Grevenbrück. Das Exponat des Monats März im Museum der Stadt Lennestadt ist ein Petschaft, ein Siegelstempel, mit der Gravur „Chemische Fabrik Grevenbrück Ruhr Siegbahn“.
Die Chemische Fabrik an der Bahnstrecke in Grevenbrück war ein Bauprojekt, das bereits in der Gründungsphase in den 1870er Jahren die Gemüter erhitzte.
Ein reiches Vorkommen natürlicher Bodenschätze wie Eisenerz, Schwefelkies und Kalkstein hatte die Region des südlichen Sauerlandes ab Mitte des 19. Jahrhunderts vermehrt auch für Großindustrielle attraktiv gemacht. Nachdem 1861 die Bahnstrecke von Hagen nach Siegen offiziell in Betrieb genommen werden konnte und Teile Lennestadts plötzlich ans Schienennetz angebunden waren, eröffneten sich ganz neue Möglichkeiten des Exports.
Da der Bedarf an Schwefelkies groß war, überrascht es nicht, dass sich Graf Friedrich von Landsberg-Velen diese Entwicklung mit dem Bau einer Fabrik zur chemischen Weiterverarbeitung der Abbauprodukte zunutze machen wollte. Allen Protesten zum Trotz konnte die Gräflich Landsberg’sche Chemische Fabrik nach förmlicher Baubewilligung vom 21. März 1873 im Jahr 1874 in Grevenbrück eröffnen, eine stolze offizielle Benachrichtigung von Seiten des Grafen vom 10. März 1875 verkündet die erfolgreiche Inbetriebnahme.
Aus den ehemaligen Beständen der Chemischen Fabrik stammt das Exponat des Monats März (Leihgabe des Heimatvereins Grevenbrück), ein Petschaft mit deutlich abgenutztem Holzgriff und oval geformtem Metallkopf. Im Kopf befindet sich eine Gravur mit kleinen Schmuckelementen (u.a. zwei seitlich eingebrachten Sternen) zum Einbringen in Siegellack oder –wachs.
Die Auswahl des Schriftzuges belegt die enge Verbindung der Produkte aus der Chemischen Fabrik mit der Eisenbahnverbindung Richtung Hagen und Siegen.
Derartige Siegelstempel, Petschafte, dienen zur Authentifizierung wichtiger geschäftlicher Dokumente. Gerade bei der Verwendung von Siegellack statt -wachs konnte mit ziemlicher Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das Briefgeheimnis gewahrt blieb, denn diesen konnte man im Gegensatz zu Wachs nicht ohne Weiteres wieder spurlos verschließen.
Heute werden moderne Petschafte vor allem in Projekten mit hoher Geheimhaltungsstufe, beispielsweise beim Militär, genutzt und sind deutlich kleiner als ihr im Museum vorgestellter historischer Vorgänger.
Das Exponat des Monats kann beispielsweise am Museums-Sonntag, 1. März, zwischen 14 und 17 Uhr im 1. OG besichtigt werden. Auch das Team der Webstube wird wieder historische Handwerkstechniken zeigen.