Zwischenbilanz: „Idealerweise planen wir Smart-Green-Projekte“

Interview zu „Lennestadt 2030“


  • Lennestadt, 29.11.2018
  • Von Sven Prillwitz
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    Sven Prillwitz

    Redaktion

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Martin Steinberg von der Stadt Lennestadt ist zufrieden mit der Online-Beteiligung: "Wir haben bislang mehr als 5200 Votes, und das ist für eine kleine Kommune ein gutes Ergebnis." von Sven Prillwitz
Martin Steinberg von der Stadt Lennestadt ist zufrieden mit der Online-Beteiligung: "Wir haben bislang mehr als 5200 Votes, und das ist für eine kleine Kommune ein gutes Ergebnis." © Sven Prillwitz

Lennestadt. Stadt und Bürger entwickeln gemeinsam Ideen für die Zukunft: Über die Website „Lennestadt 2030“ können seit Juli Projekte bewertet und eigene Vorschläge formuliert werden. Im Interview mit LokalPlus zieht Martin Steinberg, bei der Stadt Lennestadt Bereichsleiter Öffentlichkeitsarbeit und Kultur, eine Zwischenbilanz. Ein Gespräch über Klickzahlen, Erkenntnisse und Handlungsfelder.


Mitte September wurde die sogenannte „zweite Phase“ für „Lennestadt 2030“ ausgerufen. Es ging darum, die Beteiligung an dem Online-Projekt zu vervier- oder auch verfünffachen. Ist das bis Ende November gelungen?

Nach Rücksprache mit Tim Sluiters von der uns begleitenden Firma Nexd GbR waren bis Mitte September laut LP-Bericht rund 4000 Nutzer auf der Website, 2700 Votes wurden insgesamt abgegeben und etwa 160 Personen haben den Umfragebogen online ausgefüllt.

Inzwischen sind mehr als 5900 Nutzer auf der Webseite gewesen, rund 5300 Votes wurden abgegeben, 237 Umfragebögen ausgefüllt und 42 Kommentare auf der Webseite hinterlassen.

Wie zufrieden sind die Initiatoren mit diesen Zahlen?

Mehr geht immer, klar. Aber wir haben bislang mehr als 5200 Votes, und das ist für eine vergleichsweise kleine Kommune ein gutes Ergebnis. Man darf dabei auch nicht vergessen, dass es ein neuer Prozess gewesen ist, ein solches Projekt komplett online zu machen.

Hätte eine zweigleisige Vorgehensweise, also eine digitale und eine analoge Variante, vielleicht mehr Feedback aus der Bevölkerung bedeutet?

Es handelt sich bei „Lennestadt 2030“ um ein Zukunftsprojekt, bei dem Digitalisierung eine wichtige Rolle spielt. Daher haben wir uns bewusst dafür entschieden, das Projekt komplett online anzugehen. Damit wollen wir einen Prozess in Gang bringen. Das ist auch dringend nötig werden, um online gefunden zu werden. Gibt man beispielsweise nur Sauerland als Begriff in einer Suchmaschine an, findest du unter diesem Schlagwort eben nicht sofort Lennestadt. Das wollen wir ändern.

Übrigens interessant: Bei der kürzlich sehr erfolgreich durchgeführten IKEK-Umfrage gab es die Fragen analog und digital. Die Rückmeldung „per Papier“ lag unter 5 Prozent.

Bei einem Treffen von Stadtmarketing und Unternehmen ist aber jetzt vorgeschlagen worden, dass man auch einen analogen Fragebogen nachlegt. Damit haben wir eine zusätzliche Option auf weiteres Feedback.
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Lifestyle und Ökologie („Green Gold“), die Digitalisierung des städtischen Lebens („Smart City“) und die Stärkung und engere Verzahnung des sozialen Miteinanders („Social Club“). Das sind die drei Schwerpunkte von „Lennestadt 2030“, für die jeweils fünf mögliche Zukunftsprojekte beispielhaft vorgestellt werden. Welche Ideen verzeichnen die meisten Klicks?

Auf Platz eins liegt das „Smart City“-Basispaket. Das bedeutet für uns als Stadt: Wir müssen uns digital aufstellen und profitieren unterm Strich dann alle davon in allen Bereichen. Das heißt: ein schnelleres Netz und damit mehr Online-Vernetzung, Telemedizin, Ladestationen für E-Bikes, vielleicht auch einen Shuttle-Service.

In der Rubrik „Green Gold“ liegen die Themen Energiebilanz und Elektromobilität nahezu gleichauf. Idealerweise gelingt es uns als Stadt also, beide Rubriken miteinander zu kombinieren, also sozusagen „Smart Green“-Projekte zu planen.
"Wir haben bereits ein Riesenpotential für das Ehrenamt"
Auffällig ist, dass soziale Projekte und damit der Bereich „Social Club“ deutlich weniger Likes verzeichnen. Woran liegt das?

Auf den ersten Blick hat mich das auch sehr gewundert. Aber: Viele Menschen in Lennestadt üben bereits ein oder mehrere Ehrenämter aus und sind mit der Ehrenamtsstruktur zufrieden. Da haben wir hier auch ein Superangebot und dazu unfassbar viele Vereine. Wir haben also bereits ein Riesenpotential für das Ehrenamt.

Auffällig sind auch die Voting-Zahlen des Projekts „Bio-dynamische, vegetarische“ Küche: Gerade einmal 204 User haben dafür gestimmt, 147 aber dagegen. So viele Gegenstimmen hat kein anderes Projekt erhalten. Haben es Vegetarier trotz eines rasant wachsenden Marktes für fleischfreie Ernährung in Lennestadt besonders schwer?

Scheint so (lacht). Aber im Ernst: Da frage ich mich auch, wieso das kaum einen interessiert. Denn es stimmt ja, es gibt einen Markt für Bio- und Veggie-Produkte. Und wenn es hier ein hervorragendes Restaurant dafür geben würde, wäre das ein Gewinn. Nicht nur für Einheimische, sondern auch für Touristen. Wer von Winterberg zur A45 will, muss ja hier durch. Da könnte ein besonderes Restaurant eine gute Anlaufstelle sein.

Uns ist aber generell eine gewisse Binnenorientierung aufgefallen. Die Befragten gucken zunächst auf sich, überlegen: Was bringt mir ein solches Projekt? Die schauen erstmal vor die eigene Haustür. Zu überlegen, wie ein ganzer Ort oder die ganze Stadt von einem Projekt und vom Tourismus profitieren kann, ist natürlich unsere Sache als Stadt.
Online-Teilnahme noch bis 31. Januar möglich
Die User können auch eigene Vorschläge formulieren. Wie können denn Bürgerprojekte realisiert werden über „Lennestadt 2030“?

Geplant ist, dass die Teilnahme an dem Online-Projekt noch bis einschließlich Januar 2019 möglich ist. Danach kommt alles auf einen Tisch. In der Verwaltung werden sich Fachleute aus den einzelnen Bereichen um je einen Schwerpunkt kümmern. Bei der Auswertung assistieren Professor Zimmermann und die Agentur „nexd“ dann. Dass man Kommentare dann anders bewerten muss als Likes, ist auch vollkommen klar.

Wann genau sollen die Ergebnisse der Auswertung vorliegen?

Wir gehen davon aus, dass wir im Frühjahr mit der Auswertung ´rausgehen können.

Wie viele Projekte sollen oder können umgesetzt werden?

Ein Ziel könnte sein, dass wir drei bis fünf Projekte auswählen, mit denen wir uns in den nächsten Jahren befassen wollen.
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 Stellt sich noch die Frage nach der Finanzierung. Wie soll die Umsetzung bezahlt werden?

Da sehen wir drei Möglichkeiten. Erstens: Eine bessere Vernetzung, auch über die Kreisgrenzen hinaus, etwa mit Schmallenberg. Vielleicht gibt es ja Projekte, die für beide Kommunen und ihre Einwohner interessant sind. Zweitens: Für einzelne Projekte könnte es lohnenswert sein, Investoren anzusprechen – unabhängig davon, ob es Geldgeber von hier sind oder externe. Und drittens: Bei einigen Dingen wird auch der Rat entscheiden müssen, ob die Stadt für einzelne Projekte Geld in die Hand nimmt oder nicht.

Letzte Frage: Wie haben Jugendliche das Projekt denn bislang angenommen?

Vor allem in den Gesprächen, die wir im September in Lennestadt auch an Schulen geführt haben, wurde uns gesagt: Ihr macht ja gar nichts bei Instagram. Und da haben wir feststellen müssen, dass wir so wie viele andere Verwaltungen im Social-Media Bereich bislang noch nicht so gut und breit aufgestellt sind. Ab Anfang des neuen Jahres werden wir jetzt ein Instagram-Profil anlegen, über das jugendrelevante Themen altersgerecht präsentiert werden sollen.

Außerdem gibt es die Überlegung, „Co-Working-Spaces“ einzurichten, also Büroräume, in die man sich zeitlich befristet einmieten kann, um beispielsweise nicht täglich von Lennestadt nach Köln fahren zu müssen. Eine andere Hauptfrage von Jugendlichen ist: Wie komme ich ohne Bus flexibel irgendwo hin? Da könnte mietbare E-Scooter eine Lösung sein. Das sind zwei von mehreren Ideen, die sich aus „Lennestadt 2030“ entwickelt haben.
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