Justizvollzugsanstalt Attendorn feiert 50-jähriges Bestehen

Jubiläum der ersten offenen Vollzugsanstalt in NRW


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Gruppenfoto zum Fünfzigsten: (von links) Attendorns Bürgermeister Christian Pospischil, Markus Bruck (Vorsitzender des Personalrats der JVA), Dirk Wedel (Staatssekretär des Ministeriums Justiz NRW), Anstaltsleiter Ulf Borrmann, Dr. Klaus Koepseln (1. Leiter der Anstalt) und Michael Färber (Vorsitzender des Beirates der JVA). von Ina Hoffmann
Gruppenfoto zum Fünfzigsten: (von links) Attendorns Bürgermeister Christian Pospischil, Markus Bruck (Vorsitzender des Personalrats der JVA), Dirk Wedel (Staatssekretär des Ministeriums Justiz NRW), Anstaltsleiter Ulf Borrmann, Dr. Klaus Koepseln (1. Leiter der Anstalt) und Michael Färber (Vorsitzender des Beirates der JVA). © Ina Hoffmann

Attendorn. Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Justizvollzugsanstalt Attendorn fand am Freitag, 25. Mai, ein Festakt mit gut 100 geladenen Gästen im alten Gutsgebäude statt. Zu den Gästen zählten Vertreter aus Politik, Verwaltung, Justiz und Polizei sowie ehemalige Mitarbeiter und Anstaltsleiter.


„Eine Feier zu Ehren einer Justizvollzugsanstalt – das mögen manche befremdlich finden“, sagte Ulf Borrmann, Leiter der JVA Attendorn, „aber wir feiern, dass sich der offene Vollzug bewährt hat. Dieser fördert die Selbstständigkeit der Inhaftierten, bereitet sie auf ein Leben in Freiheit vor und ermöglicht ihnen, Kontakt zu ihrer Familie zu halten. Das funktioniert auch ohne Gitter.“

In Grußworten blickten der Staatssekretär des Ministeriums der Justiz Nordrhein-Westfalen, Dirk Wedel, Michael Färber als Vorsitzender des Beirates der JVA, Attendorns Bürgermeister Christian Pospischil, Markus Bruck, Vorsitzender des Personalrats der JVA, und Dr. Klaus Koepsel, erster Leiter der Anstalt, auf die bewegte Geschichte des Gutes und die Erfolge des offenen Vollzugs in Attendorn zurück.
800-jährige Geschichte
Bereits im 13. Jahrhundert wurde der Standort als Adelssitz der Ritter von Ewig erstmals urkundlich erwähnt. 1420 wurde auf „Gut Ewig“ ein Augustinerkloster gegründet, das knapp 400 Jahre bestehen blieb. Nach einer wechselvollen Geschichte wurde das Kloster 1803 säkularisiert und wechselte als Landgut mehrmals den Eigentümer. 

Schließlich ging das alte Klostergebäude einschließlich Park und heutigem Anstaltsgelände im Jahr 1956 im Zuge der Realisierung des Plans zum Bau der Biggetalsperre in den Besitz des Ruhrtalsperrenverbandes über. Dieser errichtete ein Barackenlager, in dem die Arbeitskräfte für den Bau der Talsperre untergebracht wurden. Die Justizverwaltung Nordrhein-Westfalens erwarb 1967 das 6,3 Hektar große Gelände mit Gutsgebäude, Unterkunftsbaracken und einigen provisorischen Funktionsgebäuden.
Da das Oberlandesgericht Hamm die damals übliche Belegung von Einzelzellen mit drei Gefangenen für unzulässig erklärte, liefen zahlreiche unerledigte Vollstreckungsersuche auf. Dies war der Grund dafür, dass man damals nach weiteren Standorten für Justizvollzugsanstalten suchte.

„Dabei sind Justizvollzugsanstalten in etwa so beliebt wie Atomkraftwerke. Niemand war damals besonders begeistert, dass ausgerechnet das beschauliche Attendorn der Standort für den ersten offenen Vollzug in NRW werden sollte“, sagte Ulf Borrmann, Leiter der Anstalt.
Erste offene Vollzugsanstalt in NRW
Nach einem halben Jahr Renovierung wurde die JVA Attendorn am 2. Mai 1968 als erste offene Vollzugsanstalt des Landes NRW für erwachsene Strafgefangene mit einer Belegungsfähigkeit von 500 Haftplätzen in Betrieb genommen werden.  

„In den Anfangsjahren waren hauptsächlich Verkehrssünder die Insassen. Wer mit 1,5 Promille am Steuer erwischt wurde, musste zu uns kommen. Da kamen auch einige Leute mit angesehenen Berufen, aus hohen Positionen hierher: Führungskräfte, Vorstandsmitglieder, Firmenchefs, sogar Vertreter der Justiz. Diese Leute aus ganz normalen Verhältnissen, wenn man das so sagen kann, waren allein durch den Umstand, dass sie einen blauen Gefängnisoverall tragen sollten, schon fast geläutert. Und die Attendorner kamen mit der Zeit zu der Einsicht, dass die Insassen der hiesigen JVA gar keine abgebrühten Berufsverbrecher waren, vor denen sie Angst haben mussten“, berichtete Dr. Klaus Koepseln aus seinen Jahren als Leiter der Anstalt.
 von Ina Hoffmann
© Ina Hoffmann
Bis heute sei das Verhältnis zwischen Stadt und Justizvollzugsanstalt nie auf eine Bewährungsprobe gestellt worden, freute sich auch Bürgermeister Christian Pospischil. Er besucht die Anstalt häufiger, um den Häftlingen Rede und Antwort zu stehen.

Als Geschenk zum Jubiläum überreichte er ein Bild des „Ewigen Kronos“, eine Darstellung des griechischen Gottes Kronos mit Flügeln und Schere, der als Sinnbild für den Ablauf der Zeit gilt. Das Original stand im 18. Jahrhundert im damaligen Augustinerkloster Ewig und ist heute im Museum für Kunst- und Kulturgeschichte Dortmund zu sehen.

Im Laufe der vergangenen 50 Jahre hat sich die JVA am Südrand der Hansestadt baulich und inhaltlich weiter entwickelt. In drei Bauabschnitten wurden zwischen 1978 und 1988 die Holzbaracken, in denen die Häftlinge untergebracht waren, durch fünf Häuser mit Wohngruppen ersetzt; Werkstätten, Garagen und eine neue Pforte entstanden. Die Räume des ehemaligen Klosters wurden zu Gemeinschaftsräumen umgebaut, in denen die Häftlinge heute essen und Sport treiben.
Seit 7 Jahren auch geschlossener Vollzug
Im Jahr 2011 erfuhr die Justizvollzugsanstalt eine weitere große Veränderung: als Ersatzgebäude für das marode Untere Schloss in Siegen, das als Gerichtsgefängnis diente, wurden weitere Gebäude in Ewig gebaut, sodass seitdem an diesem Standort auch der geschlossene Vollzug mit 126 Haftplätzen praktiziert wird. 170 Mitarbeiter aus zehn Berufen arbeiten in der JVA Attendorn.

Zuständig ist die Anstalt, die über insgesamt 428 Haftplätze verfügt, hauptsächlich für erwachsene männliche Inhaftierte aus dem Landgerichtsbezirk Siegen; aber auch für die Landgerichtsbezirke Hagen, Köln und Bonn werden Strafen vollstreckt.
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