Altenhundemer Rollstuhlfahrer sind sauer: „Abartige“ Aufzüge am Bahnhof

Barrierefreiheit? Nicht immer, weiß auch der Bürgermeister


  • Lennestadt, 25.05.2023
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Marco Schultze (links) und Matthias Kapp (rechts) zeigen Bürgermeister Tobias Puspas, wo es in Altenhundem hakt - und zwar am Bahnhof: Oft funktionieren die Aufzüge nicht, und wenn doch, sorgen Dreck und Gestank für Unmut bei den beiden Rollstuhlfahrern. von Kerstin Sauer
Marco Schultze (links) und Matthias Kapp (rechts) zeigen Bürgermeister Tobias Puspas, wo es in Altenhundem hakt - und zwar am Bahnhof: Oft funktionieren die Aufzüge nicht, und wenn doch, sorgen Dreck und Gestank für Unmut bei den beiden Rollstuhlfahrern. © Kerstin Sauer

Altenhundem. Marco Schultze und Matthias Kapp sind sauer. Regelmäßig kommt es vor, dass die beiden Rollstuhlfahrer vor dem Aufzug am Altenhundemer Bahnhof stehen – und er funktioniert nicht. Wenn er mal funktioniert, sorgen Müll, Fäkalien und Gestank für Ekel. Die beiden Altenhundemer haben sich jetzt vor Ort mit Bürgermeister Tobias Puspas getroffen und ihrem Ärger Luft gemacht.


Eins vorneweg: Die Stadt Lennestadt ist nicht für die Aufzüge am Bahnhof verantwortlich. Sie gehören zum Zuständigkeitsbereich der Deutschen Bahn. Trotzdem war Bürgermeister Tobias Puspas sofort zu einem Gespräch mit Marco Schultze und Matthias Kapp bereit, denn, so betonte er: „Die Barrierefreiheit in Lennestadt liegt uns sehr am Herzen. Wir wissen von den Problemen an unseren drei Bahnhöfen in Altenhundem, Meggen und Grevenbrück.“

Spontan nach Siegen? Geht nicht.

Wie diese vor allem in Altenhundem aussehen, führte Marco Schultze aus. „Mal spontan nach Siegen fahren, das ist für mich nicht möglich. Wie oft stand ich schon vor dem Aufzug und er war außer Betrieb.“ Wenn er dann die Servicestelle der Deutschen Bahn kontaktiert, lautet die Antwort regelmäßig: „Sie haben Ihre Fahrt ja gar nicht angemeldet.“

Denn das wünscht sich die Deutsche Bahn: Wenn Menschen mit einem Handicap die Bahnfahrt anmelden, wird der Zugführer informiert und sorgt dafür, dass der Fahrgast problemlos in den Zug und wieder hinaus kommt. Spontanität ist dabei allerdings nicht möglich, denn: „Die Fahrt muss bis zu 24 Stunden vorher angemeldet werden“, weiß Marco Schultze.

Heute funktioniert der Aufzug. Marco Schultze stand aber schon öfter vor verschlossenen Türen. Eine Fahrt mit dem Zug ist für den Rollstuhlfahrer dann nicht möglich. von Kerstin Sauer
Heute funktioniert der Aufzug. Marco Schultze stand aber schon öfter vor verschlossenen Türen. Eine Fahrt mit dem Zug ist für den Rollstuhlfahrer dann nicht möglich. © Kerstin Sauer

Auch Matthias Kapp hatte schon seine Erlebnisse am Altenhundemer Bahnhof, wie er erzählt: „Ich kam mit dem Zug aus Siegen, stieg in Altenhundem aus – und der Aufzug am Bahngleis funktionierte nicht.“ Was tun? Der Zugfahrer schien die Lösung parat zu haben: Einfach die Servicestelle anrufen.

Die versprach auch “schnelle“ Hilfe: Innerhalb von 24 Stunden spätestens werde ein Mitarbeiter vor Ort sein. Fast schon lächerlich angesichts der Tatsache, dass Matthias Kapp auf dem Bahnsteig stand und diesen mit seinem Rollstuhl nicht verlassen konnte. Kurzerhand kehrte er zurück in den Zug, fuhr bis nach Grevenbrück, um dort in den nächsten Zug nach Altenhundem zu steigen in der Hoffnung, dass dort der Aufzug am anderen Bahnsteig funktioniert.

Mit Rollstuhl die Treppen hinunter? Unmöglich. Matthias Kapp fragt sich, was passieren könnte, wenn der Aufzug mal nicht funktioniert und er nicht vom Bahnsteig weg kommt. „Rufe ich dann die Feuerwehr, die meinen 180 Kilogramm schweren Rollstuhl und mich vom Bahnsteig holt?“ von Kerstin Sauer
Mit Rollstuhl die Treppen hinunter? Unmöglich. Matthias Kapp fragt sich, was passieren könnte, wenn der Aufzug mal nicht funktioniert und er nicht vom Bahnsteig weg kommt. „Rufe ich dann die Feuerwehr, die meinen 180 Kilogramm schweren Rollstuhl und mich vom Bahnsteig holt?“ © Kerstin Sauer

Bürgermeister Tobias Puspas weiß von den Problemen am Altenhundemer Bahnhof. Regelmäßig kämen Beschwerden, die die Stadt sammelt und an die Bahn weiter leitet. „Viele erreichen mehr“, ist sich Puspas sicher. Und berichtet von Hilfen, die die Stadt ihren Bürgern mit Handicap anbietet.

So sei der Grevenbrücker Bahnhof beispielsweise nicht barrierefrei. Schon seit Jahren hätten Rollstuhlfahrer aber die Möglichkeit, ein Taxi anzurufen (die Nummer hängt aus) und auf Kosten der Stadt zum nächsten barrierefreien Bahnhof nach Altenhundem oder Finnentrop zu fahren.


Der Taxiservice ist ein freiwilliges Angebot der Stadt Lennestadt für Menschen mit Behinderungen. von Kerstin Sauer
Der Taxiservice ist ein freiwilliges Angebot der Stadt Lennestadt für Menschen mit Behinderungen. © Kerstin Sauer

Auch das Thema Vandalismus am Bahnhof und in den Aufzügen ist dem Bürgermeister bekannt. Marco Schultze nennt die Probleme beim Namen: „Die Aufzüge sind dreckig. Dort liegt Müll oder die Leute verrichten hier ihr Geschäft. Es ist abartig.“ Regelmäßig, so erklärt Puspas, würde die Ortsreinigung für Ordnung sorgen. Wobei auch das in den Zuständigkeitsbereich der Bahn fiele.

Doch was könnte die Lösung für die Probleme am Altenhundemer Bahnhof sein? Zugangsbeschränkungen für die Aufzüge? Eine Videoüberwachung, um Vandalen dingfest zu machen? Langfristig, so glaubt der Bürgermeister, könne man aus der Situation nur eine Lehre ziehen: „Bahnhofsanlagen müssen so gebaut werden, dass man nicht auf Aufzüge angewiesen ist.“

Per Aufzug zu den Zügen - leider nicht immer möglich. von Kerstin Sauer
Per Aufzug zu den Zügen - leider nicht immer möglich. © Kerstin Sauer

In Meggen könnte das auf der Seite zur Ortsmitte hin eine Möglichkeit sein. In Altenhundem und in Grevenbrück – der Bahnhof dort soll übrigens auch barrierefrei umgebaut werden – fehlt allerdings der Platz und es muss mit Aufzügen gearbeitet werden.

Drei barrierefreie Bahnhöfe in Lennestadt. Diese Aussicht freut den Bürgermeister. Wenn die Aufzüge denn auch fahren. Hier findet der Bürgermeister, unterstützt von Marco Schultze und Matthias Kapp, klare Worte: „Die Bahn muss sich dafür einsetzen, dass sie funktionieren.“

Auf LokalPlus-Anfrage bei der Pressestelle der Deutschen Bahn gab es bis zur Veröffentlichung des Artikels keine Reaktion.

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