Unzutreffende Aussagen der Stadt Attendorn zum Wall-Center

Einwohnerantrag läuft


Leserbrief von privat
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Attendorn. Zur Bebauung der Flächen des sogenannten Wall Centers läuft ein Einwohnerantragsverfahren. Hedwig Holthoff-Peiffer nimmt als Mitglied der Interessengemeinschaft zu den immer wieder von der Attendorner Verwaltung vorgebrachten Argumenten Stellung:


Die Gespräche in den letzten Tagen haben gezeigt, dass einige Bürger mit der Unterschrift deshalb zögern, weil sie die Eröffnung des ihnen versprochenen Müller-Marktes erwarten.

Der überwiegende Teil der zögernden Bürger glaubt nicht (mehr), dass Politik und Verwaltung bereit sind, sich ihre Sorgen und Bedenken anzuhören und sich vom Willen und der Meinung der Bürger in ihrer Entscheidung beeinflussen zu lassen.

Diese Bürger fühlen sich übergangen, nicht beachtet und sehen keine Chance, ihre bürgerlichen Rechte durchzusetzen und die Zukunft ihrer Stadt mitzugestalten. Und das ist das eigentlich Schlimme an dem Vorgang „Wallcenter“.

ITG-Vorschlag entspricht nicht Innenstadtentwicklungskonzept

1. Der Bürgermeister sagt, es sei ein „Verhandlungsverfahren mir vier Interessenten“ geführt worden. Die Verwaltung hat vier Investoren angesprochen, der Name des vierten war den Abgeordneten nicht mal mehr in Erinnerung.

Zwei Angesprochene waren nicht interessiert, einer hat auf die nicht erfüllbaren Vorgaben verwiesen. Es verblieb die ITG mit einem Vorschlag, der dem Innenstadtentwicklungskonzept nicht entspricht. Weitere Investoren wurden nicht angefragt.

100 Parkplätze fallen weg

2. Die Verwaltung erklärt, dass die ITG „genügend Parkplätze“ zur Verfügung stelle. Die von ITG geplanten Parkplätze werden den Kunden zur Verfügung stehen. Ob tatsächlich eine weitere Öffnung erfolgt, ist ungewiss. Die bestehenden ca. 100 öffentliche Parkplätze fallen weg.

Die Stadt hat rechtlich keine Möglichkeit, zum Ausgleich selbst eine Garage zu errichten und zu betreiben (zu dessen Bau der Investor offensichtlich nicht bereit ist), weil kein öffentliches städtebauliches Wettbewerbsverfahren durchgeführt worden ist.

Entscheidungen in nichtöffentlichen Teilen

3. Die Verwaltung meint, dass ein „ganz offenes und transparentes Verfahren durchgeführt“ worden sei. Das Stichwort „ITG“ führt im Ratsinfosystem für die öffentlichen Sitzungen des Rates vor Januar 2020 zu keinen Erkenntnissen zu den geplanten Vorhaben.

Offensichtlich sind alle Entscheidungen im nichtöffentlichen Teil der Sitzungen getroffen worden. Die seit Frühjahr 2020 zugesagten Informationen erfolgen nicht. Alle Fraktionen haben die Einladung der Initiative Bahnhofsquartier zum Gespräch und zur Vorstellung interessierter anderer Investoren ausgeschlagen.

Ziel nicht erreichbar

4. Die Verwaltung erklärt, „gerade in den Segmenten Drogerie und Lebensmittel sehe sich die Hansestadt enormen Kaufkraftabflüssen ausgesetzt“.

Die Bürger haben mit Unterlagen und Zahlen dargestellt, dass der von der Verwaltung ermittelte Kaufkraftabfluss in den Segmente Drogerie und Lebensmittel in Höhe von 15 Millionen Euro nur dann verhindert werden könnte, wenn alle Einwohner der Stadt einschließlich aller Dörfer ihren Bedarf in diesen Segmenten ausschließlich in Geschäften im Stadtgebiet decken würden. Niemand wird behaupten, dass dieses Ziel erreichbar ist.

Mit Ansiedlung von Müller ist nicht zu rechnen

5. Die Verwaltung sagt, sie habe „von vielen Attendorner Bürgern immer wieder vernommen, dass sie sich einen weiteren Drogeriemarkt oder eine Lebensmittelvollsortimenter wünschen“. Tatsächlich wünschen sich die Bürger einen „Müller-Markt“, der ihnen auch immer wieder versprochen worden sei.

Müller erwartet bei Gründung einer Filiale einen Einzugsbereich mit ca. 100.000 potenziellen Käufern. Da diese Vorgaben fehlen, ist mit einer Ansiedlung von Müller nicht zu rechnen. Tatsächlich nennt die Verwaltung diesen Namen auch nicht mehr.

Innenstadt trocknet durch nicht freien Wettbewerb aus

6. Die Verwaltung erklärt, dass „nach Aussage der Gutachter... die Innenstadt sogar gestärkt“ würde. Ein Gutachten mit dieser Aussage wurde den Bürgern nicht vorgelegt.

Die GMA, der vom Investor beauftragte Gutachter, hat anderes prognostiziert, nämlich dass die Umsätze des geplanten Vorhabens im Wesentlichen, und zwar zu 76,9%, durch Umverteilung aus dem Stadtgebiet geholt würden. Damit würde die Innenstadt durch einen öffentlich geförderten, nicht einen freien Wettbewerb ausgetrocknet, und dies in Zeiten der Pandemie.

Verkauf an ITG in nichtöffentlicher Sitzung?

7. Die Verwaltung bemängelt, dass „der Bürgerantrag sehr spät eingereicht worden sei“. Die Bürger haben auf der Grundlage der - spärlich geflossenen – Informationen erwartet, dass die ITG zunächst die beauftragten überarbeiteten Pläne vorzulegen hat, die von Politik und Verwaltung dann dahingehend überprüft werden, ob sie dem Innenstadtentwicklungskonzept genügen.

Stattdessen soll in nichtöffentlicher Sitzung ein Verkauf der Flächen an die ITG beschlossen werden. Davon haben die Bürger am 8. Mai durch die Presse erfahren. Sie haben mithin durch das Vorgehen der Verwaltung nur gut eine Woche Zeit, um trotz Feiertag und unter Pandemiebedingungen die Unterschriften der Einwohner einzuholen.

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