Vor 20 Jahren starb Feuerwehrmann Wendelin Lorenz im Einsatz

Dramatischer Einsatz auf der Ihne


  • Kreis Olpe, 17.09.2018
  • Von Barbara Sander-Graetz
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Dirk Mühlhan (links) und Peter Heuel im Gespräch mit LokalPlus über die Ereignisse vor 20 Jahren. von Barbara Sander-Graetz
Dirk Mühlhan (links) und Peter Heuel im Gespräch mit LokalPlus über die Ereignisse vor 20 Jahren. © Barbara Sander-Graetz

Neu-Listernohl. Der 18. September ist für viele Feuerwehrkameraden im Kreis Olpe ein trauriges Datum. An diesem Tag im Jahr 1998 unterschätzten zwei Kanufahrer die Gefahren des Flusses Ihne. Einer von ihnen bezahlte diesen Leichtsinn mit seinem Leben. Und auch der damals 34-jährige Feuerwehrmann Wendelin Lorenz kehrte von diesem Einsatz nicht mehr lebend zurück.


Rückblick: Zwei Männer waren in einem Kanu auf dem Fluss Ihne unterwegs. Beide hatten die Gefahren der Ihne, die nach starken Regenfällen gefährliche Strömungen aufweist, unterschätzt. Das Kanu schoss auf die beiden Röhren zu, in die die Ihne unterhalb des Biggedamms, dem sogenannten Ihne-Schuß, mündet. Einer der Kanufahrer konnte sich noch ans Ufer retten und schaffte es mit Hilfe von Passanten an Land. Der zweite jedoch verschwand in der Röhre – und starb, wie sich später herausstellte.
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Zweimal durchsuchten Taucher die Röhre. Der Sog war so stark, dass auch hier ein Taucher fast den Einsatz mit dem Leben bezahlt hätte. Der Mann musste reanimiert werden, überlebte schließlich schwer verletzt und leidet bis heute unter den Folgen.

Zu diesem Zeitpunkt wurde die Suche nur noch auf den Fluss unterhalb der Kanalöffnung verlagert. Zweimal fuhren Boote die Strecke bis zum Ahauser Stausee ab. Bei der zweiten Kontrollfahrt kenterte ein Boot. Feuerwehrmann Wendelin Lorenz aus Neu-Listernohl konnte später nur noch tot geborgen werden. Der vermisste Kanufahrer wurde Tage später im Ahauser Stausee geborgen.
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Genau 20 Jahre nach diesem Unglück hat sich vieles verändert bei der Feuerwehr. LokalPlus hat mit Neu-Listernohls Löschgruppenführer Dirk Mühlhan und dem stellvertretenden Leiter der Attendorner Feuerwehr, Peter Heuel, gesprochen. Beide waren vor 20 Jahren bei dem Einsatz dabei.

Wendelin Lorenz ist der einzige Feuerwehrmann im Kreis Olpe, der bei einem Einsatz verstorben ist. Für die Kameraden war das vor 20 Jahren ein großer Schock. Wie haben sie das verkraftet?

Dirk Mühlhan: Damals mussten wir uns irgendwie gegenseitig helfen. Pastor Grote kam zu uns ins Feuerwehrhaus, war aber genauso wie wir mit der Situation überfordert. Heute gibt es zum Glück die psychosoziale Unterstützung (PSU). Mit den beiden Feuerwehrangehörigen Christin Schmidt und Tobias Schrottke als ausgebildeten Fachkräften an der Spitze helfen sie genau in diesen Situationen den Einsatzkräften dabei, belastende Eindrücke zu verarbeiten.

Wo lagen die Schwierigkeiten bei dem Einsatz?

Peter Heuel: Damals wussten wir gar nicht, wie die Bauwerke des Ruhrverbandes am Biggesee im Detail aussahen. War es dem Kanufahrer überhaupt möglich, sich innerhalb der Röhre festzuhalten? Seitdem machen wir mindestens einmal im Jahr eine Übung, die sich genau mit diesen Dingen beschäftigt. Wir kennen die Bauwerke des Ruhrverbandes und ihre Besonderheiten. Heute wissen wir: Die Röhre ist innen glatt und der Sportler ist wahrscheinlich in einem Rutsch durch die Röhre geschossen. Dirk Mühlhan: Die Ausstattung mit Handfunkgeräten war 1998 auch noch minimal. Nur die Fahrzeuge waren mit Funk ausgestattet. So bekam man nur zeitversetzt mit, was in anderen Einsatz-Abschnitten geschah. Die Kameraden, die an der Röhre waren, wussten nicht, was gerade auf dem Abschnitt weiter unten passierte. Das ist natürlich heute ganz anders. Einsatzleitwagen und tragbare Funkgeräte sorgen für eine lückenlose Kommunikation zu allen strategischen Einsatzorten. Außerdem haben wir heute umfangreiches Kartenmaterial von allen Fließgewässern. Wir wissen, wo Brücken sind und wo man direkt an das Gewässer kann. Das sind im Notfall wichtige Minuten, die über Leben und Tod entscheiden können.

Würde man heute nochmals Taucher in die Röhre schicken?

Peter Heuel: Ja, aber nicht wie damals freiwillige Taucher der Feuerwehr oder Hobbytaucher, sondern die Strömungsretter der DLRG. Sie sind als spezialisierte Wasserretter für fließende Gewässer und Überschwemmungsgebiete ausgebildet und verfügen auch über eine spezielle Ausrüstung. Dirk Mühlhan: Diese DLRG-Strömungsretter sind auch Teil des Wasserrettungskonzeptes des Kreises Olpe, das es seit einigen Jahren gibt. Vor acht Jahren hat sich unter Federführung des Kreises der Arbeitskreis Wasserrettung gebildet, zu dem die Feuerwehren der sieben Kommunen im Kreis Olpe, der Löschzug Haustadt der Stadt Meinerzhagen aus dem Märkischen Kreis als Anlieger der Listertalsperre, die DLRG und das THW gehören. Wir machen gemeinsame Übungen, damit wir im Ernstfall wissen, wie die Zusammenarbeit möglich ist.

Was ist mit dem Einsatz von Booten? Sowohl die Feuerwehr in Neu-Listernohl, die DLRG und das THW haben Rettungsboote. Wann kommen die zum Einsatz?

Peter Heuel: Das hängt stark von der Art des Einsatzes ab. Die DLRG-Boote auf dem Biggesee sind schnell und wendig. Sie können verunfallte Bootsinsassen oder Schwimmer gut aufnehmen. Die THW-Boote sind schon größer und natürlich stark für Katastropheneinsätze ausgelegt. Das THW als Anstalt des Bundes hat ja genau diese Aufgabe: Hilfe im Katastrophenfall. Daneben sind bei der Feuerwehr in Olpe und in Meinerzhagen-Haustadt auch noch Boote vorhanden. Dirk Mühlhan: Das Boot, welches wir hier bei der Löschgruppe haben, ist das ehemalige Boot des Ruhrverbandes. Vor 20 Jahren stand uns das auch schon zur Verfügung, allerdings war es da noch in Eichen an der Lister-Mauer stationiert. Wir mussten also erst dorthin fahren, es holen und konnten dann zum Einsatz. Da verging wertvolle Zeit. Vor 20 Jahren waren die Olper Kameraden mit ihrem Boot fast schneller vor Ort als wir. Heute ist das Boot in unserem Feuerwehrgerätehaus, und unsere Bootsführer haben alle einen Führerschein, auch wenn das für diese Bootsklasse nicht vorgeschrieben ist. Sie sind durch zahlreiche Übungen im Einsatzfall bestens vorbereitet.

Kanufahrer auf der Ihne. Hat es so etwas nochmals gegeben?

Peter Heuel: Nein, und das ist auch gut so. Die Ihne ist kein Gewässer für Boote jeglicher Art, besonders, wenn sie nach Regen genügend Wasser führt.

In 20 Jahren hat sich viel getan, und heute würde der Einsatz ganz anders durchgeführt. Doch auch hier gibt es immer noch weiter Verbesserungen. Was würden sie sich für die Zukunft noch wünschen?

Peter Heuel: Eine Drohne, die ein Gewässer von oben abfliegen kann und gerade bei der Personensuche im See oder in Flüssen eingesetzt werden könnte, wäre ein enormer Fortschritt. Wir hätten auch Feuerwehrkräfte, die sich mit diesem Thema beschäftigen würden und auch das technische Verständnis mitbringen. Dirk Mühlhan: Außerdem wäre ein Mini-U-Boot von Vorteil. Zurzeit setzen wir sogenannte Fischfinder ein, um in einem Gewässer untergegangene Personen mittels Sonar zu orten. Eigentlich sollen sie Anglern zeigen, wo Fische im See sind. Aber sie zeigen natürlich auch andere Hindernisse auf. Leider sind sie nicht sehr präzise und die Bilder sind schwer auszuwerten. Ein Mini-U-Boot mit Kamera, die zeigt, was unter der Wasseroberfläche ist, wäre eine weitere wichtige Hilfe bei der Suche nach vermissten Personen. Auf dem See und dem Gewässer sind wir gut ausgestattet. Darüber und darunter können wir noch Hilfe gebrauchen.

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