Offener Brief zum Thema Windkraft in Attendorn

„Bürgerinitiative Lebenswertes Repetal“


 von Sven Prillwitz
© Sven Prillwitz

Attendorn. In einen offenen Brief wendet sich die „Bürgerinitiative Lebenswertes Repetal“ an die Stadtverordneten der Stadt Attendorn und stellt einige Fragen zum Thema Windkraft im Stadtgebiet. Anbei der Brief des Vorsitzenden Marcus Bruse und des Sprechers der Initiative, Gerd Pulte:


„Sehr geehrte Stadtverordnete,

im laufenden Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans hat die Stadt Attendorn immer argumentiert, dass es nicht um das Ob sondern nur um das Wie bei der Errichtung von Windrädern im Stadtgebiet Attendorn geht. Diese Aussage ist aufgrund der aktuellen Entwicklungen neu zu hinterfragen. Mindestens die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Errichtung von Windkraftanlagen haben sich zwischenzeitlich wesentlich geändert. Das gilt möglicherweise bald auch für die genehmigungsrelevanten Gesetzesvorschriften. Abstandsflächen zur Wohnbebauung, der Natur- und Artenschutz, Wasserschutzgebiete, das Funkfeuer in Hülschotten und Weiteres mehr reduzieren die Attendorner Potenzialflächen auf ein Minimum.

… die Stadt Attendorn gab in einer öffentlichen Sitzung bekannt, dass sie bereits im Sommer ein externes Planungsbüro damit beauftragt habe, einen Teilflächennutzungsplan für Windenergie aufzustellen. Dieses Büro solle sich nun mit der Nachhaltigkeit von harten Tabuzonen befassen.
Auftrag hinterfragen
Diese Kosten verursachende Beauftragung des Planungsbüros ist zu hinterfragen. Es muss ausgeschlossen sein, dass dieses Planungsbüro nun nach Lösungen sucht, doch noch Potenzialflächen zu ermitteln anstatt die harten Tabukriterien herauszustellen. Die Beauftragung zum jetzigen Zeitpunkt erscheint aus  zweierlei Gründen nicht richtig. Zum einen hat die Windkraft ein zunehmendes Akzeptanzproblem in der Bevölkerung, so dass es zweifelhaft erscheint, warum die bereits festgestellten harten Tabuzonen nicht fixiert werden und somit Attendorn von Windrädern verschont bleibt. Zum anderen hat sich die Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg durch die zunehmenden rechtlichen Unsicherheiten, die sinkenden Einspeisevergütungen und die unsicheren Erfolgsaussichten beim Ausschreibungsverfahren deutlich verschlechtert.

Ist der Grund für die Aktivitäten der Stadt  wirklich die Angst vor einem externen Windkraftprojektierer, auf den man als Politik und Verwaltung keinen Einfluss hat? Oder versucht die Stadt Attendorn nicht vielmehr den eingeschlagenen Weg mit der Gründung einer eigenen Projektgesellschaft für Windkraft, an deren Ende ein Bürgerwindpark stehen soll, nun auch „erfolgreich“ zu Ende zu gehen?

Wir bitten Sie als Stadtverordnete der Hansestadt Attendorn folgenden Fragen nachzugehen:

1.) Die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Brandenburg möchten erreichen, dass die Länderöffnungsklausel für den Abstand von Windrädern zur Wohnbebauung wieder gültig wird und die Privilegierung im Außenbereich entfällt. Die Länder haben einen entsprechenden Antrag im Bundesrat gestellt. Wird bei der Aufstellung dieses sachlichen Teilflächennutzungsplans eine eventuelle Änderung der Abstandsregelungen bereits berücksichtigt? Wenn nein, stellt sich die Frage ob es nicht sinnvoller und vor allem zeit- und kostensparender ist, die Planungen so lange auszusetzen, bis die Entscheidungen diesbezüglich gefallen sind.

2a.) Die feste Vergütung für Windstrom ist ausgelaufen. Jetzt erfolgt die Vergütung nach einem Ausschreibungsverfahren. Sind die Wirtschaftlichkeitsberechnungen für den Bürgerwindpark angepasst worden? Wenn ja mit welcher Vergütung wurde hierbei kalkuliert? Sind alle wirtschaftlichen Risiken berücksichtigt (z.B. teure Erschließung, Rückbaukosten, etc.?).

2b.) In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass Gemeinden gemäß den §§ 107, 107a GO NRW eine wirtschaftliche Betätigung in energiewirtschaftlichen Bereichen grundsätzlich nur unter bestimmten Bedingungen möglich ist. Sind diese Bedingungen von der Stadt Attendorn eingehalten oder besteht ein Risiko, dass die Kommunalaufsicht einschreitet?

3a.) Laut Niederschrift zur 33. Sitzung der Stadtverordnetenversammlung (Antwort zur Frage 9 der UWG) betragen die heute kalkulierbaren Kosten für das Verfahren zur Aufstellung des sachlichen Teilflächennutzungsplanes „Windenergie“ 215.561,95 €. Weitere diesbezügliche Kosten seien verfahrensabhängig und derzeit nicht kalkulierbar. Hat die Stadt Attendorn Kenntnisse über noch anfallende Kosten in dieser Angelegenheit oder gibt es doch zumindest eine grobe Schätzung?

3ab.) Die Stadtverwaltung schreibt zudem, dass die Kosten für die Projektentwicklung Bürgerwindpark Attendorn GmbH hierin nicht enthalten sind und diese gesondert ermittelt und nachgewiesen werden. Werden diese Kosten auch der Allgemeinheit zugänglich gemacht oder wer wird darüber informiert?

3b.) Mit welchen Gesamtkosten kalkuliert die Stadt Attendorn von den ersten Planungen an bis zur Verwirklichung des Bürgerwindparks (Anschluss an das Stromnetz)?

4.) Bis zu welcher finanziellen Grenze würde die Stadt die Planungen weiter verfolgen?

5.) Die Stadt Attendorn begründet ihr Vorgehen weiterhin damit, dass der Windkraft von den Kommunen gemäß Bundesgesetz „substanziell Raum gegeben“ werden müsse. Um die „Verspargelung“ durch fremde Projektierer zu verhindern, müsse sie selbst das Heft des Handelns in der Hand behalten. Wie definiert die Stadt selbst den Begriff „Verspargelung“? Wie sähe im Gegensatz zur „Verspargelung“ im Stadtgebiet Attendorn eigentlich die Konzentration von Windrädern aus?

6.) Warum bevorzugt man das schnelle Herbeiführen von Vorrangzonen, in denen dann massiv „verspargelt“ wird, gegenüber einem abwartenden Vorgehen?

Es sollte nun eine öffentliche Debatte darüber stattfinden, ob weiterhin seitens der Stadt Attendorn und den Projektpartnern bei den niedrigen Erfolgsaussichten Investitionen in die Projektgesellschaft und den eigenen Bürgerwindpark getätigt werden sollten. Die frei werdenden Finanzmittel könnten dann in andere sinnvollere Projekte wie sozialen Wohnungsbau, Alter Bahnhof etc. getätigt werden.“
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