Gemeinde Finnentrop beantwortet Fragenkatalog der Freien Wähler zu Rechtsstreitigkeiten

Bürgermeister Heß: „Unverhältnismäßiger Aufwand“


  • Finnentrop, 27.03.2018
  • Von Sven Prillwitz
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An insgesamt 93 Rechtsstreitigkeiten war die Gemeinde Finnentrop zwischen dem 25. September 2004 und dem 25. September 2014 beteiligt. von Symbol Sven Prillwitz
An insgesamt 93 Rechtsstreitigkeiten war die Gemeinde Finnentrop zwischen dem 25. September 2004 und dem 25. September 2014 beteiligt. © Symbol Sven Prillwitz

Finnentrop. Zehn Fragen beantwortet in 14 Sätzen. Zeitaufwand für die Suche nach den Antworten: rund 75 Stunden. Für Dietmar Heß ein „unverhältnismäßiger Aufwand“, mit dem ein mehr als dreieinhalb Jahre andauernder, öffentlich und juristisch geführter Streit jetzt ein Ende finden soll: Der Bürgermeister hat am Dienstag, 27. März, die Antworten der Verwaltung zu einem Fragenkatalog der Fraktion der Freien Wähler für Finnentrop vorgelegt, in dem es um Rechtsstreitigkeiten der Kommune über einen Zeitraum von zehn Jahren geht.


Die Zahlen im Schnelldurchlauf: An insgesamt 93 Rechtsstreitigkeiten war die Gemeinde Finnentrop zwischen dem 25. September 2004 und dem 25. September 2014 beteiligt. 14 Verfahren führte die Kommune als Klägerin, in 79 Fällen war sie Beklagte. In 15 Fällen entschieden die Gerichte für, in acht Fällen gegen die Gemeinde Finnentrop. Dazu kamen 18 Vergleiche. Der Großteil der Klagen, insgesamt 52, wurden zurückgenommen; dadurch war die Beantwortung von zwei der zehn Fragen automatisch entfallen.

113.007, 28 Euro musste die Gemeinde in diesem Zeitraum für Verfahrenskosten, Kostenerstattungen und Rechtsberatung durch Dritte (beispielsweise Gutachter) in Fällen aufbringen, in denen gegen die Kommune entschieden worden war. Genauere Aufschlüsselungen seien trotz „erheblicher Ermittlungen“ allerdings nicht möglich gewesen, heißt es in den Antworten auf zwei Fragen. Den Ausgaben stünden jedoch „durchgesetzte Ansprüche und abgewehrte Ansprüche gegenüber, die ein Mehrfaches dieser Summe betragen“, schreibt die Verwaltung, ohne Zahlen zu nennen.
Recherche mit Hindernissen
„Wir haben damit jetzt alle Fragen nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet“, sagte Dietmar Heß. Allerdings sei es nicht möglich gewesen, „alle Fragen zweifelsfrei bis ins Detail“ zu klären. Trotz 75-stündiger intensiver Recherche von Nina Klauke, der scheidenden Bereichsleiterin Interne Dienste (Bericht folgt). Trotz Anfragen bei allen beteiligten Gerichten, die sich laut Heß teilweise selbst schwer getan hätten mit detaillierten Auskünften. So habe etwa das Verwaltungsgericht Arnsberg lediglich die Anzahl der Verfahren aufgelistet, an denen die Gemeinde Finnentrop beteiligt war. Andere Hindernisse: Ein Gericht habe auf Anfrage lediglich Aktenzeichen aufgeführt, teilweise gelte nur eine fünfjährige Aufbewahrungspflicht für Dokumente.
 von Archiv Barbara Sander-Graetz
© Archiv Barbara Sander-Graetz
„Die Frage ist: Wem nützt das jetzt etwas? Etwas anderes als den Versuch, die Verwaltung lahmzulegen, kann ich daran nicht erkennen“, sagte Heß. Damit erneuerte der Bürgermeister seine Kritik an der Fraktion der Freien Wähler. Die hatte in Person des Vorsitzenden Christian Vollmert im September 2014 auf die ausführliche Beantwortung ihrer Fragen gedrängt – unter Verweis auf das Auskunftsrecht von Ratsmitgliedern. Die Angelegenheit ging von der Kommunalaufsicht über das Verwaltungsgericht Arnsberg bis zum Oberverwaltungsgericht Münster. Das OVG entschied im Dezember 2017, dass die Beantwortung der Fragen zumutbar sei, „ weil es sich um eine überschaubare Anzahl von Gerichten handelt“ (LokalPlus berichtet).
Bürgermeister „testet“ Verwaltungsgericht Arnsberg
Die Recherche hingegen habe gezeigt, dass der Aufwand eben doch „unverhältnismäßig“ sei, wiederholte Heß. Ein weiterer Beleg dafür: ein „Test“, genauer gesagt ein eigener Fragenkatalog, ähnlich dem der Freien Wähler, den er im September 2016 dem Verwaltungsgericht in Arnsberg vorgelegt hatte. Der Bürgermeister bat darin um Auskunft zu allen Rechtsstreitigkeiten, die der Kreis Olpe und alle dazugehörigen Kommunen von 2006 bis 2016 geführt hatten.

Die Antwort aus Arnsberg: Das Gericht sei zwar verpflichtet, die Fragen zu beantworten; wegen des hohen Aufwands bei einer detaillierten Beantwortung falle aber eine Gebühr an, die zwischen 330 und 500 Euro betrage. Gemessen an der Häufigkeit der juristischen Auseinandersetzungen, belegt Finnentrop hier übrigens Rang fünf von acht (siehe Infokasten).
Heß hätte sich „gezielte Fragen“ gewünscht
Die Rechtsstreitigkeiten, an denen die Gemeinde beteiligt war, wurden vor „bei Gerichten der Zivilgerichtsbarkeit bis hin zum BGH (Bundesgerichtshof, Anm. d. Redaktion), der Sozial-, der Arbeits- und der Verwaltungsgerichtsbarkeit“ verhandelt, heißt es in der ersten Antwort der Verwaltung. Die Antworten lässt die Gemeinde Finnentrop nun dem von der FÜR-Fraktion beauftragen Rechtsanwalt zukommen.

Damit soll, so Heß´ Hoffnung, das Thema erledigt sein. Was auch auf anderem Wege möglich gewesen wäre: „Will man wissen, was ein Verfahren konkret gekostet hat, muss man gezielt fragen“, so der Bürgermeister. Das allerdings hätten die Freien Wähler nicht getan, obwohl die Verwaltung darum gebeten hatte.
Ergebnis der Heß-Anfrage beim Verwaltungsgericht Arnsberg

Im Zeitraum 2006 bis 2016 sind der Kreis Olpe und seine sieben Kommunen wie folgt an Rechtsstreits beteiligt gewesen:

Attendorn: 106

Drolshagen: 63

Finnentrop: 42

Kirchhundem: 15

Lennestadt: 155

Olpe: 126

Wenden: 23

Kreis Olpe: 147
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