Tobias Puspas: „Wir sind hier auf dem Land – und das soll auch so bleiben“

Interview, Teil 2


  • Lennestadt, 22.11.2020
  • Politik
  • Von Kerstin Sauer
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    Kerstin Sauer

    Redaktion

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„Auch im kleinen Dorf muss etwas Neues entstehen“, betonte Lennestadts Bürgermeister Tobias Puspas im Gespräch mit LokalPlus. von Nils Dinkel
„Auch im kleinen Dorf muss etwas Neues entstehen“, betonte Lennestadts Bürgermeister Tobias Puspas im Gespräch mit LokalPlus. © Nils Dinkel

Lennestadt. Passende Wohnangebote für Jung und Alt schaffen, gleichzeitig die ländliche Infrastruktur bewahren: Das möchte Lennestadts Bürgermeister Tobias Puspas. Was er sich sonst noch vorgenommen hat, erzählt er im Gespräch mit den LokalPlus-Redakteuren Wolfgang Schneider und Kerstin Sauer.


Lennestadt ist seit Jahren die Kommune mit dem größten Bevölkerungsschwund. Wie kann da gegengesteuert werden? 

Ich bin mir nicht sicher, ob das derzeit wirklich noch der Fall ist: Es gibt Zahlen, die zeigen, dass viele aufs Land zurückkehren. Trotz allem müssen wir alles dafür tun, dass die Menschen gerne hier leben. Wenn wir uns nach außen gut darstellen, haben Menschen von außen auch Lust, rein zu kommen. Da geht es zum einen um die Wohnmöglichkeiten. Ein besonderes Augenmerk muss darauf liegen, dass in der weiteren Bauflächenentwicklung auch Mehrfamilienhäuser mit schönen und bezahlbaren Wohnungen entstehen. Ich bin kein Freund davon, auf „Deubel komm raus“ Flächen zu versiegeln und riesige Neubaugebiete zu erschließen. Da möchte ich gerne an die Politik von meinem Vorgänger Stefan Hundt anschließen: Wir müssen genau gucken, wo wir Neubaugebiete zulassen. Stichwort Arbeit: Die Entwicklung in Lennestadt ist gut, wesentlich mehr Menschen pendeln rein als raus. Wir können gute Arbeitsplätze bieten. Auch sonst gibt es tolle Entwicklungen, beispielweise das Projekt DigiDocs. 

LokalPlus-Redaktionsleiter Wolfgang Schneider. von Nils Dinkel
LokalPlus-Redaktionsleiter Wolfgang Schneider. © Nils Dinkel

Im LokalPlus-Interview vor der Wahl haben Sie gesagt, Sie möchten die Vielfalt der Dörfer erhalten. Wie soll das gehen?

Ich möchte mich dafür einsetzen, dass wir nicht nur dort investieren, wo wir unsere Mittelzentren sehen. IKEK ist da eine gute Maßnahme: Wir fragen die Dörfer, was sie sich wünschen, und investieren dort – denn auch im kleinen Dorf muss etwas Neues entstehen. Ich möchte mich überregional dafür einsetzen, dass auch in kleinen Dörfern hier und da gebaut werden darf. Es ist schlimm, dass sich die Jugend für die Entwicklung ihres Dorfes einsetzt und schon jetzt weiß: Wir können eh nicht hier wohnen bleiben. Die Kinder des Dorfes müssen die Möglichkeit haben, auch dort alt zu werden. Nicht zu vergessen sind die Wohnformen des Alters: Auch für die Senioren müssen bezahlbare und altersgerechte Möglichkeiten geschaffen werden, dass sie in Würde leben und altern dürfen. 

Und wie sieht es mit der Vielfalt im Einzelhandel, in der Gastronomie und Kultur aus? Corona bedingt mussten die ersten Geschäfte ja schon schließen – was kann die Lokalpolitik machen?

Wichtig ist, mit denen, die Ideen haben, ins Gespräch zu kommen. Meiner Meinung nach ist das Stadtmarketing der Dachverband, der die Akteure – zum Beispiel aus den Werbegemeinschaften – zusammenbringen muss. Man muss genau schauen: Was wollen wir zulassen in den leeren Ladenlokalen? Ideen und Vorschläge müssen gesammelt, Gespräche geführt werden, Kontakte vermittelt werden. 

 von Nils Dinkel
© Nils Dinkel

Sie wünschen sich, dass Ihre Töchter so aufwachsen wie Sie früher. Mit Blick auf Themen wie Klimawandel, Digitalisierung und ähnliches: Ist das überhaupt möglich?

Wir müssen einfach hinnehmen, dass es Entwicklungen gibt, die nicht aufzuhalten sind. Trotzdem müssen wir alles dafür tun, dass wir auch ein ländlicher Raum bleiben. Nicht zentrumsorientiert denken und versuchen, alles nah zueinander zu kriegen, so dass wir in einigen Jahren eine Großstadt sind. Das sind wir nicht, wir sind hier auf dem Land – und das soll auch so bleiben. Die Infrastruktur in den Dörfern sollte weiter entwickelt werden. Das betrifft auch das Thema Schulen: Da, wo noch Schule stattfindet, sollte es auch so bleiben. Das ist vielleicht nicht wirtschaftlich immer die günstigste Variante, aber für mich gehört es mit dazu, das Dorfleben zu erhalten. Wenn wir jetzt die Chance haben, die Vielfalt zu erhalten, dann möchte ich mich auch dafür einsetzen.


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