Baustelle in Grevenbrück: Geduldsprobe, Notwendigkeit und Verkehrschaos

Vor-Ort-Reportage


  • Lennestadt, 30.06.2018
  • Von Christine Schmidt
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In Grevenbrück ist die Kölner Straße nur halbseitig befahrbar. von Sina Schneider
In Grevenbrück ist die Kölner Straße nur halbseitig befahrbar. © Sina Schneider

Grevenbrück. Die Fensterscheiben sind runtergekurbelt, Autofahrer stützen gelangweilt ihren Kopf auf ihre Hand, die Motoren der Autos laufen. Wann wird die Ampel endlich grün? Zweieinhalb Minuten warten. Zweieinhalb Minuten in der Schlange an der Baustelle in Grevenbrück. Eine tägliche Geduldsprobe für Verkehrsteilnehmer, aber auch für Anwohner und Geschäfte. Eine Mischung aus Geduldsprobe, Notwendigkeit und Verkehrschaos.


Seit Anfang April wird an der Kölner Straße in Grevenbrück gebaut - In sechs Abschnitten auf jeweils 350 Metern. Mittlerweile sind die Arbeiten auf den letzten Metern angekommen. Laut Eberhard Zimmerschied vom landesbetrieb Straßen.NRW ist alles im Großen und Ganzen planmäßig gelaufen, nur der Baustart hätte früher beginnen können. Dies sei wegen des langen Winters allerdings nicht möglich gewesen. Straßen.NRW ist zufrieden.

Einige Anwohner allerdings nicht, zum Beispiel diese beiden: „Hier geht nichts voran“, schimpfen die zwei Männer, die gerade vor ihrem Haus an der Baustelle das Unkraut beseitigen. „Die machen ständig früher Feierabend.“ Gemeint sind die Straßenbauarbeiter. Auch an den Freitagen nach einem Feiertag laufe hier nichts, sagt der Ältere der beiden Anwohnern. „Wir kommen ja nicht mal mit dem Auto hier raus“, ärgert er sich und zeigt auf die aufgerissene Asphaltdecke. Manche versuchen es aber doch: Ein mutiger BMW-Fahrer rollt langsam und vorsichtig über die scharfe Fräskante – es passt aber.
Kein sicherer Übergang
Entlang der Hauptverkehrsader zieht sich der letzte Bauabschnitt, Fitnessstudio, Apotheke und Geschenkeladen mittendrin. Die rechte Spur ist Richtung Bonzel befahrbar, die linke Seite aufgerissen. Ein Bagger, ein Lkw und ein paar Bauarbeiter sind im Einsatz. Immer wieder laufen Passanten durch die Baustelle – einen richtigen Übergang gibt es hier nicht. Die Fußgängerampel ist aus, Zebrastreifen sind weggefräst. Ein Fußgänger rennt auch noch schnell vor dem anrollenden Lkw her.

„Nötig war die ganze Sache ja nicht“, sagt die Grevenbrückerin Iris Klossek und lacht. „Aber mich stört es nicht.“ Eigentlich habe die Baustelle ja auch etwas Gutes: Man läuft mehr. „Ich überlege zweimal, ob ich mit dem Auto fahren muss“, lächelt die Frau, nimmt ihre Tasche und geht weiter. Auch Jennifer Kloss, eine Anwohnerin, sieht das Problem mancher Bürger nicht. „Uns wurde vorher Bescheid gegeben. Jetzt parke ich mein Auto eben woanders“, sagt die Mutter. „Außerdem sind die Arbeiter immer nett. Aber es gibt immer Leute, die meckern.“
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Baustelle in Grevenbrück: Geduldsprobe, Notwendigkeit und Verkehrschaos
Viel Verkehr herrscht hier schon: Fünf Autos, ein Lkw, dann wieder drei Autos und der nächste Lkw. Die Vielfalt an Nummernschildern ist groß. Fast genauso wie die Anzahl der aufgestellten Schilder: Parken verboten, Zufahrt freihalten. Chaotisch ist es am Kreisverkehr: Fahrzeuge fahren rein, es staut sich, andere fahren einfach drüber, um Richtung St. Claas abzubiegen.

Ist viel Betrieb am Kreisel, herrscht pures Chaos, erzählt Wolfgang Wigger. Ihm gehört das Lotto-Geschäft an der Ecke. Vor allem zu den Stoßzeiten gehe hier mitunter nichts mehr. Gerade will er seinen Kaffee beim örtlichen Bäcker trinken. Den rechten Arm auf den gläsernen Tresen gelehnt, lässt er seinem Frust freien Lauf: „Der Ort wird gemieden. Als die Baustelle vor meiner Tür war, hatten wir 70 Prozent Einbußen. Eine absolute Katastrophe ist das hier.“ Mit verschränkten Armen erklärt Wolfgang Wigger, dass er vor allem von Straßen.NRW enttäuscht sei. „Es kam niemand und hat uns benachrichtigt, das ist unmöglich. Nur durch die Presse wussten wir, dass hier gebaut wird.“
Bäckerei musste schließen
Zustimmung kommt von Alexandra Sommer, die in diesem Moment hinter der Theke steht und die Backwaren einräumt. Die Bäckerei sei ebenfalls von den Auswirkungen der Baustelle betroffen: „Letzte Woche hatten wir von Dienstag bis Freitag geschlossen.“ Durch den Rückstau sei nämlich niemand gekommen und auch die sonstige Laufkundschaft, die ihr Frühstück in der Bäckerei holt, bleibe momentan eher aus. „Die Arbeit macht mir wirklich Spaß, aber so eher nicht.“

In der Baustelle suchen sich die Arbeiter gerade ein schattiges Fleckchen. Die Ampel steht auf Grün, und der Fahrer eines kleinen Transporters drückt nochmal aufs Gaspedal. Er schafft die Grünphase noch so eben. Heikel wird es auf Höhe des Geschäfts „knosch.net“: Springt die Ampel auf Grün, scheren einige Autos einfach aus, und noch vor dem Baustelle bilden sich zwei Reihen - trotz einspuriger Verkehrsführung. Es wird versucht, noch schnell zu überholen. Bevor dann nur eine Spur befahren werden kann, muss sich alles im „Reißverschlussverfahren“ einfädeln. Chaos.
 von Sina Schneider
© Sina Schneider
Der Radfahrer, der schon zügig durch die Baustelle fährt, wird von Autos und auch Lkw überholt. Platz ist aber genug. Selbst als ein Transporter trotz Halteverbots auf dem Seitenstreifen steht, können Lkw und Busse unkompliziert daran vorbei fahren.

Weitere Szenen: Viele Fahrradfahrer und Passanten sind hier am Mittag unterwegs. Eine Frau trägt ihre Einkäufe nach Hause, ein Beamter des Gerichts hat für die Mittagspause eingekauft und Schüler gönnen sich auf dem Heimweg ein Eis. Es scheint, als würden sich die meisten Grevenbrücker mit der Baustelle arrangieren – irgendwie.

Fest steht, dass die Bürger noch einige Wochen Geduld haben müssen, denn nach dem Bauabschnitt im Ort folgt in Trockenbrück die kontrovers und hitzig diskutiere Vollsperrung. Immerhin: Eberhard Zimmerschied von Straßen.NRW versichert allerdings, dass die Arbeiten in Grevenbrück bis zu Beginn der Sommerferien (Beginn 16. Juli) erledigt sein sollen.
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