Wolf erlegt den Königsvogel

Kurioses Schießen endet nach 102 Minuten und 214 Schuss


  • Attendorn, 15.08.2016
  • Von Sven Prillwitz
    Profilfoto Sven Prillwitz

    Sven Prillwitz

    Redaktion

Topnews
Regieren nun das Neu-Listernohler Schützenvolk: Matthias und Melanie Wolf. von s: Sven Prillwitz
Regieren nun das Neu-Listernohler Schützenvolk: Matthias und Melanie Wolf. © s: Sven Prillwitz

Was zunächst nach einer schnellen Angelegenheit aussah, entwickelte sich zu einer kuriosen Material- und Nervenschlacht: 102 Minuten und 214 Schuss hat es am Montag, 15. August, gebraucht, bis die St. Augustinus-Schützen aus Neu-Listernohl mit Matthias Wolf einen neuen König hatten. Die Chronik des Schießens, das immer wieder von ratlosen Gesichtern begleitet wurde und zwischenzeitlich auf Nachbarschaftshilfe angewiesen war:


10.12 Uhr. Das Königsschießen beginnt. Auf Attendorner Stadtgebiet ist es der letzte Wettkampf an der Vogelstange im Jahr 2016. • 10.32 Uhr. Der Gewinner des Korporalschaftsschießens (siehe Infokasten), André Pfau, feuert eine Kugel ab, die das Wappentier förmlich explodieren lässt. Mit Verzögerung fällt unter lautem Jubel der Zuschauer der linke Flügel zu Boden. Der Holzvogel hat nach 20 Minuten bereits deutlich Schlagseite und reichlich Substanz eingebüßt. • 10.48 Uhr. Das Gewehr wird ausgetauscht. • 10.54 Uhr. Erneut geht ein Raunen durch die Zuschauermenge. Wieder ist es André Pfau, der das Wappentier scheinbar perfekt trifft. Der Vogel besteht jetzt nur noch aus rechtem Flügel, Schwanzfedern und einem schmalen Teil des Rumpfes.
Bildergalerie starten
Wolf erlegt den Königsvogel
11.08 Uhr. Ungläubige Blicke im Publikum, Schulterzucken im Schießbereich. Die vier verbliebenen Anwärter auf die Königswürde – neben Pfau sind das Wolfgang Teipel, Heiko Bischopink und Matthias Wolf – schütteln immer wieder den Kopf. Die letzten Reste des Vogels halten sich hartnäckig. • 11.13 Uhr. „Ich glaube, das wird heute nix mehr“, sagt ein älterer Schützenbruder. „Der wird uns da oben noch schlecht“, pflichtet ihm ein Zuschauer bei. Beide lachen. • 11.22 Uhr. Und wieder André Pfau: Diesmal zerlegt er den größten Teil des rechten Flügels, ein kleiner Rest baumelt noch an den noch schmaler gewordenen Überresten des Rumpfes. Ein Windstoß scheint jetzt auszureichen für die Entscheidung.
Nachschub aus der Nachbarschaft
11.32 Uhr. Heiko Bischopink feuert die 200. Kugel ab. Es ist die letzte aus der Munitionskiste der St. Augustinus-Schützen. Schießpause, während Nachschub aus Listerscheid kommt. • 11.45 Uhr. Mit neuer Munition geht der Marathon an der Vogelstange weiter. • 11.50 Uhr. Das Kopfschütteln geht weiter. Es sieht seit einiger Zeit so aus, als würden die Reste von Rumpf und rechtem Flügel nicht nur sprichwörtlich am seidenen Faden hängen. • 11.54 Uhr. Die Entscheidung: Matthias Wolf gibt den 214. Schuss ab, der die allerletzten Reste des Wappentiers auf dem Kugelfang löst. Lauter Jubel. Der Nachfolger von Armin Schnütgen ist gefunden. Matthias Wolf ist 39 Jahre alt und arbeitet bei der Volksbank Bigge-Lenne. Es war sein erster Anlauf auf die Königswürde. Das Mitglied der Reservistenkameradschaft spielt Fußball beim SC LWL und regiert nun ein Jahr lang mit seiner Frau Melanie (40) das Neu-Listernohler Schützenvolk.
Unmittelbar vor dem Königs- fand in diesem Jahr erstmals ein Schießen für die Mitglieder der drei Korporalschaften statt. Damit, so die Hoffnung des Vorstands, sollten sich mehr Anwärter für den wichtigsten Wettkampf an der Vogelstange finden als in den Vorjahren. Das Konzept ging auf: Acht Schützenbrüder legten zunächst auf den Königsvogel an, vier gingen bis zum Schluss ans Gewehr. Den Korporalschaftsvogel schoss André Pfau.
Artikel teilen: