Kampfjet-Absturz in Altenhundem: „Mir stockte der Atem und ich rief nur noch: Alles auf den Boden!“
Augenzeuge erinnert sich an Unglück vor 55 Jahren
- Lennestadt, 12.06.2019
Altenhundem. „Einer großen Katastrophe entging Altenhundem am 12. Juni 1964. Gegen 10 Uhr stürzte ein holländischer Düsenjäger in der Nähe des Gymnasiums ab. Kurz vor dem Absturz bemerkte der Pilot noch das nahe gelegene Gymnasium und korrigierte die Flugrichtung. Kurz nach dem Absturz wurde Großalarm für die Wehren des Kreises ausgelöst.“ So wird der Kampfjet-Absturz, der heute vor 55 Jahren geschah, auf der Internetseite der Feuerwehr Altenhundem beschrieben.
Wolfgang Klein aus Elspe war damals Schüler am Städtischen Gymnasium. Seine Erinnerungen an den Unglückstag hat er vor kurzem niedergeschrieben und LokalPlus zur Verfügung gestellt. Hier sein Augenzeugenbericht:
So auch an diesem verhängnisvollen Freitagmorgen, dem 12. Juni 1964, der uns im Klassenraum im obersten Stockwerk des Außengebäudes verbleiben ließ. Die Uhr an der Wand zeigte 10 Uhr und noch was. Wir saßen zu viert auf unseren Plätzen (Eddi, Günter, Rudi und ich) und jeder war mit seinem Fach beschäftigt, um sich für die nächsten drei Stunden wenigstens noch ein bisschen fit zu machen.
Dann sah ich die Maschine nur noch wie im Zeitraffer. Sie war jetzt in Höhe der Kirche zwischen Uhr und Turm. Ich konnte den Piloten mit seinem Helm erkennen. Im selben Moment zog er die Maschine hoch, um sie in einer Linkskurve an unserem Schulgebäude vorbei und über den Berg zu bekommen. Er muss gesehen und erkannt haben, dass vor ihm eine Menge Menschen auf dem Schulhof waren.
Dann war er auch schon in Augenhöhe an uns vorbei und ich konnte nur noch denken, wenn man das Denken nennen kann, dass er „über'n Berg ist“. Doch augenblicklich erschütterte eine Riesendetonation uns, das Schulgebäude und den Biertappen. Viele Fensterscheiben im Umkreis des Unglücksortes zersplitterten. Auch in der Hundemstraße, unten im Ort am Bahnkörper, gab es viele Schaufensterscheiben, die durch die Detonation und die Druckwelle zerborsten waren.
Wir bekamen die Order, auf dem schnellsten Wege nach Hause zu fahren bzw. die Eltern zu informieren, dass uns nichts passiert ist. Meine Mutter erzählte mir später, dass sie mindestens 30 Bekannte angerufen habe, um zu erfahren, was geschehen war. Die Detonation muss wohl über fünf Kilometer weit gehört und gespürt worden sein.
Per Zufall oder auch nicht entdeckte ich am Bahnhof meinen Vater, der in Altenhundem zu tun hatte. Er drückte mich und sagte nur: „Steig ein, Mutti erwartet uns!“ Auf der Fahrt nach Elspe haben wir schweigend nebeneinander gesessen. Das waren 20 stumme Minuten, die ich lange nicht vergessen habe. Ich konnte ihm nichts erzählen. Kopflos, schockiert, traumatisiert oder einfach wort- und gedankenlos, ich weiß es nicht mehr.