Von Tabuzonen, Verspargelung und Planungshoheit

Bürgerversammlung zum Thema Windkraft / Diskussionen zwischen Betroffenen und Beteiligten


  • Attendorn, 17.07.2015
  • Von Barbara Sander-Graetz
    Profilfoto Barbara Sander-Graetz

    Barbara Sander-Graetz

    Redaktion

 von Symbol Sven Prillwitz
© Symbol Sven Prillwitz

Windräder im Repetal seien wie der Turmbau zu Babel; die Stadt müsse ein Gerichtsverfahren gegen die Ausweisung der Flächen im Regionalplan anstreben. Äußerungen, die zeigten: Es ging zum Teil recht emotional zu bei der Bürgerversammlung zum Thema Windkraft, zu der die Stadt Attendorn am Donnerstagabend nach Niederhelden geladen hatte.


Doch Bürgermeister Christian Pospischil und sein Mitstreiter Martin Plückebaum, Jennifer Konz und Markus Hohmann waren nicht gekommen, um sich auf eine emotionale Diskussion einzulassen. Sie wollten die Fakten als Grundlage ihrer Vorgehensweise darlegen. Und so gab es zunächst im überfüllten Saal des Landhauses im Repetal einen Vortrag über Energiereserven, fossile Brennstoffe und die gesetzliche Grundlage beim Bau von Windkraftanlagen. Dabei hängt wie ein Damoklesschwert das Szenario der Verspargelung der Landschaft und der Bau solcher Anlagen durch Investoren über der Debatte. „Wenn wir von der Stadt keine Vorranggebiete finden, dann können Windkraftanlagen im gesamten Außenbereich des Stadtgebietes errichtet werden“, machte Markus Hohmann vom Amt für Planung und Bauordnung deutlich. Doch so einfach ist es nicht mit den Vorranggebieten. Keiner möchte die Windkraftanlagen haben, es geht nach dem Floriansprinzip: Nicht bei uns, lieber beim Nachbarn. Doch ausgeschlossen würden zunächst nur solche Flächen, die zu den so genannten „harten Tabuzonen“ zählen wie innerhalb von Wohngebieten oder Naturschutzgebieten. Genaue Abstände zur letzten Wohnbebauung müssen eingehalten werden. Dann kämen die weichen Tabuzonen hinzu wie etwa Denkmäler, der Biggesee, Rad- und Wanderwege, Naturschutz, aber auch der Brandschutz. Auch da fallen Flächen raus.
 von Barbara Sander-Graetz
© Barbara Sander-Graetz
„Wir sind heute hier, um von Ihnen Vorschläge für weitere Kriterien innerhalb der weichen Tabuzonen zu bekommen. Diese Vorschläge werden wir dann prüfen, ob sie auch rechtlich zulässig sind, “ so Hohmann. Christof Platte wollte wissen, ob ein Erholungsgebiet, was das Repetal nun mal sei, nicht vom Bau der Windkraftanlagen ausgeschlossen ist. „Außerdem haben wir hier Wasserschutzgebiete und sind auch bei der Hochspannungsleitung betroffen.“ Die Stadtvertreter nahmen die Argumente auf.
 von Barbara Sander-Graetz
© Barbara Sander-Graetz
Besorgt sei man im Repetal, dass von Seiten der Bezirksregierung schon im Vorfeld 80 Prozent der geeigneten Flächen im Repetal infrage kämen, „ohne die Landschaft wirklich zu kennen“, so Platte. „Wenn von fünf Infoveranstaltungen der Stadt vier im Repetal stattfinden, dann sieht das für uns nach einer Vorentscheidung aus“, drückte Platte die Bedenken aus. „Durch die Windkraft werden unser Repetal und unsere Gemeinschaft gespalten“, bedauerte Ratsvertreter Günther Schulte. „Das ist schlimmer als jedes Windrad.“ „Wir möchten die Bürger mitnehmen, aus Betroffenen Beteiligte machen“, betonte Christian Pospischil. Daher wolle man die Windkraftanlagen durch einen Bürgerwindpark errichten lassen. „Wir sichern uns über das Planungsrecht hinausgehende Einflussmöglichkeiten, vor allem bleiben verantwortliche Ansprechpartner und die Wertschöpfung vor Ort. Die Attendorner Bürger sollen die Möglichkeit haben, sich daran zu beteiligen und wirtschaftlich zu profitieren“, warb er weiter.
 von Barbara Sander-Graetz
© Barbara Sander-Graetz
Wie viele Windräder errichtet werden sollten, wurde nicht genannt, nur, dass mindestens drei Anlagen auf einer Fläche zusammen gebaut werden. Aber der Bürgermeister machte auch deutlich: „Wir können nicht das ,Ob´ der Windenergie, wohl aber das ,Wie´ aktiv beeinflussen. Wir können auch keine Verhinderungsplanung machen, sondern wir müssen der Windkraft ausreichend Raum geben.“ Allerdings: Auf die Frage, was wäre, wenn der Eigentümer das Land, auf dem eine Windanlage möglich wäre, nicht veräußern würde, musste Pospischil einräumen. „Dann wird das alles nichts.“
Artikel teilen: