Gemeinsame europäische Grenzsicherung

Liese sieht in EU-Beschluss notwendige Lösung mit Signalwirkung


Dr. Peter Liese. von Rochlitzer
Dr. Peter Liese. © Rochlitzer

Das Europäische Parlament in Straßburg hat am Mittwoch, 6. Juli, eine gemeinschaftliche Verantwortung für den Schutz der EU-Außengrenzen beschlossen, die gleichzeitig das grundlegende Prinzip der nationalen Souveränität respektiert. Der südwestfälische CDU-Europaabgeordnete Dr. Peter Liese sieht in dem Beschluss eine notwendige Lösung mit Signalwirkung.


„Die Entscheidung zeigt, dass Europa allen Unkenrufen zum Trotz handlungsfähig ist, um die dringenden Probleme zu lösen. Zwischen dem Gesetzgebungsvorschlag der Kommission und der Annahme im Europäischen Parlament lag gerade einmal ein halbes Jahr“, betonte Liese. Der wirksame Schutz der Außengrenzen sei kein „griechisches oder italienisches Problem, sondern im gemeinsamen europäischem Interesse“ – und eine europäische Lösung daher erforderlich. Liese zeigte sich überzeugt davon, dass durch den Beschluss die europäische Agentur für Grenz- und Küstenschutz („Frontex“) effizienter, schlagkräftiger und stärker werde. Derzeit verfüge Frontex über 343 Experten, die dauerhaft für die Agentur arbeiten; im kommenden Jahr soll die Zahl der auf 640 erhöht werden. In einem Krisenfall sollen betroffene Mitgliedsstaaten an Schwerpunkten der Grenzüberquerung von Flüchtlingen außerdem Unterstützung durch sogenannte „Rapid Reaction Teams“ erhalten, die binnen fünf Tagen aus einem Pool von nationalen Grenzschützern zusammengestellt werden. Deren Zahl steigt auf 1500, was ein wesentlich schnelleres Eingreifen als bisher ermöglichen soll.
Jährliche Analyse von „Schwachstellen“
Das neue System der Grenzsicherung sieht außerdem eine jährliche Analyse von „Schwachstellen“, um Liese zufolge „präventiv Problemfelder zu erkennen und den betreffenden Mitgliedsstaaten Empfehlungen für deren Behebung auszusprechen“. Sanktionen drohten denjenigen EU-Mitgliedsstaaten, die „eine dauerhafte Bedrohung für die Sicherheit und Ordnung der übrigen EU-Mitgliedsstaaten darstellen und nicht bereit sind, ihre Außengrenzen durch nationale Maßnahmen und mit Hilfe des ,Rapid Reaction´-Experten abzusichern. Diese Länder können vorübergehend aus dem Schengen-Verbund ausgeschlossen werden. Konkret bedeutet das, dass die anderen Schengen-Staaten Grenzkontrollen für bis zu zwei Jahren wieder einführen dürfen. "Ich halte dies in außerordentlichen Fällen für vertretbar", so Liese. (LP)
Kommentar
Bedenkliche Wortwahl Von Sven Prillwitz Die Europäische Union rüstet die Agentur „Frontex“ zum verstärkten Schutz der EU-Außengrenzen weiter auf. Und Politiker und mitunter auch Nachrichtenmedien stellen Flüchtlinge nicht als Menschen, sondern pauschal als „Problem“ und „Bedrohung“ dar. Eine bedenkliche Wortwahl – und eine gefährliche. Von „Krisenfall“, Grenzsicherung und –schutz, „Schwachstellen“ und einem schlagkräftigeren Eingreifen ist etwa in Dr. Peter Lieses Stellungnahme die Rede. Dieses militaristische Vokabular erweckt den Eindruck, dass Europa angegriffen wird, sich verteidigen muss, kurz: in einer Bedrohungssituation steckt. Und dieser Logik zufolge scheint es unausweichlich zu sein, die Grenzschutzagentur „Frontex“ weiter und sogar um Spezialeinheiten aufzurüsten. Der vermeintliche Angreifer oder Feind, hier mehrfach als „Problem“ betitelt: Flüchtlinge. Speziell die, die an sogenannten „Hot Spots“ scheinbar versuchen, die reiche Festung Europa zu stürmen. Stellungnahmen wie diese und auch Nachrichten konstruieren aufgrund ihrer unreflektierten Wortwahl ein Szenario der unmittelbaren Gefahr und ein „Wir gegen die“. Und erinnern wieder stark an unglückliche Schlagzeilen der 1990er Jahre, in denen unter anderem vom „Ansturm der Armen“ die Rede war. Wie damals ist eine solche Wortwahl in einem politischen Klima, das vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise ohnehin nach wie vor aufgeheizt ist, mehr als unglücklich – und spielt dem politisch rechten Lager in die Hände. Damals fühlten sich - nachweislich auch aufgrund der Wortwahl von Politikern und Nachrichtenmedien - einige ewig Gestrige darin bestätigt, das „Problem“ selbst mit Brandanschlägen zu lösen. Weil „wir" uns ja gegen „die" scheinbar wehren müssen, wie es im öffentlichen Diskurs sowohl zwischen den Zeilen als auch öffentlich hieß und heißt. Mit Blick auf Flüchtlinge und die Herausforderungen der Migration sollte die Wortwahl – und darüber hinaus auch die politischen Lösungsmöglichkeiten – dringend überdacht werden. Weil es Menschen und keine militärischen Invasoren sind, die ein besseres Leben suchen oder suchen müssen. Die sich frei auf der Welt bewegen möchten. So wie es für uns im reichen Westeuropa selbstverständlich ist. Menschen vor den Toren Europas abzuweisen und Geld in Abwehr- statt in Hilfsmaßnahmen zu investieren, löst darüber hinaus auch keine Probleme, sondern verlagert und vertagt sie lediglich. Und das kommt einer moralischen Bankrotterklärung gleich.
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