Georg Weißbrich aus Hofolpe berichtet von der kommunalen Neugliederung

Ein Zeitzeuge erzählt


  • Kreis Olpe, 22.04.2019
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Georg Weißbrich war lange Jahre in der Politik aktiv. Im Gespräch mit LokalPlus lässt er die kommunale Neugliederung und ihre Folgen Revue passieren. von Kerstin Sauer
Georg Weißbrich war lange Jahre in der Politik aktiv. Im Gespräch mit LokalPlus lässt er die kommunale Neugliederung und ihre Folgen Revue passieren. © Kerstin Sauer

Hofolpe/Kirchhundem. Eigentlich hatte er mit Politik anfangs „nichts am Hut“. Aber irgendwann, so erzählt Georg Weißbrich (85) aus Hofolpe, habe er gedacht: „Ich kann nicht nur kritisieren, ich muss auch mal was tun.“ Und so kam er in den Rat der Gemeinde Kirchhundem. Und zwar nicht in irgendeinen, sondern in den ersten, der sich nach der kommunalen Neugliederung 1969 bildete.


Georg Weißbrich ist einer von noch wenigen Politikern, die die Neugliederung miterlebten und die „neue“ Gemeinde Kirchhundem danach aktiv mit gestalteten. Ein „Zeitzeuge“, wie man ihn nennen könnte – „aber nicht der einzige“, ist ihm wichtig zu erklären. Mit LokalPlus hat er über seine politischen Jahre in der Gemeinde Kirchhundem gesprochen.
Von Schlesien in den Kreis Olpe
Bis 1964, so erzählt Georg Weißbrich, habe er mit Politik nicht viel zu tun gehabt. 1946 aus Schlesien vertrieben, kam er über einige Umwege im Jahr 1956 nach Hofolpe, wo er seine erste Lehrerstelle an der örtlichen Volkschule antrat. Nach Stationen in Meggen, Kirchveischede und Halberbracht übernahm er 1977 die Leitung der Grundschule in Maumke, wo er bis zu seinem Ruhestand 1996 blieb.

Privat hielt es den heute 85-Jährigen in Hofolpe, nur von 1959 bis 1967 wohnte er mit seiner Familie in Meggen, wo er 1964 in die CDU eintrat. „Mein erster Schritt in die Politik“, erzählt Georg Weißbrich lachend. Viele weitere Schritte sollten folgen.
Fünf Legislaturperioden CDU-Fraktion
Mit der kommunalen Neugliederung wurde der Hofolper 1969 in die CDU-Fraktion der Gemeinde Kirchhundem gewählt – und blieb in diesem und diversen Ausschüssen (unter anderem Wasserwerks-, Bau- und Friedhofsausschuss) fünf Legislaturperioden lang bis 1994 aktiv.

Kann er sich denn noch an den Tag der kommunalen Neugliederung erinnern? „Überhaupt nicht mehr“, sagt der 85-Jährige und lacht. Denn, so erklärt er weiter: „Vor allem wir Hofolper haben die Neugliederung eigentlich kaum bemerkt: Wir haben schon vorher zum Amt Kirchhundem gehört, nachher zur Gemeinde – da hat sich nicht viel geändert.“
Trennung von Altenhundem war nicht einfach
„Vom Hörenklagen her“, so berichtet Georg Weißbrich weiter, „war für viele Bürger die größte Umstellung, dass Altenhundem von Kirchhundem getrennt wurde.“ Damit seien der Schwerpunkt der Gemeinde und der investitionsstärkste Ort verloren gegangen.

Ergo: Für die nun viel kleinere Gemeinde Kirchhundem mussten eine neue Sichtweise und ein neuer Mittelpunkt her. Georg Weißbrich: „Unter anderem mussten die Finanzmittel neu verteilt werden. Die Schwerpunkte der Gemeinde lagen nun in den Orten Kirchhundem, Welschen Ennest und Oberhundem.“

Einen Namen bringt der Hofolper mit der kommunalen Neugliederung sofort in Zusammenhang: Joachim Grünewald. Denn: „Dem Kreisdirektor Grünewald ist es mit zu verdanken, dass der Kreis Olpe überhaupt bestehen blieb“, ist sich Georg Weißbrich sicher. Überlegungen, den Kreis aufzusplitten und an das Siegerland sowie den Märkischen Kreis anzugliedern, seien durch den Einsatz des Kreisdirektors hinfällig geworden.
Sitzungen in der kompletten Gemeinde
Als Georg Weißbrich 1969 die politische Bühne in der Gemeinde Kirchhundem betrat, „war die Einteilung des Kreises schon passiert“, erinnert er sich. Immer 27 Ratsmitglieder (18 CDU, 9 SPD) trafen sich von nun an regelmäßig zu ihren Sitzungen in den einzelnen Orten der Gemeinde:

„Wir sind reihum gegangen, auch mit den Ausschüssen, jeder ist mal dran gekommen. Ob im Gasthof Kordes in Hofolpe, bei Schwermers in Heinsberg, bei Benders in Brachthausen, im Gasthof Höfer in Welschen Ennest, im KAB-Heim oder bei Hamms in Rahrbach oder später im Haus des Gastes in Oberhundem – wir waren in allen Orten, wo Räumlichkeiten zur Verfügung standen.“ 25 Jahre lang, bis 1994, vertrat Georg Weißbrich den Ort Hofolpe im Gemeinderat.
Änderungen für die Schullandschaft
Die erste wichtige Entscheidung, die der neue Gemeinderat treffen musste, betraf die Kirchhundemer Schullandschaft: Mit der Neugliederung wurden alle Volksschulen aufgelöst, dementsprechend musste das Schulsystem neu geordnet werden. Die Klassen eins bis vier sollten von nun an Grundschulen besuchen, die älteren Jahrgänge eine weiterführende Schule. Die Ratsmitglieder mussten also entscheiden: Wo sollen Grund-, wo sollen Hauptschulen entstehen?

„Das Thema Schule“, so berichtet Georg Weißbrich weiter, „hat uns die ganzen Jahre über begleitet“ – was gerade für ihn als Lehrer interessant war. So erinnert er sich nur ungern an das „große Schulsterben“ in der Gemeinde in den 70er-Jahren: „Die Schülerzahlen gingen stark nach unten, so dass die Grundschul-Standorte noch einmal neu eingeteilt werden mussten.“
Grundschule Hofolpe hatte für ihn Priorität
Natürlich hätten die politischen Vertreter der kleinen Orte versucht, ihren Standort zu halten – so auch Georg Weißbrich, dessen erste Priorität es war, die Grundschule in Hofolpe so lange zu halten wie möglich. „Es gab viele kontroverse Diskussionen“, erinnert sich der 85-Jährige.

Sein Konzept war eindeutig: „Sollte die Schule in Hofolpe nicht mehr zu halten sein, so war unsere zweite Priorität, dass die Schüler dem Standort Kirchhundem und nicht Welschen Ennest zugeteilt werden.“ Mit Erfolg, wie man heute weiß.

Die Fraktionen hätten sich auch damals nichts geschenkt, erzählt der 85-Jährige weiter. Aber der Ton sei anders gewesen. „Wir waren höflicher im Umgang miteinander und konnten uns nachher noch in die Augen sehen.“
Unruhiger Geselle
Natürlich habe es einige Ratsmitglieder gegeben, die nicht auf den Mund gefallen waren. Auch er selbst sei immer ein „recht unruhiger Geselle“ gewesen, weiß der Hofolper und grinst, als er erklärt: „Ich hatte keinen Betrieb, hatte nichts mit der Verwaltung zu tun und war unabhängig. Deshalb habe ich auch in der Fraktion nicht immer Ja und Amen gesagt und mir meine eigene Meinung gebildet.“

Um sich auch eine fundierte Meinung bilden zu können, habe er immer fast alle Ausschusssitzungen besucht und sich informiert. „Ich konnte mir als Lehrer die Vorbereitung für die Schule in die Abendstunden verlegen.“
Diskussion um die Musikschule
Sein prägendstes Erlebnis in seiner politischen Zeit? Georg Weißbrich muss nicht lange überlegen: „Es ging um das Thema Musikschule. Ich war als Einziger für die Zusammenlegung der Musikschulen Kirchhundem und Lennestadt. Die Entscheidung fiel für eine Kreismusikschule mit Olpe, Wenden, Drolshagen und Kirchhundem im Verbund. Eine völlig verrückte Konstellation.“

Plötzlich, nach zehn Jahren, sei alles umgeschmissen worden, Lennestadt und Kirchhundem sollten nun doch kooperieren. Georg Weißbrich kann sich bei der Erinnerung daran ein Grinsen nicht verkneifen: „Da habe ich mir schon die Hände gerieben.“
Engagement für die Missionsgruppe Hofolpe
Heute beobachtet der 85-Jährige die Politik nur noch aus der Ferne. Bildet sich zu bestimmten Punkten seine eigene Meinung, ohne aktiv mitzuwirken. Sein Engagement gilt heute in erster Linie der Missionsgruppe Hofolpe, mit der er Basare für den guten Zweck organisiert. Eine Aufgabe, in der Georg Weißbrich und seine Frau Ulla aufgehen – fernab der Politik.
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