Rafael Laguna de la Vera rät jungen Menschen: Sucht und findet euer Ding

Agentur-Direktor schätzt Sauerländer Tugenden


  • Drolshagen, 26.11.2021
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  • Von Rüdiger Kahlke
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Rafael Laguna de la Vera, Gründungsdirektor der Bundesagentur für Sprunginnovationen mit Wurzeln im Kreis Olpe. von Rüdiger Kahlke
Rafael Laguna de la Vera, Gründungsdirektor der Bundesagentur für Sprunginnovationen mit Wurzeln im Kreis Olpe. © Rüdiger Kahlke

Drolshagen. Seinem Lehrer legte er eine Arbeit ausgedruckt vor - aus einem Matrix-Drucker. Für Hans-Werner Bongard, Lehrer am Ev. Gymnasium in Meinerzhagen, war das Anfang der 1980er Jahre der erste Kontakt mit der neuen Zeit, dem Computer-Zeitalter. Der Schüler: Rafael Laguna de la Vera aus Drolshagen-Bleche. Am Donnerstag, 25. November, kehrte er an seine alte Schule zurück, warb für eine Zeit des Aufbruchs, für Sprunginnovationen.


„Rafa war seiner Zeit immer voraus. Er liebte die Sprünge - bis heute“, hieß es einleitend zu einen gleichsam unterhaltsamen wie informativen Abend. Moderator Terry Albrecht, einst Mitschüler Lagunas, schilderte den Gründungsdirektor als langhaarig und „coolsten Typen an der Schule“. Die langen Haare sind passé - cool, eloquent, kompetent, schlagfertig, voller Esprit schilderte Laguna, was seinen Job ausmacht: nach vorne denken. „Pessimismus ist Zeitverschwendung“, sagte er.

Lokal Plus verriet der Agentur-Direktor im Interview, was ihn mit dem Sauerland verbindet, was ihn hier geprägt hat und was eine Neuerung zur Sprunginnovation macht.

Sie haben in Drolshagen gewohnt, in Meinerzhagen Abitur gemacht. Wie lange haben Sie hier gelebt?

Genauer in Bleche, wo ich mit meinen Eltern und Bruder Carlos 1974 bei unserer Großtante Grete, aus der DDR kommend, Unterschlupf fand. Das verstetigte sich aber so, dass ich dort bis zum Abi gelebt habe und dann in Olpe Zivildienst geleistet habe. Danach ging es für mich nach Köln.

Welche Erinnerung haben Sie an diese Zeit, an die Region?

Bleche ist ein 300-Seelen-Dorf. Da ist nur was los, wenn man was los macht. Auch einen motorisierten Untersatz brauchte man möglichst früh, denn ein Bus fuhr nur zweimal am Tag und leider nicht zu „Ladys-Inn-kompatiblen“ Uhrzeiten. Meine Eltern waren nicht unbedingt bereit, Teenie-Taxi zu spielen. Überhaupt haben die einen mehr in Ruhe gelassen. Wir hatten unheimliche Freiheiten, da noch keine Dauerkommunikation mit Handy zur Verfügung stand. Wenn man weg war, war man weg. Das war eine gute Zeit.

Gibt es noch Kontakte und einen Bezug zum Sauerland?

Ja klar, sowohl in Bleche, als auch aus Meinerzhagen und Umgebung sind viele Freundschaften erhalten geblieben. Auch wenn man sich vielleicht nicht mehr so oft sieht. Und dank der neuen Medien kriegt man auch mit, was die Leute so treiben.

Südwestfalen zählt rund 130 Hidden Champions und Weltmarktführer, darunter auch viele Familienbetriebe. Ist das ein Nährboden für Sprunginnovationen?

Es braucht vor allem die Erfinder mit merkantilem Touch. Die gibt es überall, und natürlich ganz besonders im Mittelstand. Aber auch die Brücke aus der Forschung in die Wirtschaft kann mit guter Zusammenarbeit äußerst fruchtbare Ergebnisse produzieren.

Südwestfalen kann sich dazu leicht ins Ruhrgebiet, Rheinland und Münsterland orientieren, um Kontakte mit den Unis und Instituten zu knüpfen. Denn diese brauchen den Kontakt in leistungsfähige Unternehmen, die ihre Ideen skalieren können.

Hat die Sauerländer Tüftler- und Macher-Mentalität Sie inspiriert oder motiviert?

Also anpacken habe ich da in jedem Fall gelernt; neugierig sein, ausprobieren, machen. Und auch mal fünf gerade sein lassen.

In einem Spiegel-Interview haben Sie 2019 das Auto als letzte Sprunginnovation bezeichnet. Hat auch der mRNA-Impfstoff (Biontech) das Potenzial?

Ich benutze das Auto stellvertretend in Interviews, um zu erklären, was eine „Sprunginnovation“ ist. Eine Sprunginnovation zeichnet sich dadurch aus, dass sich die Welt nach dieser Erfindung deutlich von der Welt vor dieser Erfindung unterscheidet. Natürlich gab es seit dem Auto viele weitere Sprunginnovationen wie Penicillin, Kunstdünger, den PC oder das Smartphone.

Während viele der weltverändernden Erfindungen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts aus Deutschland kamen, stammen die großen Neuerungen heute meist aus dem Ausland. Deutschland ist zwar weiterhin sehr gut in der Grundlagenforschung, allerdings sind andere Nationen weitaus erfolgreicher in der Schaffung neuer Industrien und Unternehmen, die auf neuen Technologien basieren.

Sie fragen nach dem Impfstoff Biontech: Die mRNA-Impfstoffe haben viele Milliarden Menschen vor schwerer Krankheit und Tod bewahrt und ganz immensen volkwirtschaftlichen Nutzen rund um den Globus gestiftet. Darüber hinaus bin ich zuversichtlich, dass die mRNA-Technologie in einigen Jahren auch die Grundlage für neue Therapiemöglichkeiten, z.B. gegen Krebserkrankungen, bringen wird. Insofern würde ich sagen: Ja, die mRNA-Technologie ist eine Sprunginnovation, bei der deutsche Forscher und Unternehmen eine herausragende Rolle spielen.

MINT ist ein Zauberwort und ein Titel, um den die Schulen ringen. Was raten Sie Schülern, wenn sie für die Zukunft fit sein wollen?

Sucht und findet „euer Ding“. Das Thema, worüber ihr möglichst alles wissen wollt. Das euch glücklich macht, wenn ihr immer mehr dazu versteht. Das euch nicht mehr schlafen lässt vor lauter Interesse, wovon ihr träumt, wofür ihr brennt. Mit dem Finden kann man sich die dafür notwendige Zeit lassen, denn wenn man das mal gefunden hat, geht’s ab.

Dann schafft ihr es im Idealfall vielleicht auch noch, mit diesem Wissen einen Beruf zu finden oder eine Firma zu gründen, wo ihr mit eurem Wissen auch etwas Nützliches und Sinnvolles für die Menschheit und den Planeten schafft. Vielleicht sogar die nächste dicke Sprunginnovation, Made in Südwestfalen.

Bundesagentur für Sprunginnovationen

Die Bundesagentur für Sprunginnovationen vermittelt nicht nur zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, sie formuliert auch Herausforderungen („Challenges“). So sucht sie neue Ansätze für „relevante Therapeutika gegen Viren“, weil zu viele Erkrankungen, die durch Viren ausgelöst werden, nicht therapierbar sind.

Bei der Agentur wurden bislang rund etwa 760 Projektvorschläge eingereicht. Rund 700 davon wurden aussortiert, weil sie nicht die erforderliche „Innovationshöhe“ hatten oder nicht sauber zu Ende gedacht waren. Etwa 20 Projekte wurden „anfinanziert“; sechs dieser Projekte werden langfristig mit Millionensummen finanziert.

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