Windkraft: Langwierige Planungen in drei Suchbereichen

„Sonderfall“ oberhalb von Schöndelt


  • Finnentrop, 16.11.2017
  • Von Sven Prillwitz
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    Sven Prillwitz

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 von Symbol © Frank Wagner / lia
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Finnentrop. Diskussionen, Aufregung und Verunsicherung: Dafür sorgen das Thema Windkraft und die Frage nach dem aktuellen Planungsstand in der Gemeinde Finnentrop seit Jahren. Bürgermeister Dietmar Heß spricht auf LokalPlus-Anfrage von einem „insgesamt sehr komplexen Thema“. Der Stand der Dinge: Für drei – auch öffentlich bekannte – Suchbereiche gibt es Investoren für Windkraftanlagen, mit denen die Gemeinde Finnentrop Gespräche führt. Für einen weiteren Bereich hat ein Investor Interesse angemeldet. Aber: Bis zur Genehmigung für den Bau von Windkraftanlagen sei es insgesamt noch ein weiter Weg, der „selbstverständlich“ auch über die Bürgerbeteiligung führe, so Heß.


Die bekannten Suchbereiche
Nordwestlich von Serkenrode liegt der „Suchraum 3b“. Hier möchten die Stadtwerke Aachen (STAWAG) Windräder aufstellen. „Planungsrechtlich sind wir hier am weitesten“, sagt Dietmar Heß, „aber auch hier haben wir noch nicht alle Hindernisse aus dem Weg geräumt.“

Für den „Suchraum 5“ nordöstlich von Ostentrop hat sich mit dem südwestfälischen Energieversorger Enervie mit Sitz in Hagen ein Investor gefunden.

Im „Suchraum 6“ oberhalb von Schöndelt gibt es zwei Investoren – und laut Heß einen „Sonderfall“. Bei einem Teil der Fläche, bekannt als „Buchhagen“, handelt es sich nämlich um das ehemalige Nato-Gelände, das im Besitz der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ist. Die BImA hat das Areal dem Windparkerrichter und –projektierer Ostwind (Regensburg) verpachtet. Für das Ex-Nato-Gelände liegt lediglich das Planungsrecht bei der Gemeinde Finnentrop.

Investor für die übrige Fläche im „Suchraum 6“ ist die Firma SL NaturEnergie (Gladback), die sich auf Photovoltaikanlagen und Windenergie spezialisiert hat. Das Unternehmen betreibt nach Angaben von Dietmar Heß bereits zwei der drei bestehenden Windkraftanlagen in Schöndel. SL habe angeboten, diese beiden Anlagen zu entfernen, was Heß begrüßen würde: Die derzeitigen Standorte der Windkaftanlagen seien „nicht optimal“. Voraussetzung sei dafür allerdings die Errichtung neuer Windräder im Planbereich.
Die Planungen
In den drei genannten Suchbereichen seien die Entwürfe für Bebauungspläne in Arbeit. Bis zur Fertigstellung der Pläne liege aber noch viel Arbeit vor allen Beteiligten, sagt Heß. Noch viel weiter entfernt seien die Punkte Genehmigung und Realisierung, denn: Der Entwurf der Pläne muss öffentlich, auch in Bürgerversammlungen, vorgestellt werden. Über den Entwurf und Anregungen der Einwohner muss der Rat entscheiden, ehe ein Bebauungsplan überhaupt aufgestellt werden kann. Erst danach kann ein Investor eine Baugenehmigung beantragen, die der Kreis Olpe erteilen muss.

Grundsätzlich bedeute ein Bauplan Sicherheit für Investor, Kommune und Bürger, sagt Heß. Der Plan als Rechtsgrundlage nämlich lege einen konkreten Standort für die Errichtung von Windrädern fest. „Damit unterliegt der Bau von Windrädern nicht mehr der Willkür des Investors“, so der Bürgermeister. Im Bauplan seien außerdem die Interessen des Allgemeinwohls – unter anderem der Mindestabstand zur Wohnbebauung – festgehalten und gesichert. Geht es schließlich an den Bau der Windkraftanlage, brauche es für jede einzelne eine separate Baugenehmigung. Ein kompliziertes und langwieriges Verfahren.
Die Investoren
„Das sind alles Partner, die wir kennen und mit denen wir vertrauensvoll zusammenarbeiten“, sagt Finnentrops Bürgermeister über die drei Investoren, mit denen die Gemeinde verhandelt. Mit Ausnahme des Bereichs „Buchhagen“ wolle sich die Kommune wie angekündigt an den Investitionen beteiligen und Projektgesellschaften gründen. Damit habe die Gemeinde zum einen Mitspracherecht bei den Planungen, womit sich alle drei Investoren auch einverstanden gezeigt hätten. Zum anderen könne sich die Kommune damit zivilrechtlich absichern, beispielsweise die Einhaltung einer bestimmten Maximalhöhe von Windrädern festlegen.

Heß betont, dass die Gemeinde beim Thema Windkraft nicht nur den Einwohnern, sondern auch den Investoren gegenüber verpflichtet sei. STAWAG, Enervie und SL NaturEnergie hätten sich nicht nur partnerschaftlich verhalten, sondern „im Voraus alle viel bringen müssen“. Konkret: unter anderem Windkraftmessungen vornehmen und artenschutzrechtliche Gutachten erstellen lassen. „Das kostet viel Geld, und es wäre unfair, jetzt zu sagen, dass wir erstmal abwarten wollen.“
Die rechtliche Lage
Abwarten: Das ist genau das, was viele Einwohner sich jetzt wünschen. Die neue schwarz-gelbe Landesregierung etwa hat Änderungen des Windenergieerlasses beschlossen, mit denen voraussichtlich ab 2018 unter anderem der Mindestabstand zu Wohngebieten auf 1500 Meter ausgeweitet werden soll. Die verschärften Regelungen, so die Hoffnung von Windkraftgegnern, könnten auch bestehenden Planungen für den Bau neuer Anlagen einen Strich durch die Rechnungen machen.

Hoffnungen, die Dietmar Heß nicht teilt, vor denen er sogar warnt. Zum einen gebe es aktuell nach wie vor keine neue Rechtslage. Somit seien die Kommunen nach wie vor gesetzlich dazu verpflichtet, Vorrangzonen für die Errichtung von Windkraftanlagen auszuweisen. Zum anderen falle der Windenergieerlass unter das Bundesrecht, könne also nicht allein von der NRW-Regierung vorgegeben werden.
Der vierte Suchbereich
Eigentlich war der Bereich rund um das Oberbecken in Rönkhausen laut Heß als Vorrangzone „schon ein bisschen aus der Debatte“. Nach den Regularien der Bezirksregierung Arnsberg, die ihre Windkraft-Planungen im Sommer eingestellt hat, sei der Suchraum nicht infrage gekommen, weil der Abstand zum Premiumwanderweg „Sauerland-Höhenflug“ mit rund 600 Metern zu niedrig sei. Das könne zwar nach wie vor ein Ausschlusskriterium sein, sagt Heß.

Allerdings sei ein Investor auf die Gemeinde zugekommen, der auch schon Vorverträge mit Grundstückseigentümern abgeschlossen habe. Am 7. Dezember wird sich der Umweltausschuss mit der Angelegenheit beschäftigen. Nach Angaben des Bürgermeisters gilt der Bereich rund ums Oberbecken bereits seit den 1980er Jahren als besonders windstarker Standort, im Sauerland sogar als der windstärkste.
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