„Wir wehren uns gegen unkontrollierte Einwanderung Hunderttausender“

Vor der Bundestagswahl 2017: Klaus Heger, AfD, im Interview


Klaus Heger kandidiert im Wahlkreis 149 für die AfD. von privat
Klaus Heger kandidiert im Wahlkreis 149 für die AfD. © privat


Ihr Wahlkampf-Slogan lautet „Politik für unsere Menschen“. Bitte erklären Sie das in einigen Sätzen.

Seit einigen Jahren werden erhebliche Mittel dafür aufgewendet, dass es den Menschen in unserem Lande am Ende schlechter geht. Das betrifft in erster Linie die so genannte Euro-Rettung, die Migrationskrise und die Energiewende. Durch die Euro-Krise und die damit verbundene Nullzinspolitik werden Alterssicherungssysteme und Sparkonten gefährdet; die ungeregelte Einwanderung Hunderttausender hat zu deutlich sichtbaren Problemen bei der inneren Sicherheit geführt; die Energiewende führt zu steigenden Kosten für die Wohnhaushalte und gefährdet Unternehmen im internationalen Wettbewerb.

Der ländliche Raum – und damit auch Südwestfalen und der Wahlkreis 149 – steht angesichts des demografischen Wandels vor mehreren großen Herausforderungen. Eine davon ist die Flucht junger Menschen vom Land in die Ballungszentren und Großstädte. Wie lässt sich das verhindern?

Wie immer in einer freien Gesellschaft müssen Anreize geschaffen werden. Dazu gehört der zügige Ausbau schneller Internetverbindungen.  Der öffentliche Personennahverkehr ist mehr als bisher auf die Bedürfnisse der jungen Menschen auszurichten. Die ärztliche Versorgung muss langfristig durch sinnvolle Anreize an junge Mediziner sichergestellt werden.
Digitalisierung: „Auf keinen Fall den Anschluss verlieren“
In Sachen Digitalisierung und schnelles Internet hinkt der Kreis Olpe hinterher. Der geförderte Breitbandausbau beginnt frühestens im Februar 2018. Muss sich die Wirtschaft im Kreis Olpe Sorgen machen, weiter wichtige Zeit zu verlieren oder womöglich sogar abgehängt zu werden mit Blick auf die stetig weiter voranschreitende Digitalisierung?

In einer marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaft ist Wettbewerbsfähigkeit einzelner Unternehmen, aber auch der Region insgesamt von überragender Bedeutung. Dazu gehört die Ausbildung junger Menschen speziell im Bereich der „MINT“-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik). Dazu gehört aber auch eine gut funktionierende Infrastruktur, was nicht nur die verkehrstechnische Situation, sondern insbesondere die Digitalisierung betrifft. Hier dürfen wir auf gar keinen Fall den Anschluss verlieren.

Was braucht die Wirtschaft in Südwestfalen außerdem, um ihren Status als drittstärkste Region Deutschlands halten und ausbauen zu können?

Die diversifizierte handwerkliche, industrielle und landwirtschaftliche Basis unserer Region muss erhalten und ausgebaut werden. Deshalb ist investitionshemmende Bürokratie abzubauen, die die Anlage neuer Gewerbegebiete oder den Ausbau der Infrastruktur verhindert bzw. auf unzumutbare Weise verzögert. Genehmigungsprozesse sind zu „entgrünen".

Wir stehen zur Förderung von landwirtschaftlichen Familienbetrieben und Genossenschaften und wollen die regionale Lebensmittelerzeugung und Direktvermarktung durch bäuerliche Betriebe stärken. Hier ist eine Rückführung der Gesetzgebungskompetenzen von der EU auf die Länderebene herbeizuführen.

Der dreispurige Ausbau der A45 und die Sanierung der teilweise maroden Autobahnbrücken ist  angesichts der Stausituation unerlässlich.
Medizin: Mehr Anreize für junge Schüler und Studenten
Wie lässt sich die medizinische, hausärztliche und pflegerische Versorgung auf dem Land sicherstellen?

Auch hier müssen Anreize geschaffen werden.  Man könnte bereits Abiturienten den Zugang zum Medizinstudium erleichtern, wenn sie sich vertraglich verpflichten, nach einem erfolgreichen Studium eine Praxis im ländlichen Raum zu führen. Nach dem Studium kann man Teilerlasse von BAföG-Leistungen anbieten. Auch finanzielle Hilfen und großzügige Kredite bei der Einrichtung bzw. Übernahme von Praxen können ein Mittel sein.

In einem Kommentar hat Harald Freiberger von der Süddeutschen Zeitung vor kurzem ein Gefälle zwischen boomenden Städten und der „verödenden“ Provinz beklagt. Seine Forderung für die Zeit nach der Bundestagswahl: ein „nationaler Pakt für die Entwicklung der ländlichen Gebiete“, u.a. für Unterhalt und Ausbau öffentlicher Straßen und des Nahverkehrs, für Digitalisierung und für die Schulen und Kindergärten. Wie bewerten Sie diese Forderung?

Völlig einverstanden.  Das Problem in einer nationalen Kraftanstrengung zu lösen, ist ein guter Ansatz, wobei natürlich die unterschiedlichen Probleme der einzelnen Regionen zu berücksichtigen sein werden.

Stichwort Bildung, Stichwort Ausfall von Unterrichtsstunden. Brauchen wir mehr und besser qualifizierte Lehrer?

Ja. Nach Aussage eines mir persönlich bekannten Schulleiters hat die Politik, z.B. im Zuge der Einführung der Inklusion, die damit verbundenen personellen und finanziellen Mehranforderungen bei weitem nicht erfüllt.
„Maßnahmen zur mittelfristigen Erhöhung der Geburtenrate“
Befristete Arbeitsverhältnisse, viele Niedriglohn-Jobs, drohende Altersarmut und weiter steigende Preise auf dem Immobilien- und Wohnungsmarkt. Wie lassen sich diese gegensätzlichen Themenkomplexe miteinander in Einklang bringen?

Jedes dieser Probleme muss gesondert betrachtet werden.

1. Befristete Arbeitsplätze sollen nach unserer Auffassung nur unter festgelegten Bedingungen abgeschlossen und auch nur einmal verlängert werden dürfen.

2. Niedriglohn-Jobs: Die AfD fordert eine gesetzliche Obergrenze von 15% Beschäftigten mit Leih- oder Werkverträgen im Unternehmen.

3. Altersarmut: Nach wie vor schrumpft unsere Bevölkerung um rund 250.000 Menschen pro Jahr. Dazu werden ab Mitte des nächsten Jahrzehnts geburtenstarke Jahrgänge aus den frühen 1960er Jahren das Rentenalter erreichen. Beides zusammen führt dazu, dass immer weniger arbeitende Menschen immer mehr Rentner versorgen müssen, was einen Generationenkonflikt unbekannten Ausmaßes hervorrufen und den sozialen Frieden in unserem Land gefährden kann. Um Derartiges in Zukunft auszuschließen, sind Maßnahmen zur mittelfristigen Erhöhung der Geburtenrate unserer Bevölkerung unverzichtbar. Dazu gehören die Einführung des steuerlichen Familiensplittings, Hilfen für junge Familiengründer, längerer Anspruch auf Arbeitslosengeld 1 für Eltern, aber auch familienbewusste Aufklärung junger Menschen.

4. Steigende Preise auf dem Immobilien- und Wohnungsmarkt: Die so genannte Mietpreisbremse ist sicher gut gemeint, führt aber am Ende dazu, dass Investitionen in Immobilien weniger rentabel werden. Dadurch werden dann auch deutlich weniger neue Wohnungen gebaut. 

Der Diesel-Skandal löst seit kurzem heftige Debatten aus, bei Windenergie und erneuerbaren Energien handelt es sich bereits seit längerem um Streitthemen. Wo und wie positionieren Sie sich in Sachen Umweltpolitik?

Statt Einzelmaßnahmen, z.B. gegen den Dieselmotor, fordern wir einen Bundesverkehrsplan, bei dem wirtschaftliche und umweltpolitische Aspekte Berücksichtigung finden. Im Rahmen dieses Plans müssen u.a. Anreize geschaffen werden, Gütertransporte von der Straße auf die Schiene zu verlegen. Es gibt in Deutschland genügend Wissenschaftler und Praktiker, die gemeinsam einen derartigen Plan ausarbeiten können.

Windenergie ist wirtschaftlich wenig sinnvoll und sowohl für den Menschen als auch für die Tierwelt umweltpolitisch kontraproduktiv. Neue Anlagen sollten nur noch dort errichtet werden, wo keine Beeinträchtigungen zu erwarten sind und auch nur nach Bürgerentscheiden vor Ort.
Terror: Forderung nach stärkerer Zusammenarbeit auf EU-Ebene
Angesichts der Terroranschläge, die in den vergangenen Monaten in Europa verübt worden sind, ist die Debatte um innere Sicherheit wieder hochaktuell. Braucht es mehr innere Sicherheit – und falls ja, wie genau sollte das Ihrer Meinung nach aussehen?

Mehrere Lösungsansätze schlagen wir vor:

1. Eine viel stärkere internationale Zusammenarbeit, insbesondere auf EU-Ebene, z.B. hinsichtlich gemeinsamer Datenbanken über Gefährder.

2. Verbesserung der Polizeikräfte, sowohl durch Anhebung der Personalstärke als auch durch bessere Ausrüstung.

3. Rechtliche Ausweitung der polizeilichen Möglichkeiten, darunter auch anlasslose Personenkontrollen.

Lennestadts Bürgermeister Stefan Hundt sagte kürzlich, in seiner Stadt sei das „Ankommen“ der Flüchtlinge geschafft. Jetzt müsse der Fokus auf die Integration der Menschen gelegt werden. Teilen Sie diese Ansicht? Und welche Potentiale sehen Sie für Gesellschaft und Arbeitsmarkt?

Ob das „Ankommen“ angesichts des beschlossenen Familiennachzugs wirklich geschafft ist, sei dahingestellt. Integration ist keine Einbahnstraße, sondern setzt das Wollen der Beteiligten voraus.  Dabei ist zunächst das Erlernen der deutschen Sprache unbedingte Voraussetzung. Eines ist aber auch  zu bedenken: Nach Wegfall des Aufenthaltsgrundes sind gerade Menschen, die hier eine Ausbildung genossen haben, für den Aufbau bzw. Wiederaufbau ihres Landes von wesentlicher Bedeutung. Gut ausgebildete und arbeitsfähige Menschen sind die wichtigste Ressource, gerade auch in wirtschaftlich schwächer entwickelten Ländern.
„Staat muss wissen, wer sich in seinem Land aufhält“
AfD, Pegida und besorgte Bürger: Seit der Flüchtlingskrise finden rechtspopulistische und offen fremdenfeindliche Thesen vermehrt Gehör und Verbreitung. Wie beurteilen Sie das?

Ich sage es hier ganz deutlich: Die AfD ist nicht offen und auch nicht verdeckt fremdenfeindlich und ist es auch nie gewesen. Jeder, der das behauptet, betreibt absichtlich Wählertäuschung oder wurde von unseren politischen Gegnern in die Irre geführt. Meine eigene Biografie (13 Jahre beruflich in Fernost, Ehefrau stammt aus Hongkong) schließt dies z.B.  auch völlig aus. Wogegen wir uns wenden, ist die unkontrollierte Einwanderung Hunderttausender, z.T. ganz ohne Identitätsfeststellung. Ein Staat muss wissen, wer sich in seinem Land aufhält, sonst kann er die Sicherheit seiner Bürger nicht gewährleisten.

Auch unsere Gegnerschaft zu Ehrenmorden, Kinderehen oder auch zur Vollverschleierung in öffentlichen Räumen hat nichts mit Fremdenfeindlichkeit zu tun.  Viele Bürger mit Migrationshintergrund wählen uns und sind sogar Mitglieder, auch bei uns im Kreisverband Olpe.

Welche Themen, die in diesem Interview bislang noch nicht angesprochen wurden, noch nicht genannt wurden, verfolgen Sie außerdem?

1.  Direkte Demokratie. Wir sind der Überzeugung, dass die demokratische Reife der Menschen in Deutschland nicht geringer ausgeprägt ist als diejenige anderer europäischer Nationen, bei denen es Volksabstimmungen („Referenden“) gibt.

2. Euro. Die Euro-Krise ist keineswegs gelöst und wird uns irgendwann nach der Wahl wieder massiv einholen. Durch die so genannte Euro-Rettung ist eine gigantische Umverteilung von Nord nach Süd ausgelöst worden, ohne dass es den Menschen in den südlichen Ländern dadurch merklich besser gehen würde (Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland bei 44%, in Spanien bei 39% und in Italien bei 36%).  Durch die Nullzinspolitik der europäischen Zentralbank sind bereits jetzt alle kapitalgedeckten Alterssicherungssysteme massiv gefährdet und auch Sparkonten praktisch nutzlos.

3. Mein ganz persönliches Ziel wäre die Mitarbeit im Haushaltsausschuss, mit dem Ziel, sinnlose bzw. schädliche Projekte zu beenden. Dazu gehört nicht zuletzt die „Genderforschung“.

Vervollständigen Sie abschließend folgenden Satz: Sie sollten in den Bundestag einziehen und den Wahlkreis 149 in Berlin vertreten, weil…

… im Bundestag eine Opposition gebraucht wird, die die wirklichen Missstände und Fehlentwicklungen beim Namen nennt und sinnvolle Vorschläge zu ihrer Behebung macht. In einer freien und offenen Debatte auf der Facebook-Seite des AfD-Kreisverbands Olpe hat mich ein Mitbürger, der dort eindeutig als vehementer Gegner unserer Partei auftritt, aufgrund meiner Äußerungen als „einigermaßen vernünftig“  bezeichnet, was ich von dieser Seite als großes Lob empfinde. Diese Vernunft möchte ich auch in Berlin einbringen.
Zur Person
Alter: 61

Wohnort: Wenden

Familienstand: verheiratet

Beruf: Kaufmännischer Leiter

Parteimitglied seit: 2015

Bisherige und aktuelle politische Ämter: innerhalb der AfD Mitglied im NRW-Landesfachausschuss Finanzpolitik, Sprecher des Kreisverbands Olpe

Politisches Vorbild: Ich halte es für etwas anmaßend, mich mit großen Politikern vergleichen zu wollen. Am ehesten fällt mir noch Ronald Reagan ein, dem es gerade wegen seiner klaren konservativen Haltung gelungen ist, ausgleichend zu wirken und politisch erfolgreich zu sein. Sein Aufruf an Michail Gorbatschow, die Berliner Mauer einzureißen, hat mich seinerzeit sehr bewegt.

Hobbys: Fußball (15 Jahre ehrenamtliche Tätigkeit im Verein), Radfahren

Ihre drei stärksten Eigenschaften: 1. Weltoffenheit, 2. Loyalität, 3. Sinn für Humor

Ihre drei Schwächen: 1. Versäumnis, während meiner Zeit in Asien die Muttersprache meiner Frau (kantonesisch) zu lernen. 2. Mangelnde handwerkliche Fähigkeiten. 3. Trage wenig zum Umsatz der Brauereien bei.
Artikel teilen: