Jung-Unternehmer handeln mit Blöcken und Bleistiften

Schülerfirma an Sekundarschule läuft gut - Pausenhalle ist ihr Ladenlokal


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Die Pausenhalle ist ihr Ladenlokal: Seit 2014 verkauft die Schülerfirma Arbeitsmaterialien an die Mitschüler. von s: Rüdiger Kahlke
Die Pausenhalle ist ihr Ladenlokal: Seit 2014 verkauft die Schülerfirma Arbeitsmaterialien an die Mitschüler. © s: Rüdiger Kahlke

Ihr Marktplatz ist die Pausenhalle. Ihre Produkte: Bleistifte, Blöcke, Klebstoff. Dinge, die Schüler täglich brauchen - und manchmal vergessen. Ihre Kunden: Schüler der Sekundar- und der Hauptschule am Herrnscheider Weg. 14 Schülerinnen und Schüler der Klassen 7.1 und 7.2 der Sekundarschule betreiben den Kiosk für Schulbedarf in der Pausenhalle. Sie sind gleichermaßen Boss und Bedienstete.


Vor zwei Jahren wurde die Schülerfirma gegründet. Die Jugendlichen regeln alles selbst. Planung, Einkauf, Marketing, Finanzen, Investitionsplan. Jeder ist federführend in einem Bereich. Die Schülerfirma der Sekundarschule ist ein autonomes Projekt. Bundesweit agieren hunderte von Schülerfirmen. Die Organisation ist unterschiedlich. Viele werden als Genossenschaft betrieben, sind auf Dauer angelegt. Das Ziel ist jeweils gleich: Schülern Wirtschaft näher zu bringen, Verantwortungsbewusstsein und Engagement zu fördern.
Ablauf wie bei Existenzgründung
"Lebensorientiert zu lernen", ist für Xanthipi Karzis, die an der Sekundarschule Arbeits- und Wirtschaftlehre unterrichtet, ein Ziel des Projekts, das ihr Vorgänger Stefan Schäfer angestoßen hatte. Gut ein Jahr haben die Planungen bis zum Start der Schülerfirma gedauert. Das Procedere ist ein Abbild der Abläufe im Alltag: Antrag stellen (bei der Schulleitung), Kredit für den Start besorgen (auch bei der Schulleitung), Geschäftsplan entwickeln und vorlegen. Xanthipi Karzis: "Das waren alles Schritte, die Existenzgründer auch gehen müssen." Stefan Clemens (13) erzählt, dass das Startkapital von 150 Euro für den Wareneinkauf und den Bau des Marktstandes eingesetzt worden sei. Als die ersten Einnahmen flossen, musste der Kredit getilgt werden. Und: Es wurde investiert. "Wir haben Stapelboxen gebaut", sagt Alex Reuber (13). Darin kann die Ware ansprechend präsentiert und geordnet transportiert werden. Ein nachhaltiges Investment.
Teamorientiertes und fächerübergreifendes Lernen
Und auch ein Beispiel für teamorientiertes und fächerübergreifendes Arbeiten. "Neben wirtschaftlichen Dingen waren auch praktisch-technische und hauswirtschaftliche Fähigkeiten gefragt", schildert die Fachlehrerin die Startphase. Zum praktischen Teil gehörten der Bau der Stapelboxen. Hauswirtschaftliches Know-how war beim Marketing gefragt. Zur Eröffnung hatten die Firmeninhaber Werbe-Kekse gebacken und verteilt. "Die ganze Schule stand vor dem Stand", erinnert sich Xanthipi Karzis.
Das Interesse hält an - und schlägt sich im Umsatz nieder. Etwa 30 Euro klingen pro Woche in der Kasse der Schülerfirma. "Manchmal auch 40 bis 50 Euro", berichtet Stefan stolz. Da ist die Tilgung des Kredits kein Problem. "Wir recherchieren, was billig ist und gut", schildert Stefan die Einkaufsstrategie. Das ist mal die Order übers Internet, mal sind es die Geschäfte im Ort, die liefern. Hinzu kommt, sich auf Kundenwünsche einzustellen, den Bedarf abzuschätzen. Das macht Stefan, Alex und Katja Hundt (14), die an diesem Tag Dienst im Kiosk schieben, Spaß. Stefan: "Man sieht, wie es im echten Leben ist". Und Alex, der Landwirt werden möchte, sammelt schon Erfahrungen dafür, "wenn man mal einen Hofladen machen möchte."
"Die Schüler sind begeistert"
"Die Schüler sind begeistert. Sie machen das gerne und handeln sehr selbstständig", sieht auch die Fachlehrerin die Ziele des Projekts erreicht. Für die Schule sei das ein Vorzeigeprojekt. Verena Adam, Abteilungsleiterin der Klassen 5 bis 7, ist gespannt, wie sich das weiter entwickelt. Als positiv vermerken die Pädagoginnen dass die Eigenverantwortlichkeit der Schüler gestärkt werde. Sie erhielten Einblicke in wirtschaftliche Prozesse, lernten nachhaltig zu agieren, verbesserten ihre Soft Skills wie Teamfähigkeit und Kooperationsbereitschaft. Fachlehrerin Xanthipi Karzis verweist auf Untersuchungen. So sei nachgewiesen, dass in Schülerfirmen lebensnahe Projekte besser trainiert werden. Wie heißt es in einer Umkehrung des gut 2000 Jahre alten Zitats des römischen Autors Seneca: "Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir."
• Das Ministerium für Schule und Weiterbildung sieht in Schülerfirmen eine Chance, "betriebliche Arbeitsabläufe sowie die Aufbauorganisation eines Unternehmens praktisch zu erproben." Handlungsorientiertes und fächerverbindendes Lernen könnten so nachhaltig gestaltet werden. Schulgesetz, Kernlehrpläne und der Erlass zur Berufs- und Studienorientierung bilden den rechtlichen Rahmen. • Bundesweit betreut allein die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung in Berlin mehr als 500 Schülerfirmen. • Regional fördert der Rheinisch-Westfälische Genossenschaftsverband (RWGV) seit 2009 Schülergenossenschaften als alternative Wirtschaftform. • Organisationsformen von Schülerfirmen reichen vom Kleinunternehmen über Genossenschaften und die GmbH bis zur AG.
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