AWO-Kitas wenden sich in offenem Brief an Familienminister Stamp

Pädagogische Arbeit erschwert


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In einem offenen Brief weist der AWO-Kreisverband Olpe/Siegen-Wittgenstein auf die erschwerte Arbeit in Kindergärten hin. von Symbol Kerstin Sauer
In einem offenen Brief weist der AWO-Kreisverband Olpe/Siegen-Wittgenstein auf die erschwerte Arbeit in Kindergärten hin. © Symbol Kerstin Sauer

Kreis Olpe. Mit einem offenen Brief an NRW-Familienminister Joachim Stamp hat sich das pädagogische Fachpersonal aller 63 AWO-Kitas und Großtagespflegestellen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe an die NRW-Landespolitik gewandt.


Darin weisen sie darauf hin, dass eine zielführende pädagogische Arbeit zum Wohle der Kinder aufgrund der Corona-Einschränkungen in den Einrichtungen aktuell kaum möglich ist.

Nach einem wochenlangen Betretungsverbot haben Nordrhein-Westfalens Kitas am 8. Juni den eingeschränkten Regelbetrieb wieder aufgenommen. Von Normalität kann, so die AWO, jedoch noch lange keine Rede sein.

„Wir begrüßen ausdrücklich die Wiederaufnahme des Kitabetriebs, da dies für viele Eltern eine enorme Entlastung bedeutet, nachdem sie in den Wochen zuvor den anstrengenden Spagat zwischen Kinderbetreuung und Arbeit meistern mussten“, so Dr. Andreas Neumann, Geschäftsführer des AWO Kreisverbandes Siegen-Wittgenstein/Olpe.
Vorgaben lassen kaum Spielraum
„Auch für die Kinder ist es außerordentlich wichtig, dass sie wieder die Kita besuchen können, da sie sehr lange auf vieles verzichten mussten, was die frühkindlichen Lern- und Entwicklungsprozesse positiv beeinflusst. Doch die von der Landesregierung auferlegten Richtlinien und Vorgaben, die wir in den Einrichtungen umsetzen müssen, lassen leider kaum Spielraum für eine pädagogische Arbeit, die unseren Ansprüchen an frühkindliche Bildung gerecht wird.“

In dem Schreiben an Familienmister Stamp schildern die Erzieher, dass sich die Betreuung in festen, räumlich getrennten Gruppenstrukturen, wie sie von der Politik gefordert wird, nicht umsetzen ließe, ohne dass bei den Kindern Irritationen, Verunsicherungen oder sogar Frust entstünden. Sie berichten von Fällen, in denen es in den sogenannten Randzeiten zu Konstellationen komme, in denen in einer Gruppe nur ein Kind anwesend sei und in der anderen fünf.
Auswirkungen für kindliche Entwicklung nicht absehbar
Das einzelne Kind muss dann dabei zuschauen, wie die anderen Kinder miteinander spielen. Welchen Einfluss dies auf die Entwicklung der Kinder hat, sei aktuell noch nicht abzusehen. Die absichtlich herbeigeführte Exklusion wird jedoch nicht selten ad absurdum geführt, wenn nach Kita-Schließung die Eltern vor der Tür zusammenstehen und die vormals getrennten Kinder dort miteinander spielen. Oftmals seien es sogar Geschwisterkinder, die in der Einrichtung getrennt spielen müssen und zuhause im Kinderzimmer wieder aufeinandertreffen.

„Diese Einblicke in den aktuellen Kita-Alltag zeigen, dass viele der uns vorgegebenen Einschränkungen in der Praxis nur schwer umsetzbar und oft nicht durchdacht sind. Die Politik hat hier mit ihren Vorgaben komplett an der Realität der Kinder vorbei geplant. Konkret fordern wir, dass die Entscheidungen der zu treffenden Maßnahmen an die hiesigen Jugendämter übergeben wird, da diese die Lage vor Ort besser einschätzen können“, so Jens Hunecke, stellvertretender AWO-Geschäftsführer.

Darüber hinaus appelliert das pädagogische Fachpersonal der AWO-Kitas und Großtagespflegen an Minister Stamp, bei der Ausgestaltung von Verordnungen, die das pädagogische Betreuungsangebot betreffen, immer in erster Linie an das Wohl der Kinder zu denken und bei allen Entscheidungen die frühkindliche Bildung und Entwicklung in den Vordergrund zu stellen.
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