„Crash Kurs NRW“ im PZ Meggen: Harte Geschichten berühren die Schüler

Kreispolizeibehörde Olpe veranstaltet 19. Kampgene zur Verkehrssicherheit


  • Lennestadt, 24.01.2017
  • Von Christine Schmidt
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Rettungskräfte und Betroffene erzählten beim „Crash Kurs NRW“ in Meggen ihre Geschichten. von privat
Rettungskräfte und Betroffene erzählten beim „Crash Kurs NRW“ in Meggen ihre Geschichten. © privat

Meggen. Dienstagmorgen, 24. Januar, im PZ Meggen: Noch lachen die rund 400 Schüler. Junge Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren, die das Gymnasium Maria Königin, das Gymnasium der Stadt Lennestadt und das Berufskolleg besuchen, sitzen beim „Crash Kurs NRW“ im Publikum. Die Kreispolizeibehörde Olpe zeigt den jungen Fahranfängern auf harte, aber ehrliche Weise, wie schnell das Leben durch falsche Entscheidungen vorbei sein kann. Einsatzkräfte und Unfallopfer erzählen ihre Geschichten, die sie durch Verkehrsunfälle erlebt haben.


Vor Veranstaltungsbeginn geht ein Polizist mit Luftballons und Stiften durch die Reihen: Die Schüler sollen ihre Lebensträume und Ziele aufschreiben. Neben einem Audi oder der Meisterschaft des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 stehen auch Dinge wie Liebe, Glück, Freundschaft und Familie auf den Ballons. Mit einem Stich lässt Moderator Michael Klein einen der drei Ballons zerplatzen – aus der Traum. So schnell kann es gehen.

Den Einstig nehmen die Schüler, vor allem die männlichen Anwesenden, noch auf die lockere Schulter. Als Michael Klein fragt, wer denn freiwillig hier sei oder wer schon mal in einen Unfall verwickelt war, spaßen einige Jungs noch ein wenig. Dann liest der Moderator Unfallzahlen aus dem Kreis Olpe vor. Allmählich wird es ruhiger.
Ursachen als "Killer"
Unfälle seien kein Zufall, es gäbe dafür immer Ursachen, erklärt Klein den Schülern. Die sogenannten „Killer“ seien entweder die Ablenkung, Alkohol oder Drogen, Geschwindigkeit - oder man hat einfach vergessen, den Gurt anzulegen.

Bevor die Beteiligten zu Wort kommen, zeigt die Polizei Unfallbilder aus dem Kreis Olpe, untermalt mit dem Lied „Geboren um zu leben“ von Unheilig – Gänsehaut pur. Bei jedem gezeigten Unfall ist ein junger Mensch zu Tode gekommen. Bilder von zerquetschten Motorhauben, Kreuzen am Straßenrad oder abgedeckten Fahrzeuginsassen. Das Schlimme: Viele der Schüler kennen die Namen, Autos oder Unfallorte. Im Saal ist es still.
Einsatzkräfte erzählen von ihren Erfahrungen
Nach den schockierenden Bildern erzählen Angehörige und Einsatzkräfte nacheinander ihre Geschichten.

So Polizeibeamter Achim Henkel: Der Polizist berichtet von einem Motorradunfall bei Mecklinghausen. Ein junger Mann kam dort ums Leben. Henkel hatte die schwere Aufgabe, die Angehörigen zu benachrichtigen. Er berichtet, dass die Eltern des Opfers zu der Zeit im Urlaub waren. Es gehöre sich nicht, so etwas am Telefon zu sagen, erklärt der Polizist.

Es gab aber noch einen jüngeren Bruder, hatte man ihm erzählt. Bildlich beschreibt Henkel, wie er den Bruder des Verstorbenen mit seinem Trecker auf dem Feld sah und ihm diese schlimme Botschaft überbringen musste. Der Polizist holt tief Luft: „So etwas wirkt lange nach.“ Die Atmosphäre im Raum ist bedrückend. Einige Mädchen weinen.

Dann tritt Pastor Ludger Wollweber ans Mikro. Er erlebt viele Notfallsituationen als Seelsorger: „Das braucht keiner“, erklärt er. Eltern wollen ihre Kinder nicht zu Grabe tragen. „Auch wenn irgendwann wieder der Alltag einkehrt, die Familien kommen nie darüber hinweg.“ Wollweber erzählt von einem jungen Mann, der unter vielen Schülern bekannt war. „Es stellt sich immer die eine Frage: Warum? Aber auch ich als Pastor kann darauf keine Antwort geben.“
Schüler zeigen sich sehr betroffen
Einige der Schüler sind von den Erzählungen und Schicksalen so getroffen, dass sie den Saal verlassen. Viele bleiben mit Tränen in den Augen und dickem Kloß im Hals in den Reihen sitzen.  

Auch die Geschichte der Schwester eines tödlich Verunglückten nimmt die Schüler sehr mit. Die Frau erzählt von der Nacht, als sie ihren Bruder durch einen Verkehrsunfall verlor. Sie hatte an dem Tag, im Sommer 2009, schon die ganze Zeit ein seltsames Gefühl, da sie nichts von ihm gehört hatte. Dieses Gefühl bewahrheitete sich, als ihre Schwester morgens klingelte. Anfangs gab es Entwarnung: Der Junge werde gerade operiert und sie solle sich keine Sorgen machen.
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Die Frau auf der Bühne erzählt, wie sie eine Kerze, eine neue Kerze, in der Küche für ihren Bruder anzündete. Um zehn Uhr erlosch die Flamme. An dem Punkt wusste die junge Frau: Es ist etwas passiert. Sie rief ihre Mutter an und erfuhr, dass die Maschinen abgeschaltet worden waren. „Mein Bruder lebt nicht mehr, Ende“, sagt die junge Mutter ergriffen.

Sie sowie alle, die mit ihren Geschichten auf der Bühne stehen, geben den jungen Fahranfängern mit auf den Weg, aufzupassen. Die Schüler sollen die Erfahrungen mit auf den Weg nehmen und daraus ihre eigenen wichtigen Entscheidungen treffen - damit sie nicht irgendwann selbst zum Inhalt dieser Geschichten zu werden.
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