Private Partnerschaft für „stilles Örtchen“ am Drolshagener Marktplatz

Weg frei für öffentliches WC im Zentrum


  • Drolshagen, 17.10.2021
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Bis zur Eröffnung der neuen Eisdiele von Michael Jabuinski Demetrio (rechts) ist die Toilette über den Dönerladen von Mustafa Asan (links) zugänglich. von Rüdiger Kahlke
Bis zur Eröffnung der neuen Eisdiele von Michael Jabuinski Demetrio (rechts) ist die Toilette über den Dönerladen von Mustafa Asan (links) zugänglich. © Rüdiger Kahlke

Drolshagen. Die ersten entstanden 1884 in Wien. Erfunden hat sie ein Berliner: Örtlichkeiten für den Notfall. Als „öffentliche Bedürfnisanstalten“ hatten sie lange einen schlechten Ruf, aber jeder ist froh, sie im Bedarfsfall nutzen zu können. Jetzt hat auch Drolshagen eine öffentlich zugängliche Toilette – zentral am Marktplatz.


„Nice to have, aber nicht bezahlbar“, so umschreibt Bürgermeister Ulrich Berghof den vielfach geäußerten Wunsch nach einem öffentlichen Örtchen im Zentrum. Politisch hatte sich die UDW dafür eingesetzt. Auch aus dem örtlichen Unterstützerkreis für Menschen mit Behinderungen und aus der Bürgerschaft gab es entsprechende Vorstöße, so Berghof. Inzwischen wurde der Wunsch Wirklichkeit.

Deal hilft Außengastronomie

Möglich macht das ein Vertrag zwischen der Stadt und Michael Jabuinski Demetrio. Der Eisdielen-Inhaber hat das Gebäude an der Brunnenstraße 1, Ecke Markt, erworben und will mit der Eisdiele dorthin umziehen. Berghof: „Er kann dann Tische und Stühle auf den Marktplatz stellen.“

Im Gegenzug wird die Toilette im Gebäude über eine neue Tür öffentlich zugänglich – während der Öffnungszeiten. Der Zugang ist barrierefrei. Menschen mit Behinderung haben mit einem speziellen Euro-Schlüssel sogar rund um die Uhr Zugang zu dem WC.

Bürgermeister Ulrich Berghof (rechts) zeigt an, wo künftig ein Schild auf die neue Toilette hinwiesen soll. von Rüdiger Kahlke
Bürgermeister Ulrich Berghof (rechts) zeigt an, wo künftig ein Schild auf die neue Toilette hinwiesen soll. © Rüdiger Kahlke

Bis zum Umzug der Eisdiele, voraussichtlich 2023, wird die Toilette vom Betreiber des Dönerladens, Mustafa Asan, betreut. „Ich liebe Drolshagen und immer mehr Kunden benutzen eh meine Toilette“, begründet Michael Jabuinski Demetrio seine Entscheidung. Dass er Tische auf dem Marktplatz aufstellen kann, wo ganztägig Sonne ist, sieht er als Vorteil. Die Reaktionen kennt er auch schon: „Die Leute sagen: super Idee“.

Win-Win-Situation

Einbezogen ist auch Tomislav Matic, Betreiber des Restaurants Schürholz. Auch er stellt seine Toilettenanlage für Marktbesucher, Spaziergänger, Biker oder Touristen zur Verfügung. Das WC ist allerdings nicht barrierefrei zugänglich. Im Gegenzug darf auch er den Marktplatz für Außengastronomie nutzen.

Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. „Wir haben eine kreativen Weg gefunden“, bilanziert der Bürgermeister und findet das „für die Stadt grandios“. Er sieht darin auch ein weiteres Puzzleteil, die Attraktivität des Marktplatzes zu erhöhen - ein Projekt, das ihm bereits zum Amtsantritt vor sechs Jahren ein Anliegen war.

Per Homepage und Beschilderung soll auf das neue Angebot hingewiesen werden. Ein Schild, das auf das barrierefrei WC hinweist, wird auch noch designt – auf Kosten der Stadt. Auch das soll besonders sein, „nicht so null-acht-fünfzehn“, betont Berghof.

Hintergrund

Ende 2016 erschien bereits die fünfte Auflage der Broschüre „Der Locus“ mit circa 12.000 Standorten. Dem Erfinder, dem „Club der Behinderten und ihrer Freunde“ (CBF) in Darmstadt schwebt eine App vor, um die Suche nach öffentlichen WCs zu erleichtern. Damit wird der „Weg zum Örtchen“ digital – und oft auch kürzer.

„Euroschlüssel“ gibt es seit 1986 als europaweit einheitliches Schließsystem für behindertengerechte Anlagen. Inhaber eines solchen Schlüssels können diese Einrichtungen nutzen. Die Schlüssel werden an Schwerbehinderte ausgegeben. Kostenpunkt pro Schlüssel: 23 Euro.

Das Konzept „Die nette Toilette“ zur kostenlosen öffentlichen Nutzung von Toiletten in Gaststätten entstand 2000 in Aalen. Fürs Mitmachen erhalten die Gastronomenvon der Kommune eine Aufwandsentschädigung. Die Stadt spart im Gegenzug die Kosten für eigene öffentliche Toiletten. „Nette Toiletten“ gibt es inzwischen in mehreren hundert deutschen Städten und Gemeinden.

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