„Demokratie ohne Frauen ist keine Demokratie“, sagte Prof. Rita Süssmuth (CDU). Die ehemalige Bundestagspräsidentin und Familienministerin appellierte gleich mehrfach an das überwiegend weibliche Publikum, sich aktiv und mutig für Gleichberechtigung zu engagieren – und sich miteinander zu vernetzen. So sei schließlich auch das Frauenwahlrecht in Deutschland erkämpft worden. „Wir können viel erreichen, wenn wir uns zusammenschließen“, so Süssmuth.
Sorgen bereitet der Christdemokratin der Frauenanteil in der Politik. Im Bundestag derzeit nur noch knapp 31 Prozent der Abgeordneten weiblichen Geschlechts sind. Das sind so wenige wie seit 20 Jahren nicht. „Das kann so nicht weitergehen“, sagte die 81-Jährige. Noch geringer sei der Anteil in Kreisverwaltungen und Stadträten – und speziell an der Spitze von Städten und Gemeinden: Nur bei 49 von 327 Bürgermeister-Ämter in Nordhrein-Westfalen hätten Frauen inne. „Das reicht mir nicht“, sagte Süssmuth.
Dringenden Handlungsbedarf in Form von neuen Rahmenbedingungen sieht sie auch in der Arbeitswelt: „Eins haben wir verlernt: Arbeit ist mehr als Erwerbsarbeit.“ Erziehung, Pflege und der Familie müsse ein größerer Stellenwert beigemessen werden – durch neue und flexible Arbeitszeiten. Auch weil es nach wie vor überwiegend Frauen seien, die als Alleinerziehende in Niedriglohn-Jobs beschäftigt und damit im Alter eben stärker von Armut bedroht sind als Männer. Die ehemalige Bundestagspräsidentin erntete für ihre Ansprache lang anhaltenden Applaus. Landrat Frank Beckehoff hatte Süssmuth zuvor als „profilierte Streiterin für die Gleichberechtigung von Frauen“ bezeichnet. Die Einführung des Frauenwahlrechts sei ein „Meilenstein“ für die Geleichstellung gewesen. Dennoch werde zurecht darauf hingewiesen, dass „immer noch viel zu tun ist“, so Beckehoff.
Landrat Frank Beckehoff.
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Eine Ansicht, die auch Kerstin Brauer entschieden teilt. „Gleichstellung ist auf dem Papier vorhanden, aber noch nicht in der Realität angekommen“, monierte die Vorsitzende des Frauen-Union-Kreisverbands Olpe und Initiatorin der Netzwerkmesse. Zwar gebe es eine „permanente Konfrontation mit frauenspezifischen Themen“ in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. „Aber es sind immer nur wir, die diese Themen bearbeiten“, sagte Brauer. Gemeint waren neben Gleichstellung im Allgemeinen Themen wie Erziehung, Pflege und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Zahlen und Fakten dafür, dass Frauen vor allem auf dem Arbeitsmarkt noch immer deutlich schlechter gestellt sind, lieferte Dr. Bärbel Röben (DGB/Verdi). Die Gewerkschafterin stellte die Gleichstellungsberichte der Bundesregierung aus den Jahren 2011 und 2017. Ihr Fazit: „Die Realität ist immer noch weit entfernt von einer ausbalancierten Rollenverteilung.“ Weil noch immer der Mann in der Rolle des Geldverdieners gesehen wird und die Frau in der Rolle der Erzieherin und Pflegerin, die zugunsten der Familie in der Karriere zurücksteckt.
Dr. Bärbel Röben.
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Röben präsentierte auch aktuelle Zahlen für den Kreis Olpe. Danach sind lediglich 40 Prozent der erwerbstätigen Frauen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. 87 Prozent der weiblichen Berufstätigen sind lediglich in Teilzeit angestellt; 62 Prozent davon sind zwischen 25 und 55 Jahre. Zahlen, die unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Und Zahlen, die belegen, dass Frauen im Kreis Olpe wenig Geld verdienen und im Alter und/oder als Alleinerziehende besonders davon bedroht sind, „unter prekären Bedingungen“ leben zu müssen.
Kerstin Brauer, Vorsitzende des Frauen-Union-Kreisverbands Olpe.
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Weitere Programmpunkte der Netzwerkmesse waren Vorträge zu den Themen Frauenwahlrecht und Digitalisierung, eine Podiumsdiskussion zum Thema Altersarmut (Bericht folgt) sowie Workshops und Ausstellungen von Parteien, Gewerkschaften, Vereinen und Einrichtungen sowie Schülern.