Abschied vom vertrauten Arzt: Gesundheitssystem vor massiven Veränderungen
Info-Abend: SPD-Kandidatin Nezahat Baradari zeigt mit Expertenrunde Probleme auf
- Kreis Olpe, 13.09.2017
- Von Rüdiger Kahlke
Kreis Olpe. Spontaner Beifall im Kolpinghaus: Ein Arzt aus Olpe stellte jetzt die Systemfrage und bemängelte, dass Gesundheits- und Pflegebereich nach Marktkriterien organisiert seien – und nicht als „Elemente der Daseinsvorsorge“ betrachtet würden. Keiner würde auf die Idee kommen, die Feuerwehr nach Marktkriterien zu organisieren, so der Diskussionsteilnehmer. Um „Medizinische und pflegerische Versorgung im ländlichen Raum“ ging es bei der Info-Veranstaltung der SPD-Kandidatin für die Bundestagswahl.
Man müsse Ärzten „den roten Teppich ausrollen“, so Spieren, müsse die Region attraktiv machen. Dazu gehört für den Ärztevertreter auch, Kita-Plätze vorzuhalten, schnelles Internet, berufliche Entwicklungsmöglichkeiten für den Partner und bezahlbares Bauland. Ansonsten würden junge Mediziner weiter Ballungsräume bevorzugen.
Eklatante Mängel und „extreme Unterversorgung“ machte Petra Weinbrenner-Dorff, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaften der Selbsthilfegruppen im Kreis Olpe, besonders im Bereich der psychischen Versorgung aus. Hier gebe es Wartezeiten bis zu einem Jahr, was untragbar sei. Auch Selbsthilfegruppen seien bereits überlastet. Zusätzlicher Bedarf ergebe sich durch traumatisierte Flüchtlinge. Weitere niederschwellige Angebote seien wünschenswert.
Johannes Schmitz kündigte in dem Zusammenhang Überlegungen an, eine Institutsambulanz für psychiatrische Versorgung in Altenhundem aufzubauen, verwies aber auch auf „hierarchische Ebenen“, die zu Zeitverlusten führten.
Nach Einschätzung der Experten werden sich die Menschen im ländlichen Raum sehr bald „damit anfreunden müssen, dass wir nicht immer den gleichen Arzt sehen“, brachte Allgemeinmediziner Spieren die Entwicklung auf den Punkt. Das Problem, wie Patienten zum Arzt kommen, wenn der vor Ort nicht mehr verfügbar ist, sprach Nezahat Baradari an. Der öffentliche Personennahverkehr in derzeitiger Aufstellung werde da keine große Hilfe sein.