Ein farbenfrohes Paradies im Keller: Der Theater-Fundus des GymSL

Zu Besuch bei Kostümschneiderin Cordula Aßmann


  • Lennestadt, 18.08.2021
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Kostümschneiderin Cordula Aßmann im Fundes des Gymnasiums. In der Hand hält sie ein Kleid, das schon oft und gerne bei den zahlreichen Aufführungen der Schule getragen wurde. von Kerstin Sauer
Kostümschneiderin Cordula Aßmann im Fundes des Gymnasiums. In der Hand hält sie ein Kleid, das schon oft und gerne bei den zahlreichen Aufführungen der Schule getragen wurde. © Kerstin Sauer

Altenhundem. Glitzernde Abendroben. Knallbunte Ensembles. Ausladende Reifröcke und berüschte Brautkleider. Ein simpler Kellerraum, aber keine Frage: Dieser Ort ist ein Paradies für Theater-Fans und Kostüm-Liebhaber. Zu Besuch im Fundus des Gymnasiums der Stadt Lennestadt.


Es ist früh am Morgen. Im Foyer des GymSL trudeln nach und nach die 40 jungen Leute ein, um wieder für die Aufführung der Operette „Im weißen Rössl“ zu proben. Sie steigen in ihre Kostüme, schmücken sich mit diversen Accessoires.

Expertin für alles

Mittendrin: Cordula Aßmann. Die Kirchhundemerin ist für die Kostüme zuständig, kennt jede Rolle und das dazugehörige Outfit. Kein Wunder, hat sie doch einen Großteil selbst entworfen und geschneidert. „Cordula, hier fehlt ein Knopf!“ - „Das Kleid ist durchsichtig!“ - „Die Corsage passt nicht!“ Mädchen für alles? Nein: Expertin für alles. Ruhig und gelassen beantwortet sie Fragen, sucht Lösungen, beruhigt aufgeregte Gemüter.

Ein Kleid ist zu klein? Kein Problem: Dann wird ein Einsatz hinein genäht. von Kerstin Sauer
Ein Kleid ist zu klein? Kein Problem: Dann wird ein Einsatz hinein genäht. © Kerstin Sauer

Seit 2011 ist Cordula Aßmann für die Kostüme verantwortlich, die bei den großen Aufführungen der Schule getragen werden. „Die Zauberflöte“, „Der Zigeunerbaron“, „Die Hochzeit des Figaro“ – im engen Austausch mit der musikalischen Leiterin Christa Maria Jürgens stellt sie die Kostüme zusammen. Da ist oft Kreativität gefragt, wie die Kirchhundemerin erzählt: „Der Kofferträger brauchte eine Weste. Wir haben kurzerhand eine Damenweste mit glitzernden Goldknöpfen verziert – fertig.“

Die Kosten immer im Blick

Dabei hat Cordula Aßmann immer das Budget im Blick: Sparsam forscht sie im Internet, fragt im Freundes- und Bekanntenkreis oder überlegt, welche Dinge man zweckentfremden kann. Da wird günstige Bettwäsche zu Vorhängen, aus Packdecken werden Westen, Röcke und Hosen für den Chor, ein Sheriff-Stern wird zum Kaiser-Orden. Cordula Aßmann greift nach der Uniform-Jacke des Kaisers und zeigt auf die goldenen Ärmelaufschläge: „Die Jacke ist eine Kochjacke, die Aufschläge sind aus Geschenktüten entstanden“, erzählt sie lachend.

Improvisation ist das Zauberwort: Cordula Aßmann steckt viel Zeit, Energie und Herzblut in die aufwändigen Kostüme der GymSL-Aufführungen. Dabei sieht sich die gelernte Bekleidungstechnikerin vor allem als „kreativer Handwerker“: aus Alt mach Neu, hier ein wenig kürzen, dort ein wenig umfunktionieren – und schon entstehen wieder die fantastischen Verkleidungen, die bei den Aufführungen regelmäßig für Begeisterung sorgen.

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Über die Jahre und die zahlreichen Stücke hinweg haben sich dementsprechend viele Kostüme angesammelt, wie Cordula Aßmann im Keller des Gymnasiums zeigt. Zielstrebig geht sie auf die schwere Kellertür zu, öffnet sie und tritt ein in ihr farbenfrohes Reich. Aufgebaut in vielen Jahren, mit der Zeit und mit jedem neuen Stück gewachsen, ist hier der Theaterfundus der Schule untergebracht.

Prächtige Kleider und glitzernde Roben

„Entstanden ist er beim ‚Zigeunerbaraon‘: Um möglichst viele Kleider für die Ballszene zu bekommen, haben wir einen Aufruf gestartet – und der Rücklauf war Wahnsinn“, erzählt Cordula Aßmann und deutet auf eine lange Kleiderstange. Prächtige Kleider mit Rüschen und in den leuchtensten Farben hängen dort, Glitzer-Applikationen an den Ausschnitten, Knöpfe am hochgeschlossenen Kragen.

Auf Zetteln sind die Größen und die Aufführungen vermerkt. Und wenn ein Kleid so gar nicht passt? „Kein Problem“, sagt die Expertin und deutet auf den Rücken eines Kleides, der mit einem Stoffeinsatz erweitert wurde.

Tricksen, wo es nur geht

Es wird getrickst, wo es nur geht. Ärmel werden abgenommen und Rüschen dran gesetzt. Widerspenstige Reifröcke werden mit Klebeband im Zaum gehalten. Geschenkbänder verwandeln sich in Borden und Weihnachtsbaumkugeln in glitzernde Bommeln an der Sandmannmütze.

Cordula Aßmann zeigt auf eine weitere Kleiderstange, an der noch mehr Abendkleider hängen. „Das tat mir in der Seele weh“, gibt sie zu, als sie einen langen weißen Rock herauszieht: „Wir brauchten dringend lange Röcke, da mussten wir die Oberteile der Kleider abtrennen.“ Im Notfall, erklärt sie dann, könne man aber jede Änderung wieder rückgängig machen.

Gemeinsam mit Christa Maria Jürgens überlegt Cordula Aßmann, wie die Kostüme aussehen könnten. Ihre Ideen notiert sie sich auf Skizzen wie diesen. von Kerstin Sauer
Gemeinsam mit Christa Maria Jürgens überlegt Cordula Aßmann, wie die Kostüme aussehen könnten. Ihre Ideen notiert sie sich auf Skizzen wie diesen. © Kerstin Sauer

Ein riesiger Theaterfundus, genau sortiert nach Größen, Farben, Kleidungsstücken und Zubehör. In einem Kleiderschrank stapeln sich etliche Kartons, jeder genau beschriftet mit Hinweisen auf den Inhalt. Cordula Aßmann hat mit Unterstützung von Vanessa Wilkniß im Jahr 2020 den Fundus inventarisiert und neu geordnet. Damit sie bei der nächsten GymSL-Aufführung genau weiß, wo sie was suchen muss, wo sie was zweckentfremden, ändern oder anpassen kann.

Viele Stunden und noch mehr Begeisterung investiert die gelernte Damenschneiderin in jede Oper oder Operette, ist Kostümschneiderin, Seelentrösterin, Handwerker und Expertin für alles. Aber – wird es nicht manchmal alles zuviel? Die Antwort kommt prompt und herzlich: „Nein. Diese Arbeit macht mir einfach nur Freude.“

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