Familie Kasra: „Integration mit großer Vorbildfunktion“

Leserbrief des Schützenverein Oberelspe zu drohender Abschiebung


 von Symbol Sven Prillwitz
© Symbol Sven Prillwitz

Elspe. Der abgelehnte Asylantrag der Familie Kasra, die aus Afghanistan nach Deutschland geflohen ist und seit rund drei Jahren in Elspe lebt, sorgt weiterhin für jede Menge Unverständnis. Nachdem der SSV Elspe und die SPD angekündigt haben, sich für die als gut integriert geltende und beliebte Familie und ihr Bleiberecht einsetzen zu wollen (LokalPlus berichtete), kündigt nun auch der Schützenverein St. Quirinus Oberelspe seine Unterstützung an. Der Leserbrief der Schützen:


„Am 5. September 2015 werden in vielen deutschen Städten die ersten Flüchtlinge unter Jubel in Empfang genommen. Bilder weiterer Ertrunkener und an Strände angespülter (Kinder-)Leichen waren nicht mehr weiter zu ertragen. Deutschland stellt sich damit auch seiner menschlichen Verantwortung gegenüber denen, die nicht so viel Glück haben, sich im 21 Jahrhundert in Mitteleuropa „heimisch“ zu nennen.

Dem großen Jubel und der guten Absicht helfen zu wollen ist mittlerweile jedoch vielerorts Ernüchterung gefolgt. Die Unterbringung und die bürokratischen Begleitumstände des Flüchtlingsstroms stellte Deutschland auf Grund der großen Menge vor gewaltige Probleme.

Freie Mietwohnungen wurden gesucht, Turnhallen und freistehende öffentliche Gebäude wurden für die ersten Notunterkünfte gefunden. Das Ausmaß wurde sogar so groß, dass selbst die Schützenvereine mit ins Boot geholt wurden, um unter Umständen die Schützenhallen mit weiteren Flüchtlingen belegen zu können. Mancherorts wurde das sogar umgesetzt.

Aktuell kann man, je nach politischer Gesinnung sagen, Deutschland hat das Problem der weiteren Flüchtlingsaufnahme wieder im Griff. Aber Probleme bleiben dennoch.
Integration hat zwei Seiten
Es zeigt sich, dass die Integration beiderseits vielen schwerer fällt, als zu Beginn noch gedacht. Was bei den Kindern anscheinend noch ganz gut klappt, wird bei Jugendlichen, Frauen und Männern schon deutlich schwerer.

Eigentlich ist es aber doch ganz leicht. Klar, zu Beginn muss die Sprachbarriere beseitigt werden. Da können wir zwar helfen, umsetzen müssen es die Betroffenen jedoch selber.

Danach müssen Berührungsängste abgebaut werden. Ein Aufeinander zugehen ist gefragt. Aber wer macht den ersten Schritt…? Gut kommt es bei uns Deutschen an, wenn der erste Schritt von den Aufgenommenen ausgeführt wird. Die Flüchtlinge sollten dabei bestenfalls unsere Kultur, unsere Bräuche und unsere Vorstellung von Anstand, Recht und Ordnung respektieren, anerkennen und auch danach leben.

Natürlich ist Integration aber nicht einseitig möglich. Eine ausgestreckte Hand muss man ergreifen, nur so kann Freundschaft daraus entstehen. Es gibt sicher viele verständliche Gründe für Schwierigkeiten in diesem Kennenlernprozess, und ganz so einfach wie hier erklärt ist es oftmals natürlich auch nicht.
Erstaunlich gut eingegliedert
Nun gibt es in Elspe aber gerade den Idealfall der Integration. Eine Integration mit großer Vorbildfunktion. Wie man in den letzten Tagen lesen konnte, hat die Familie Kasra aus Elspe ihre  Eingliederung bestens gemeistert. Erstaunlich was dort geschehen ist, wenn man sich das alles noch mal durchliest.

Einer der beiden Jungs geht zur Realschule und hat eine Lehrstelle im Pflegebereich (!) in Aussicht, der andere bastelt gerade an seinem Fachabitur.

Sirat würde sogar gerne Schiedsrichter werden, hilft im Seniorenhaus in Elspe bei der Essensausgabe und trainiert die Elsper D-Jugend.

Zudem ist Sirat Mitglied im Schützenverein Oberelspe und dort ein gern gesehener und sehr aktiver Jungschütze. Wird er gefragt, ist er da und hilft. Ohne zu fragen, was für ihn dabei rausspringt. Ein Flüchtling im Kreis von Schützen!

Für all das bekommt er den Lennestädter Ehrenamtspreis für gelungene Integration und soll zum Dank nun abgeschoben werden?
Abschiebung gemeinsam verhindern
Um das zu verhindern, möchten wir als Oberelsper Schützenverein dem SSV Elspe und der örtlichen SPD-Fraktion zur Seite springen und unseren Unmut über die Ablehnung des Asylantrages Kund tun. Hr. Witwer (SSV Elspe), Hr. Vollmer (SPD-Fraktionsvorsitzender im Lennestädter Stadtrat), Gregor Kaiser (Die Grünen), sowie allen anderen gleichgesinnten Aktiven, sprechen wir unseren vollen Respekt für Ihre Unterstützungsbemühungen gegenüber der Fam. Kasra aus und möchten auf diesem Weg unsere Unterstützungsabsicht zum Ausdruck bringen.

Wir hoffen und fordern nun die Poliker, die noch zu Wahlkampfzeiten gerne Schützenveranstaltungen besucht haben, auf zu handeln. Hier gilt es „Gutes“ zu beschützen. Es gilt deutlich zu zeigen, dass sich Integration lohnt, gefördert und beschützt wird. Hier ist keine Härtefalluntersuchung gefordert, sondern Menschlichkeit. Wir brauchen eine „GreenCard“ der Integration. Ein Belohnungsprinzip für gelebte Integration in Form von dauerhaftem Bleiberecht.

Zwei der großen Probleme der Zukunft (auch hier bei uns) werden die fehlenden Fachkräfte in Wirtschaft und Pflege sein. Hier bieten Sie sich aktiv an und wir schlagen ihre ausgestreckten Hände aus!?!
Schützen nehmen „einen von uns in Schutz“
Wir sind keine Politiker und möchten in diesem Zusammenhang nicht das große Ganze sehen oder bewerten. Aber wir sehen uns als Schützen. Traditionell entstammen wir aus dem sich gegenseitigen Beschützen und fühlen uns hier berufen einen von UNS in Schutz zu nehmen.

Unabhängig von “eventuell und unter gewissen Umständen, möglicherweise sicheren Herkunftsländern“, sollte das Denken und Handeln in solchen Fällen von der Politik neu durchdacht werden.

Allen von Abschiebung Betroffenen und gleichzeitig Integration vorlebenden Flüchtlingen sollte Zeit bis zu einer Umsetzung solch einer vernünftigen und von Menschlichkeit geprägten Regelung gegeben werden. Wir hoffen auf einen guten Ausgang im Fall der Familie Kasra um endlich wieder mit offenem Herzen mit Flüchtlingen gemeinsam Jubeln zu können.“

Stellvertretend für den gesamten Vorstand
Mario Heller
Geschäftsführer des Schützenvereins St. Quirinus Oberelspe 1935 e.V.
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