Familie Kasra aus Elspe droht Ausweisung nach Afghanistan

SPD-Fraktion und SSV zeigen sich solidarisch


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Sirat Kasra (links) ist beim vierten Ehrenamtstag der Stadt Lennestadt für sein Engagement ausgezeichnet worden. Nun sollen er und seine Familie abgeschoben werden. von privat
Sirat Kasra (links) ist beim vierten Ehrenamtstag der Stadt Lennestadt für sein Engagement ausgezeichnet worden. Nun sollen er und seine Familie abgeschoben werden. © privat

Elspe. Als einer von vier Asylbewerbern ist Sirat Kasra aus Elspe beim vierten Lennestädter Ehrenamtstag ausgezeichnet worden. „Sie sind auf dem besten Weg, sich in die Gesellschaft zu integrieren“, teilte die Stadt Lennestadt seinerzeit in einer Medieninformation mit. Das war im Oktober letzten Jahres. Nun soll Familie Kasra abgeschoben werden.


Die Menschen im Umfeld der Familie reagieren geschockt und mit Unverständnis. So forderte die SPD-Fraktion in der Ratssitzung am Mittwoch, 21. März, politische Unterstützung. Auch der SSV Elspe, wo Sirat Kasra die D-Jugendmannschaft betreut, will das nicht hinnehmen. Sirat Kasra ist gerade 18 geworden und hilft regelmäßig bei der Essensausgabe im Seniorenhaus Elspe aus. „Er ist sich für keine Tätigkeit zu schade“, lobt der SSV Elspe den jungen Flüchtling.
Flucht vor den Taliban
Familie Kasra stammt aus Afghanistan, lebt nun seit drei Jahren in Deutschland – genauer genommen in Elspe. Gezeichnet von der Vergangenheit - die Familie floh vor dem Terror der Taliban -, wollten sie in Deutschland ein neues Leben beginnen. Nun steht alles Kopf. Die Familie soll zurück. In ein Land, das alles andere als sicher ist.

Dramatische Zustände hatten Familie Kasra im Jahr 2000 zur Flucht aus Afghanistan gezwungen. Damals entkamen sie in den Iran, wo Sirat geboren wurde. 2015 kehrte die Familie nach Afghanistan zurück und musste wenig später erneut fliehen. Es war einfach zu unsicher. Der Weg führte sie nach Deutschland. In der Hoffnung auf „ein besseres Leben“.
Bildung und Teilhabe
Inzwischen ist die vierköpfige Familie in Elspe vollkommen integriert und beteiligt sich am gesellschaftlichen Leben. Sirat besucht die Lessing-Realschule in Grevenbrück, hat eine Lehrstelle im Pflegebereich in Aussicht. Sein zwei Jahre älterer Bruder Siyer macht das Fachabitur. Die Mutter hat in Elspe sogar das Fahrradfahren gelernt.

Fast zwei Jahre  hat Familie Kasra auf eine Antwort ihres Asylantrages gewartet. Dann der Schock: abgelehnt! Die Familie hat Einspruch eingelegt und damit erstmal etwa ein Jahr Zeit gewonnen. Auch Weggefährten wie der SSV Elspe wollen helfen.

„Es ist ein Unding, dass Menschen, die sich voll integrieren und offenherzig sind, abgeschoben werden sollen.“ SSV-Vorsitzender Lothar Wittwer ist entrüstet. „Die ganze Familie ist sehr nett. Sirat und Siyer sind immer herzlich und engagiert. Einfach feine Kerle.“ Beide kicken beim SSV. Sirat ist aktuell verletzt und will Schiedsrichter werden. „Solche Leute abzuschieben? Das ist für mich unmöglich und hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun“, so Wittwer. Es müsse eine Gesetzesänderung her.
„Afghanistan soll sicher sein?“
Der SSV hat der Familie Rechtsbeistand zugesichert und will das Engagement mit Bildern festhalten. Ob das etwas bringen wird, weiß Wittwer nicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel will er nicht die Schuld geben, sie habe sich ja engagiert. Es hake an vielen anderen Dingen. „Wer entscheidet das? Irgendwelche Behörden, die die Menschen nicht kennen. Können Sie beurteilen, dass Afghanistan sicher ist?“, fragt der SSV-Vorsitzende rhetorisch. Den ganzen Verein habe die Entscheidung schockiert. 

Dass sich Sirat positiv entwickelt, sieht auch SPD-Fraktionsvorsitzender Heinz Vollmer ähnlich: „Er ist nicht einfach so Ehrenamtsbürger geworden. Man hat sogar einen Image-Film mit ihm gedreht. Es läuft alles gut, und dann kommt die Abschiebungsandrohung. Das sollte unserer Meinung nach nicht so laufen." Die SPD plant, eine eine Resolution in die Wege zu leiten. Diese soll dann den weiteren Fraktionen vorgelegt und von ihnen mitgetragen werden.
„Unglaubliche Belastung“
Für die Familie sei das gerade eine unglaubliche Belastung, sagt Vollmer. „Dann wundert es mich nicht, dass die Integrationsmotivation verloren geht und gegebenenfalls sogar das Gegenteil eintrifft. Vorbildliche Familien sollen ausgewiesen werden? Ich verstehe es nicht“, so Vollmer.

SPD und SSV wollen die Kirche mit ins Boot holen und, wenn sie nichts mehr für Familie Kasra tun können, diese um Schutz für die Familie im Kirchenasyl bitten. Damit könne man etwas Zeit gewinnen.
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