Alte Scheune ist seit vier Wochen neues Zuhause für Grundschüler

Dumicker nehmen Kinder-WG herzlich auf


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In der der Küche mit Essraum müssen die Kinder schon mal mit anpacken. von Rüdiger Kahlke
In der der Küche mit Essraum müssen die Kinder schon mal mit anpacken. © Rüdiger Kahlke

Drolshagen/Olpe. Schräg nach links. Doch besser wenden? – Das Navi spielt verrückt. An der Schlade 2A ist nicht der Nabel der Welt. Nicht für das Navi. Für acht Kinder der Gruppe Antonia sieht das anders aus. Der Hof Langenohl in Dumicke ist ihr Lebensmittelpunkt, die alte Scheune ihr neues Zuhause. Am 15. August haben sie ihr Domzil bezogen. Jetzt, vier Wochen später, sind sie längst angekommen. Das Drolshagener Dorf, jwd zwischen Bigge- und Listersee, ist ihre heile Welt.


Einer der Jungs nutzt das Gefälle der frisch gepflastertes Rampe vorm Eingangsbereich Richtung Zufahrt für eine Fahrt auf dem Rollbrett. Auf der Wiese gegenüber sammeln andere Kinder unter den Bäumen Äpfel auf. „Die Kinder fühlen sich total wohl hier. Wir sind enorm herzlich aufgenommen worden“, strahlt Anja Isabelle Falk mit dem spätsommerlichen Sonne um die Wette. Die Pädagogin leitet die Gruppe und betont das gute Miteinander im Dorf, vor allem mit der Vermieterin.
Umbau zügig durchgezogen
Die hatte den Kontakt zum Josefshaus, das zur GFO gehört, als Träger der Jugendhilfe selbst aufgenommen. Rita Langenohl-Maiworm, die auf dem Hof aufgewachsenen war, hatte den landwirtschaftlichen Betrieb mit dem ihres Mannes in Bühren zusammengelegt.
 von Rüdiger Kahlke
© Rüdiger Kahlke
„Die Räume haben leer gestanden“, sagt sie, „da sind wir auf die Idee gekommen: Was macht man mit der alten Scheune?“ Vom Konzept der Wohngruppen, die dem Josefshaus angegliedert sind, hatte sie schon gehört. Im Sommer 2017 griff sie selbst zum Hörer. „Die Familie fand die Idee auch gut“, sagt Rita Langenohl-Maiworm.

Auch für Reinhard Geuecke, Leiter der heilpädagogischen Einrichtung, am anderen Ende der Leitung passte es. „Guck dir erst den Vermieter an. Der muss passen“, hatte ihm seine Vorgängerin mit auf den Weg gegeben. – Es passte. Im März begann der Umbau, im August konnte die Gruppe schon einziehen. Ein strammes Programm, bei dem auch die Handwerker mitzogen, so die Vermieterin. Sie hatte die Bautrupps schon im Vorfeld informiert und sie gebeten, sich Termine für den Umbau der alten Scheune in eine neue WG frei zu halten.
Dorf-Bewohner früh eingebunden
„Wir haben eine Dorfversammlung gemacht, um Gerüchten vorzubeugen“, sagt Reinhard Geuecke. Dabei informierte das St. Josef Team über Konzepte und Ideen. „Dazu gehören auch Kinder, die ins Dorf reinwachsen können“, betont Geuecke. Das ist bei den Grundschülern der Antonia-Gruppe der Fall. Sie wurden freundlich aufgenommen, gleich zum Gänsereiten mit nach Bühren genommen. „Das war, als würden die Kinder schon Jahre hier sein“, freut sich Anja Isabelle Falk über die Offenheit der Dumicker.
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Resthöfe für Wohngruppen zu nutzen, ist für Reinhard Geuecke nichts Neues. „Wir wissen, dass es funktioniert“, schildert er seine Erfahrungen. Das Dorf habe etwas Heilendes – gerade für Kinder, die aus schwierigen Verhältnissen kommen oder besondere Probleme haben. Zudem lassen sich kleine Einheiten besser integrieren.

Die Wohngruppe in Langenohls alter Scheune, von der trotz schicker Modernisierung noch Teile des alten Gebälks und Dachstuhls zu sehen sind, ist der aktuelle Beweis. Normalität ist angesagt. Dazu gehört auch der Umgang mit Tieren, die noch auf dem Hof sind. Kinder fassten Vertrauen zu Tieren oder vertrauten sich ihnen an, wo sie manchmal gegenüber Erwachsenen noch misstrauisch seien, sieht Geuecke auch einen therapeutischen Nutzen. Dazu gehört aber auch, draußen unbeschwert spielen zu können, Kontakt zu anderen Kindern zu haben, die Welt für sich neu zu entdecken.
Starthilfe durch großzügige Spende
„Es ist schon ein bisschen familiär hier“, freut sich auch Rita Langenohl-Maiworm. „Hier waren immer Kinder“, erinnert sie sich und freut sich, dass auf dem Hof wieder Leben eingekehrt ist. Dass die dörfliche Lage aus Sicht der Kinder auch Nachteile hat, sehen die Betreuer durchaus. Das bringe logistische Herausforderungen mit sich. Manchen werde es vielleicht auch auf Dauer zu langweilig. Ein Bulli als Ersatz für das in Familien übliche Mama-Taxi kommt in Kürze. Damit können die Kinder dann z. B. zum Sport gefahren werden.

Fürs Wohlfühl-Gefühl hat der St. Georg Reiter- und Heimatverein Bühren gesorgt. Zur Einweihung der Wohngruppe überreichte er eine Spende über mehr als 500 Euro. Von dem Geld bekommen die Kinder einen CD-Player, mit dem sie ihre Lieblingsgeschichten oder -musik hören können.
Wie wichtig es ist, eine schöne Kindheit zu haben, hat Anja Isabelle Falk in ihrer pädagogischen Karriere selbst erlebt. Ein Kind, das sie einst betreut hatte, steht inzwischen mitten im Leben und erzählte begeistert von seiner Kindheit im „Heim“, das für sie Heimat geworden sei. Und Reinhard Geuecke erinnert an ein nigerianisches Sprichwort: „Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“ Das haben die Kinder in der neuen Wohngruppe – ein Dorf an ihrer Seite.
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