„Das konnte doch keiner ahnen“: Geschichten hinter Gefängnismauern

Michael Decker schreibt eigenes Buch


  • Lennestadt, 17.08.2023
  • Verschiedenes
  • Von Christine Schmidt
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Michael Decker hat sein eigenes Buch „Das konnte doch keiner ahnen“ geschrieben. von Tine Schmidt
Michael Decker hat sein eigenes Buch „Das konnte doch keiner ahnen“ geschrieben. © Tine Schmidt

Altenhundem. Lustig, rührend, zum Nachdenken und manchmal auch herzzerreißend: Michael Decker aus Altenhundem hat sein eigenes Buch „Das konnte doch keiner ahnen“ herausgebracht. Mit Geschichten aus seinem Leben. Geschichten, die am Ende alle eins sind – unvorhersehbar.


Kleine U-Boote, die aus der Babywindel schießen, ein fast ertrunkener Häftling oder die erste Berührung mit einem faltigen Hinterteil – das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den einzelnen Kurzgeschichten, die das Leben von Michael Decker schreiben. Und bis auf eine sind sie alle in seiner Heimat, im Sauerland, passiert und aus dem täglichen Leben.

„Ich habe irgendwann mal angefangen alles aufzuschreiben, was ich erlebt habe und was so in meinem Alltag passiert ist“, erzählt Michael Decker. Der 51-Jährige wohnt in Altenhundem, arbeitet seit 30 Jahren als Justizvollzugsbeamter in Attendorn, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Lieber ein Buch statt den Ferrari

„Jeder hat ja im Leben einen Traum“, so der Familienvater. „Die einen wollen einen Ferrari fahren, ich wollte schon immer ein Buch schreiben.“ Er erzählt, wie fasziniert er von der deutschen Sprache ist und wie man damit spielen könne.

Außerdem wollte er etwas erschaffen. Etwas Eigenes, auf das er, aber auch seine Kinder und irgendwann Enkel blicken können. Michael Decker machte als junger Mann noch eine Ausbildung zum Krankenpfleger in der JVA.

Michael Decker machte damals noch eine Ausbildung zum Krankenpfleger in der JVA. Damit startet sein Buch. von privat
Michael Decker machte damals noch eine Ausbildung zum Krankenpfleger in der JVA. Damit startet sein Buch. © privat

Krankenpfleger und Justizvollzugsbeamter seien beides tolle Berufe, aber am Ende des Tages habe er dadurch nichts Eigenes erschaffen. „Deswegen war mein großes Ziel, alles miteinander zu verbinden – in einem eigenen Buch.“

Arbeiten hinter Gefängnismauern. Ein spannender Bereich, der nicht für jeden zugänglich ist und der viele Geschichten bereithält – sowohl lustige als auch traurige. So erfährt der Leser auf unterhaltsame Art von Verstecken hinter Gittern, aber auch eine persönliche Geschichte eines Häftlings findet Platz – Storys zum laut Loslachen, Storys, die einem Gänsehaut bereiten.

Schreiben, um zu verarbeiten

Genau diese kleinen und großen Geschichten aus seinem beruflichen Alltag, aber genauso aus seinem Leben, schrieb der 51-Jährige immer wieder handschriftlich auf. Anfangs nur für sich. Teilweise auch, um Erlebtes hinter den Gefängnismauern zu verarbeiten. „Meine Geschichten fanden irgendwann die richtigen Leute“, so Decker.

Sie wollten mehr davon. „Sie haben gelacht, sie haben Tränen verdrückt. Offenbar konnte ich mit meiner Schreibe Gefühle bei anderen auslösen. Warum sollte ich dann die Geschichten für mich behalten?“

Situationen werden anders wahrgenommen

Er trug in drei Jahren alles Erwähnenswerte, das ihm in seinem Leben passiert ist, zusammen. „Ich gehe voll darin auf“, schwärmt Decker und lächelt. „Wenn ich eine Idee habe, schreibe ich mehrere Stunden und kann mich völlig darin verlieren.“

Das Schreiben habe ihm geholfen, manches Mal über das Geschehene nachzudenken und sein eigenes Handeln zu überdenken. „In manchen Momenten funktioniert man nur. Schreibe ich hinterher auf, was passiert ist, wird mir die Situation manchmal erst richtig bewusst.“

Absoluter Ausnahmezustand

So schreibt Decker auch vom Schützenfest und merkte selbst erst im Nachhinein, was an diesem besagten Wochenenden passiert ist. Mit schönen, detaillierten und lustigen Ausdrücken beschreibt der Autor sein Erlebtes. So wird das Schützenfest unter anderem beschrieben mit den Worten „Die Menge jubelt, schießt Fotos zur Erinnerung und betrinkt sich. Absoluter Ausnahmezustand für die Landbevölkerung.“

In seinem autobiografischen Roman hat Decker nur Kurzgeschichten verfasst. Es entspreche genau seiner Vorstellung. „Ich mag die leichte Unterhaltung. Es sollte etwas sein, das man auch vor dem Schlafengehen noch lesen kann. Etwas, an dem man nicht lange festhält, kein dicker Wälzer.“

„Alles erreicht“

Und die Resonanz bislang sei durchweg positiv. Ob Familie, Freunde, aber auch Kollegen – manch einer habe mit Tränen vor seiner Haustür gestanden. Die Verkaufsmenge sei bereits dreistellig und das habe all seine Erwartungen komplett übertroffen, so der 51-Jährige.

Aber das Wichtigste für ihn ist, dass seine liebsten Menschen das Buch im Regal und damit ein Werk für immer haben. „Damit habe ich schon alles erreicht, was ich wollte“, so Michael Decker ergriffen. „Dass es so gut läuft, konnte auch keiner ahnen.“

Info

Erhältlich ist das Buch in der Buchhandlung Hamm in Altenhundem und in der Buchhandlung Frey in Attendorn.

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