Stolpersteine machen Schicksal jüdischer Bewohner sichtbar

„Geh-Denken“ in Attendorn


Polierte Stolpersteine in der Attendorner Innenstadt. von Sigrid Mynar
Polierte Stolpersteine in der Attendorner Innenstadt. © Sigrid Mynar

Attendorn. Das Gedächtnis an das unsägliche Leid, das jüdischen Familien in Attendorn während der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zugefügt wurde, im wahren Wortsinn „aufzupolieren“ ist für Hartmut Hosenfeld seit vielen Jahren eine Herzensangelegenheit.


Alljährlich in der Zeit der Reichspogromnacht vom 9. zum 10. November geht er, ausgerüstet mit Eimer und Putzmitteln und einer Gruppe Interessierter, zu den 14 Stolpersteinen, die im Stadtgebiet von Attendorn verlegt sind, um sie zur reinigen und die Öffentlichkeit zu erinnern.

In diesem Jahr fand das „Geh-denken“ am Freitagnachmittag, 12. November, statt. Die Initiatoren berichteten bei der Reinigung über die Geschichte der Orte und die Geschehnisse jener Zeit in Attendorn. Junge Leute legten anschließend eine weiße Rose auf die quadratischen Messingtafeln, bevor die Gruppe zur nächsten Gedenkstätte ging.

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Unterstützt wird Hartmut Hosenfeld dabei von der Hansestadt Attendorn und von Tom Kleine. Gemeinsam laden sie regelmäßig Attendorner Bürger dazu ein, die Menschen, für die die kleinen Gedenktafeln im Boden eingelassen wurden, näher kennenzulernen. „Stets mit guter Resonanz“, freuen sich die Organisatoren.

Stolpersteine halten die Geschichte lebendig

Die Erinnerungstafeln an die jüdischen Familien Stern (Wasserstraße), Ursell (Niederste Straße) und Ursell (Kölner Straße) wurden 2006 und 2008 verlegt und über Spenden von Parteien, Gruppen und Privatpersonen ermöglicht.

Seit mehr als 40 Jahren erforscht der pensionierte Schulleiter Hosenfeld nun schon das Leben der ehemaligen jüdischen Gemeinde in Attendorn. Dementsprechend lebhaft lassen seine Berichte aus den Namen Menschen werden, geben ihnen eine Geschichte und schildern ihr leidvolles Schicksal.

Schicksale lösen Betroffenheit aus

Betroffenheit, Abscheu und Unverständnis zeigten die Gesichter der Zuhörer, die beim „Geh-denken“ dabei waren. Ja, sagt Hartmut Hosenfeld, es sei unvorstellbar, dass eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte auch hier in unserem Attendorn so deutlich geworden sei.

„Aber auch heute gibt es Antisemitismus, Rassismus und Aktionen nationalsozialistischer Gruppierungen, die mir große Sorgen machen“. Genau deshalb freue er sich über die vielen jungen Menschen, die etwas über „Jüdisch in Attendorn“ und die Wurzeln des menschverachtenden Nazi-Systems erfahren möchten.

„Jüdisch in Attendorn“ mit weiteren Aktionen

Am Samstag, 13. November, wird um 16 Uhr der Bereich vor der Gedenktafel „Im Hohl“, die an das ehemalige jüdische Gebetshaus erinnert, in einem feierlichen Akt in „Minna-Ursell-Platz“ umbenannt. Im Anschluss erfolgen eine Buchübergabe, die Aufführung eines Klezmer-Stücks und die Übergabe eines Ursell-Portraits.

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