser mit Kohlensäure war auch neu für mich. Das finde ich toll! In Amerika gibt es nur stilles Wasser. Dafür bekommt man das aber im Restaurant auch kostenlos, in Deutschland nicht.
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Wie ist das für dich, in einem Dorf zu wohnen? Ist das vergleichbar mit Reading?

Nein, Reading ist viel größer als Finnentrop. Aber ich wohne auch zu Hause etwas außerhalb der Stadt. Ich finde es trotzdem ganz toll hier. Es ist so ruhig, und Ruhe braucht man doch.

Und wie ist das Wetter in Deutschland? Ist das so schlecht, wie alle sagen?

Es ist sehr oft wolkig hier, finde ich. Aber sonst ist das Wetter nicht so viel anders als zu Hause. Auch die Temperaturen sind im Moment ähnlich. Aber so viel Schnee wie hier hatten wie in Pennsylvania nicht.

Du hast auch schon einige Reisen gemacht. Wo warst du schon?

Ich wollte unbedingt viel von Deutschland und Europa sehen. Mit meinen neuen Freunden, die ich im Patenschaftsprogramm kennengelernt habe, habe ich viele Ausflüge und Reisen gemacht: nach Köln, Winterberg, Berlin, Amsterdam, Brüssel, Paris, Rom und Bukarest. Ich möchte noch sehr gerne nach Münster und Hamburg, bevor ich wieder nach Amerika fliege.
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Was gefällt dir an Deutschland?

Ich finde es ganz toll, dass die Deutschen sich so für Umweltschutz interessieren! Ich möchte selber später mal einen Job haben, der mit Umweltschutz zu tun hat. Die Deutschen trennen den Müll, sparen Wasser und vieles mehr. Die Sauerländer Berge gefallen mir auch besonders gut. Die Berge sind hier ganz anders als zu Hause. Hier gibt es viel mehr davon, und überall sind Bäume. Die Menschen mag ich auch hier. Sie sind sehr nett zu mir und haben mich immer willkommen geheißen.

Oft heißt es, die Deutschen, und besonders die Sauerländer, wären nicht immer so freundlich - vor allem, wenn sie Menschen nicht kennen. Wie hast du das erlebt?

Es stimmt schon, dass man die Menschen erstmal kennenlernen muss. Mir kommt es so vor, als wären vor allem die Jugendlichen in Deutschland ein bisschen schüchtern. Aber wenn ich offen auf die Menschen zugegangen bin, waren alle sehr freundlich zu mir, haben mir geholfen und sich nett mit mir unterhalten. Viele wollten mit mir über Donald Trump sprechen…
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Apropos: Der neue Präsident Donald Trump ist fast jeden Tag ein großes Thema in den Medien. Wie erlebst du die Diskussion um seine Entscheidungen hier in Deutschland?

Die Deutschen stellen mir oft schwierige Fragen über Trump, die ich nicht beantworten kann. Ich weiß selbst nicht, wie es sein kann, dass er gewählt wurde. Ich glaube, man muss Amerikaner sein, um zu verstehen, wie die Menschen dort ticken und wie es zu manchen Entscheidungen kommen konnte.

Willst du irgendwann noch einmal nach Deutschland kommen?

Oh ja, auf jeden Fall! Ich möchte dann gerne meine Gastfamilien besuchen und die Menschen, die ich hier kennengelernt habe. Ich liebe Deutschland!
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