„Midnight Traveler“: Hassan Fazili filmt dreijährige Flucht aus Afghanistan
Teil 1: Preisgekrönter Dokumentarfilm
- Lennestadt, 24.10.2020
- Von Christine Schmidt
Altenhundem. Er ist mit seiner Familie angekommen. Nach drei Jahren Flucht. Die Taliban hatten Hassan Fazili in Afghanistan mit dem Tod gedroht. Mit seiner Frau und seinen zwei kleinen Töchtern machte er sich auf den Weg Richtung Deutschland, lebt im Moment in Altenhundem. Mit dem Handy filmte er den Alltag, daraus entstand sein Dokumentarfilm „Midnight Traveler“ – inzwischen ausgezeichnet mit unzähligen Filmpreisen. Mit LokalPlus sprach die Familie über die Erlebnisse.
Sicherheit. Ein Gefühl, dass die Familie in ihrer Heimat Afghanistan nicht mehr hatte. Hassan Fazili und seine Frau Fatima waren dort Filmemacher. Sie produzierten Filme über Menschen- und vor allem Frauenrechte sowie einen Film über einen ehemaligen Taliban, der einen Friedensdeal mit der Regierung eingegangen ist.
Hassan Fazili erhält die Nachricht, dass die Taliban hinter ihm her seien. Seine Stimme im Gespräch erhebt sich, als er die Worte wieder gibt: „Hassan, die wollen dich umbringen. Du musst Afghanistan sofort verlassen.“ Aus Afghanistan zu fliehen sei unmöglich, „dort ist es wie im Knast“, sagt der Vater von zwei Töchtern. Und doch beginnt im April 2015 die dreijährige Flucht der Familie.
Dort gibt es keinen legalen Grund, in Asyl zu kommen. Nach unzähligen Anträgen, Ablehnungen und Hoffnung weiß die Familie, dass sie nur über den illegalen Weg nach Deutschland kommen kann. „Wir wussten, dass es gefährlich wird. Aber es war keine Option, hier zu bleiben“, erinnert sich der 40-Jährige.
Szenen voller Emotionen – negativ wie positiv. Szenen, die den „Alltag“ der Familie zeigen: Voller Freude tanzt die heute 13-jährige Nargis zu dem Song „They don't care about us“ von Michael Jackson, Mutter Fatima lernt Fahrrad fahren und die kleine Zahra strahlt, als sie im Karussel sitzt.
In einem anderen Moment findet die Familie keinen Platz in einer Unterkunft, muss auf Kartons in einer Bauruine schlafen, nächtigt vier Tage mit anderen Flüchtlingen im Wald oder wird in Ungarn drei Monate hinter Stacheldraht untergebracht.
In den Rollen als Vater und Filmemacher zu wechseln, sei für ihn oft eine Qual gewesen: „Muss ich meinem Beruf nachgehen oder meine Kinder schützen?“ Diese Frage habe ihn oft zur Verzweiflung gebracht.
Der Film gibt der Familie in den langen Monaten der Flucht Hoffnung, Halt und irgendwie ein gutes Gefühl. Sie wollen andere Menschen an ihrer Geschichte Teil haben lassen. In „Midnight Traveler“ erzählt Hassan Fazili nicht wie sonst über das Leben anderer, sondern über sein Leben und sein Schicksal.
Lest am Sonntag, 25. Oktober, bei LokalPlus, wie es für die Familie in Deutschland weiter ging, wie sie heute lebt und wie die Dokumentation ihr Leben veränderte.