"Meine Zeit als Schulleiter ist einfach vorbei"

Gerd Ewers wird am heutigen Mittwoch, 24. Juni, von Kollegen und Schülern der Lessing-Realschule in den Ruhestand verabschiedet


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Die Tage an seinem Schreibtisch sind gezählt - und Gerd Ewers blickt voller Vorfreude in die Zukunft. von Kerstin Sauer
Die Tage an seinem Schreibtisch sind gezählt - und Gerd Ewers blickt voller Vorfreude in die Zukunft. © Kerstin Sauer

„Es war eine schöne Zeit.“ Gerd Ewers denkt gerne an seine Jahre als Lehrer und Schulleiter zurück. Viel hat er erlebt, viel gesehen, einige Kämpfe ausgestanden und noch mehr schöne Momente erlebt. Doch diese Zeit ist jetzt vorbei: Am heutigen Mittwoch wird der 63-Jährige von seinen Kollegen und Schülern der Lessing-Realschule Grevenbrück verabschiedet. LokalPlus sprach mit Gerd Ewers über seine Vergangenheit, die Gegenwart – und natürlich die Zukunft.


Ein Klischee kann der Welschen Ennester nicht bedienen: „Ich wusste nicht schon immer, dass ich Lehrer werden wollte“, sagt er mit einem Lächeln. Entspannt sitzt er in seinem Büro am großen runden Tisch, lehnt sich zurück, antwortet freundlich und immer mit einem Lachen im Gesicht auf die Fragen. Was waren denn sonst seine Berufspläne? „Mal dieses, mal jenes. Tierarzt war auch mal dabei“, sagt er und grinst: „Gut, dass ich das nicht gemacht habe.“
Mathe und Biologie
Letztlich entschied sich der Abiturient Gerd Ewers, Lehrer zu werden. Studierte in Siegen Mathe und Biologie als Lehrer für Grund- und Hauptschule und absolvierte sein Referendariat an der Hauptschule in Kirchhundem. Nach dem zweiten Staatsexamen wurde er an die Realschule nach Finnentrop versetzt – und fühlte sich dort so wohl, dass er nebenbei noch weiter studierte und sein Examen für die Sekundarstufe I machte. Eine harte Zeit, erinnert er sich: „Seminare, Scheine, Prüfungen – und das alles neben der Arbeit.“ Aber dieses Examen war die Voraussetzung, um an der Finnentroper Realschule zu bleiben – und das wollte Gerd Ewers.
Konrektor
Bereits Anfang 1987 wurde er Konrektor der Schule. Schon ein Jahr später dann der Wechsel: Gerd Ewers bewarb sich auf die Stelle als Schulleiter an der Lessing-Realschule in Grevenbrück. Und hatte Erfolg. „Die Perspektive, Schulleiter zu werden, war für mich schon immer eindeutig“, sagt der 63-Jährige. Ob er auch heute noch diese Bewerbung geschrieben hätte? „Lehrer würde ich auf jeden Fall nochmal werden“, betont Ewers. Aber: „Ob ich mich nochmal als Schulleiter bewerben würde, das weiß ich nicht.“
Verändertes Berufsbild
Denn, so fährt er fort, das Berufsbild des Schulleiters habe sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm verändert: „Der Schulleiter von heute hat bedeutend mehr Aufgaben und Verantwortung“, sagt er. 27 Jahre lang lenkte Gerd Ewers die Geschicke der Lessing-Realschule in Grevenbrück. Organisierte das Kollegium, teilte Klassen ein, erstellte die Unterrichtsverteilung und hatte immer ein offenes Ohr für die Belange der Kollegen und derzeit 300 Schüler. „Insgesamt war es seine sehr gute Zeit“, sagt er und blickt zufrieden auf die vergangenen Jahre zurück.
Nicht immer einfach
Natürlich sei der Weg auch manchmal holprig gewesen, sagt er und verweist auf die drohende Standortschließung vor einigen Jahren: Weil eine Sekundarschule gegründet werden sollte, schien eine reine Realschule überflüssig. Die Eltern waren daraufhin so verunsichert, dass im Jahr 2013 die Anmeldezahlen stark zurück gingen - es konnte keine Schuleingangsklasse gegründet werden. Allen war klar: Die Zeit der Lessing-Realschule ist abgelaufen. Mit der Verbindung zwischen den Sekundarschulen Meggen und Kirchhundem gab die Bezirksregierung der Lessing-Realschule doch noch eine Chance. Gerd Ewers erinnert sich: „Wir hatten mit dem Thema schon abgeschlossen. Doch Anfang 2014 kam dann der unvorhersehbare Schwenk: Man gab unserem Standort eine Bestandsgarantie.
Werbung für die Schule
Innerhalb kürzester Zeit stemmten wir einen Tag der offenen Tür aus dem Boden und machten in jeder erdenklichen Art Werbung für unsere Realschule.“ Mit Erfolg: Für das Schuljahr 2014/2015 meldeten sich so viele Schüler an, dass zwei Klassen eröffnet werden konnten. Und in diesem Jahr? Wieder dieses sympathische Lachen: „Wir haben 76 Anmeldungen“, sagt Gerd Ewers stolz. „Damit können wir drei Klassen bilden.“ Somit ist die Lessing-Realschule die einzige und gleichzeitig die älteste Realschule in öffentlicher Trägerschaft im Kreis Olpe, die weiter läuft. Und trotzdem betont er auch noch heute: Diese Zeit des Kämpfens hat unglaublich viel Kraft gekostet.
"Es läuft rund"
Doch der Erfolg macht dem 63-Jährigen den Abschied um vieles leichter: „Ich weiß, dass es hier rund läuft. Und dass die Schulform Realschule bleiben wird.“ Auch wenn ihm die Arbeit mit den Schülern immer viel Freude bereitet habe, und auch wenn ihm die Organisation des Schulalltags fehlen wird- Gerd Ewers blickt zufrieden in die Zukunft. „Ich sehe es rational“, sagt er lächelnd. „Meine Zeit als Schulleiter ist einfach vorbei.“ Angst vor Langeweile im „Unruhestand“ hat der 63-Jährige nicht: „Ich habe noch keine festen Pläne und lasse die Zukunft in Ruhe auf mich zukommen.“ Seine Frau, die drei Kinder und fünf Enkel hingegen freuen sich, wenn das Familienoberhaupt in den Ruhestand geht. Und dass er genug zu tun haben wird, da ist sich Gerd Ewers sicher: „Im Oktober kommen die Enkel sechs und sieben“, sagt er strahlend.
Überraschung
Was ihn am heutigen Mittwoch beim offiziellen Abschied erwartet, das weiß Gerd Ewers noch nicht: Seine Kollegen und die Schüler richten den Tag aus. Und ihr Chef lehnt sich abwartend zurück. Es kommt, wie es kommt – auch im Ruhestand.
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