Polizeibeamter wegen Kinderpornografie vor Gericht - zwei Jahre auf Bewährung

Ehe, Beruf und Existenz durch 118 Taten zerstört


Topnews
 von © Irochka / lia
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Olpe. Menschliche Abgründe taten sich am Freitagmittag, 10. Mai, am Amtsgericht in Olpe auf. Kinderpornografie führte nicht nur zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung, sondern auch zu einer gescheiterten Ehe, einer ruinierten Berufskarriere und einer ungewissen wirtschaftlichen und sozialen Zukunft des Angeklagten.


Im Mittelpunkt stand ein 52-jähriger Polizeibeamter aus dem Kreisgebiet, der sich vor dem Schöffengericht wegen des Erwerbs und Besitzes sowie der Verbreitung von Kinderpornografie verantworten musste. Insgesamt 118 Einzelvorwürfe umfasste die umfangreiche Anklageschrift, für deren Verlesung Staatsanwältin Katharina Burchert 40 Minuten brauchte. Während dieser Zeit saß der 52-Jährige wie ein Häufchen Elend auf der Anklagebank, den Kopf geneigt und die Hände vor dem Gesicht.
Angeklagter voll geständig
Zeugen waren nicht geladen und auch nicht notwendig, weil der Angeklagte alle Tatvorwürfe unumwunden einräumte. Die Liste der Taten war ebenso lang wie schmuddelig. Im Oktober 2015 hatte der Polizeibeamte einen Videochat mit einem unter 14-jährigen Mädchen. Während das sich auszog, befriedigte er sich selbst. Als ob der Video-Livechat noch nicht genug sei, filmte er das Ganze auch noch und fertigte ein Video an.

Von Ende Mai bis Anfang August 2017 war der damals verheiratete Mann in einem einschlägigen Messenger-Dienst aktiv und ließ sich dort kinder- und jugendpornografische Bilder schicken. Darauf waren junge Mädchen in eindeutigen Posen zu sehen, Männer beim Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen und sogar fünfjährige Mädchen, die sexuell missbraucht wurden. Als „Joe Hell“ verschickte der Angeklagte auch selbst anstößige kinderpornografische Fotos an andere User des Dienstes.
Seit Jahren schwere Depressionen
Sein Mandant sei seit Jahren schwer depressiv und habe in besonders schlimmen Krankheitsphasen ein Ventil gesucht, um die Krankheit zu ertragen. Zunächst sei das normale Pornografie gewesen, dann Kinderpornografie, versuchte Rechtsanwalt Thomas Trapp das eigentlich unerklärliche Verhalten seines Mandanten zu erklären.

„Er leidet unter dem Geschehen sehr stark und will sich der Verantwortung stellen“, so Trapp. Aufgeflogen war der heute 52-Jährige bei der umfassenden Überprüfung von IP-Adressen, die mit Kinderpornografie in Zusammenhang standen. Es kam zu einer Hausdurchsuchung, bei der zwei Laptops und zwei Smartphones mit etwa 1.000 kinder- und jugendpornografischen Fotos sichergestellt wurden.
Vom Polizeidienst suspendiert
Seit diesem Tag ist das Leben des bis dahin unbescholtenen Mannes ein Scherbenhaufen. Seine Frau hat sich von ihm scheiden lassen, vom Polizeidienst wurde er sofort suspendiert. Nach dem Schuldspruch vor Gericht erwartet ihn die unehrenhafte Entfernung aus dem Dienst. Damit verliert er sein Einkommen, seine Pension und seine Krankenversicherung.

„Mein Mandant rutscht dann wahrscheinlich in Hartz IV“, so Verteidiger Trapp, der eine Bewährungsstrafe von anderthalb Jahren beantragte. Staatsanwältin Burchert hatte zuvor eine zweijährige Freiheitsstrafe zur Bewährung beantragt. Die sei wegen der erheblichen Zahl der Taten angemessen. Sie konnte nicht wirklich nachvollziehen, wieso die seit Jahren bestehende Depression zu den pädophilen Entgleisungen geführt habe. „Was passiert ist, entspricht absolut nicht meinen ethischen und moralischen Werten“, erklärte der Angeklagte in seinem letzten Wort.
Strafrichter erklärten sich befangen
Das Schöffengericht sprach den 52-Jährigen am Ende wegen versuchten sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen sowie dem Erwerb und der Verbreitung von kinder- und jugendpornografischen Schriften in 116 Fällen schuldig. Das Urteil: eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Für seine Beratung brauchte das Gericht ungewöhnlich lange. Denn Amtsrichter Benjamin Fritzsche befasst sich eigentlich nicht mit Strafsachen. Er war nur eingesprungen, weil alle Strafrichter am Amtsgericht Olpe sich für befangen erklärt hatten, weil sie tagtäglich beruflich mit Polizeibeamten zu tun haben.
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