Angeklagter am Landgericht Siegen als voll schuldfähig eingestuft

Mordfall aus Grevenbrück


  • Lennestadt, 03.12.2020
  • Blaulicht
  • Von Nils Dinkel
    Profilfoto Nils Dinkel

    Nils Dinkel

    Redaktion

Topnews
Das Landgericht in Siegen. von Nils Dinkel
Das Landgericht in Siegen. © Nils Dinkel

Siegen/Grevenbrück. Der 34-Jährige Amine A. soll am 3. Mai seinen Sohn in Grevenbrück getötet haben. Ihm wird derzeit am Landgericht Siegen der Prozess gemacht. Eine Gutachterin stufte A. am Donnerstag, 3. Dezember, als voll schuldfähig ein.


Die forensische Psychiaterin Dr. Nahlah Saimeh hat den Prozess von Beginn an mit begleitet und sich auch in einem persönlichen Gespräch nach dem vorhergegangenen Prozesstag am Donnerstag, 26. November, ein Bild des Angeklagten gemacht.

Sie betonte, dass eine schwere Kindheit keinen Mord rechtfertige. Der Angeklagte sei egozentrisch, nur auf sich fokussiert und habe der Mutter schaden wollen. Nun habe er seinen Sohn für sich, der in gewisser Weise kein autonomes Wesen, sondern ein Teil von sich sei, so Dr. Saimeh. „Sein Sohn ist jetzt emotional in Ewigkeit bei ihm. Er hat seine Ohnmacht in Macht umgekehrt“, führte die forensische Psychiaterin aus.

Wollte er die Kindsmutter abstrafen?

Zwar habe der Angeklagte dem Schwurgericht gegenüber erklärt, dass er die Kindsmutter nicht habe abstrafen wollen. Im Gespräch habe er sich jedoch in diese Richtung geäußert. Dr. Saimeh betonte, dass das ein unterschwelliges Motiv sein könnte. „Ob das der Gedanke bei der Tatausführung war, kann ich nicht sagen“, so Saimeh.


Im persönlichen Gespräch habe der Angeklagte noch einmal betont, dass alles sehr schnell gegangen sei. Er habe nichts vertuschen wollen, sonst hätte er keinen Abschiedsbrief hinterlassen. Die Frage, warum er aus der brennenden Wohnung gesprungen sei, beantwortete A. mit „Ich wollte einfach nur weg.“

Amine A. handelte nicht aus innerem Zwang

Amine A. sehe sich selbst als Opfer. „Das Beziehungsdrama sieht er nicht“, resümierte Dr. Saimeh. Sie erkannte bei dem Angeklagten eine psychopathische Merkmalsausprägung der Dissozialität sowie eine Borderline-Störung. Dies reiche aber nicht dafür aus, dem 34-Jährigen eine „schwere seelische Abartigkeit“ zu diagnostizieren. Er habe nicht aus einer Psychose und nicht aus innerem Zwang heraus gehandelt.


Der Angeklagte hatte im Prozessverlauf mit verschiedenen Mitteln versucht, seine Schuldfähigkeit zu mildern. Mehrfach hatte er von regelmäßigem Alkohol- und Drogenkonsum gesprochen. Der Gutachterin gegenüber hatte er angegeben, dass die Zeugen gelogen hätten, was seinen Alkohol- und Drogenkonsum angehe. Im persönlichen Gespräch habe er zudem erklärt, er habe am Tattag Stimmen gehört, berichtete Dr. Saimeh.

Für den dreijährigen Jungen kam am 3. Mai jede Hilfe zu spät. von Nils Dinkel
Für den dreijährigen Jungen kam am 3. Mai jede Hilfe zu spät. © Nils Dinkel

Der Drogenkonsum am Tattag könne Einfluss auf seine Selbstverletzungen und den Sprung aus dem Fenster gehabt haben, so Saimeh. Es sei aber nicht mehr zu klären, ob der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt noch akut berauscht gewesen sei. Das erkläre trotzdem nicht das, was er dem Jungen angetan habe.  

Artikel teilen: