Geburt und Sterben Hand in Hand: Weihnachten im St.-Elisabeth-Hospiz
Mutter und Tochter erzählen von einem besonderen Zauber
- Lennestadt, 24.12.2024
- Verschiedenes
- Von Kerstin Sauer

Altenhundem. Wenn an Weihnachten viele Familien ihre Zeit gemeinsam unter dem Weihnachtsbaum verbringen, werden auch Silvia Hille (57) und ihre Tochter Kristin Stahl (29) zusammen sein. Nein, nicht unter dem Weihnachtsbaum, sondern im Dienst: Die beiden arbeiten im St.-Elisabeth-Hospiz in Altenhundem. Und wissen: „Das Weihnachtsfest ist hier ganz besonders.“

Weihnachten wird in der christlichen Kirche die Geburt Jesu gefeiert. Im Hospiz hingegen werden Gäste betreut, deren Lebensweg sich dem Ende zuneigt. Geburt und Sterben – passt das zusammen? „Absolut“, antworten Silvia Hille und Kristin Stahl sofort. Bei beidem sei ungewiss, was danach kommt – und in beiden Fällen gehe man in eine andere Daseinsebene über. „Es kommt etwas Neues auf uns zu“, sagt Silvia Hille.
Neun Gäste wohnen derzeit im Hospiz, werden von den Mitarbeitern gepflegt und versorgt, ihnen wird Aufmerksamkeit und Zeit geschenkt. Etwas, dass für Mutter und Tochter nicht immer selbstverständlich war.

Seit mehr als 25 Jahren arbeitet Silvia Hille im St.-Elisabeth-Hospiz. Die gelernte Krankenschwester war früher auf der Chirurgie-Station tätig, wechselte nach der Geburt ihrer Zwillinge ins Hospiz. Und musste sich erstmal umgewöhnen: „Früher ging es darum, das Leben des Patienten zu retten und sie gesund zu pflegen. Hier“, sie blickt über den ruhigen Flur und die geschlossenen Türen, „wissen wir, dass sie nicht mehr genesen.“
Die individuellen Wünsche der Gäste, beispielsweise bei der Gestaltung des Tages und auch der Nacht sowie die Essgewohnheiten, stehen im Mittelpunkt. Und darauf eingehen zu können, das sei etwas ganz Besonderes: „Wir verbringen viel Zeit mit unseren Gästen. Und da jeder in einem Einzelzimmer liegt, können wir offen miteinander sprechen und kommen uns so näher.“

Ihre Tochter Kristin kann das nur bestätigen: Vor anderthalb Jahren wechselte sie aus der Altenpflege in das Hospiz, das sie durch die Arbeit ihrer Mutter schon gut kannte. Und hat diesen Schritt noch nie bereut: „Es ist ein angenehmes Arbeiten.“ Aber täglich mit dem Thema Tod konfrontiert werden – ist das für eine 29-Jährige nicht belastend? Kristin Stahl lacht: „Nein. Ich habe schon immer gerne palliativ gearbeitet. Hier können wir den Menschen – auch wenn ihr Leben bald zu Ende ist – nochmal so viel Gutes tun, ihr Leiden verringern und dem Gast sowie seiner Familie zur Seite stehen.“

Das Thema Tod war weder für Mutter noch für Tochter jemals abschreckend. „In meiner Kindheit wurden Verstorbene noch zu Hause aufgebahrt. Da gab es keine Berührungsängste“, berichtet Silvia Hille. Und auch Kristin hat nur gute Erinnerungen an ihren ersten Kontakt mit dem Tod: „Mein Opa starb im Hospiz. Er lag da, in seiner Lieblingskleidung, und die Leiterin drückte mir einen Bronzeengel in die Hand – das hat mich nachhaltig berührt.“

Besondere Momente wie diese erleben Mutter und Tochter auch immer wieder bei ihrer Arbeit. So erinnert sich Kristin Stahl an den Mann, der im Sterben immer ein Kreuz in der Hand hielt. Nach seinem Tod legte die junge Frau ihm das Kreuz in die Hosentasche – eine Geste, für die dessen Lebensgefährtin bis heute unglaublich dankbar ist.
Und die schweren Momente? Nicht einfach sei es mit anzusehen, wenn der Leidensdruck eines Gastes sehr hoch ist. „Das ist schwer zu ertragen“, sagt Silvia Hille. Doch auch hier finden die Mitarbeiter immer Wege, dem Gast zu helfen.


Es ist immer ganz besonders im St.-Elisabeth-Hospiz Altenhundem. Und in der Weihnachtszeit vielleicht noch ein wenig besonderer. Mit der Dekoration und den vielen Lichtern ziehe ein besonderer Zauber ein. Wenn dann an Heiligabend noch Musik hinzukomme, werde es oft emotional, erzählen Mutter und Tochter. So wie bei dem Blasensemble, das seinen Freund nochmal besuchen wollte - und letztlich auf dem Flur für alle spielte.
Feste Weihnachtsrituale gibt es nicht, das sei schwierig, weil jeder Gast auf seine Weise freudig oder traurig gestimmt sei. Aber eins hat jedes Weihnachtsfest gemeinsam: „Es ist eine sentimentale Zeit. Manche Gäste werden etwas melancholisch, denn sie wissen: Es ist das letzte Weihnachtsfest, das ich erlebe.“

