Altenhundemer Jonny Boehm ist Bochum-Fan seit über 50 Jahren
Ziel sind 1848 Pflichtspiele
- Lennestadt, 15.07.2017
- Von Nils Dinkel

Altenhundem. Der 64-jährige Jonny Boehm aus Altenhundem ist Lehrer am Gymnasium der Stadt Lennestadt und hat eine ganz besondere Leidenschaft: den VfL Bochum. Boehm ist ein treuer, ein leidenschaftlicher Anhänger des aktuellen Fußball-Zweitligisten – und eigentlich sogar mehr als das: 1965 verfolgte er zum ersten Mal ein Ligaspiel des VfL Bochum im Stadion; 52 Jahre später sind 1608 weitere Pflichtspiele, die er auf der Tribüne erlebte, hinzugekommen. Die Geschichte eines Mannes, für den die Bezeichnung „Fan“ nicht ausreicht.


Seine Leidenschaft für den Revierclub begann am 19. September 1965. Da stand der erste Besuch im Stadion an. „Da nahm das Unheil seinen Lauf“, sagt Jonny Boehm selbst. Gegner war Alemannia Aachen. „Mein Vater wollte mir einfach mal etwas Besonderes bieten. Ein Jahr war es die Cranger Kirmes, mal der Zirkus, dann Bochum.“ Bochum gewann bei Jonny Boehms erstem Besuch 1:0. Torschütze war Hansi Grieger, dessen Spielerkarriere in Netphen begonnen hatte. Das erzählt der VfL-Fan, als wäre es gestern gewesen. Wie so viele Anekdoten.

Meistens tritt der 64-Jährige die Reise mit dem Zug an. Einen Führerschein hat er nicht. „Wenn wir mit dem Auto fahren, braucht es Überredungskünste“, sagt sein Sohn. „Bei Flutlichtspielen oder wenn ich mir dadurch eine komplizierte Rückfahrt ersparen kann, nehme ich das Angebot gerne an. Ich fahre aber lieber gemütlich im Zug und lese den ,Kicker´. Im Auto sitzt man konzentriert daneben und achtet auf die Straße“ erklärt Jonny Boehm.

Einzigartig sei das Gefühl, im Stadion zu sitzen, live dabei zu sein. „Die Atmosphäre, die Spannung: Man zittert und fiebert mit. Gewinnt der Verein? Technische Spielzüge sind mir schon mal lieber als manche Kampfzüge“, sagt Jonny Boehm und klingt dabei euphorisch. Man kenne die Leute um sich herum, mit denen er seit vielen Jahren ein Schwätzchen halte. „Fußball ist mein wichtigstes Hobby. Man fiebert immer dem nächsten Spiel entgegen.“ Der Lennestädter kennt das Vereinsziel, hat dieses genauso ständig vor Augen wie die eigenen Wünsche und Visionen für den Verein.
An der Schule ist es bekannt, dass der Lehrer Anhänger des VfL Bochum ist. „Mit den meisten Schülern wird rumgeflachst. Es gibt allerdings nur wenige Bochum-Fans an der Schule. Da wird gerne gefragt, wie der VfL gespielt hat, wenn das Team verloren hat. Und sie wissen genau, dass man verloren hat“, sagt Boehm lachend. „Es führt zu den ein oder anderen Frotzeleien“, so Boehm.

Das größte Negativerlebnis war für Boehm der Abstieg seines Clubs aus der Bundesliga im Jahr 2010. „Bis Februar stand man im recht gesicherten Mittelfeld. Acht Punkte vom Abstieg entfernt. Es folgte eine Niederlagenserie“, erinnert sich der 64-jährige. Im letzten Spiel hatte der VfL die Chance, gegen Hannover 96 auf den Relegationsplatz zu gelangen. „Lustlos und unmotiviert standen die Spieler auf dem Platz. Man hängt sein Leben lang sein Herzblut darein. Das war der schwärzeste Tag. Ich hatte eine dumpfe Vorahnung“, blickt Jonny Boehm zurück. Und klingt dabei noch heute resigniert.
Sein Lieblingsspieler war Dariusz Wosz. Er sei der „kultivierteste, technisch einzigartigste Spieler“ des VfL gewesen. „Vorher und hinterher haben wir einen solchen Spieler nicht mehr gehabt. Er ist mein Lieblingsspieler aller Zeiten“ sagt Boehm über Wosz, der in seiner aktiven Zeit den Spitznamen „Zaubermaus“ trug. Boehms aktueller Lieblingsspieler ist Felix Bastians, der seit 2013 bei den Bochumern unter Vertrag steht. „Er ist gut und wichtig. Er hat die Chefrolle in der Abwehr und ist ein wichtiger Mann.“ Positiv blieb Boehm auch Michael Lamek in Erinnerung. „Er hat 518 Spiele für Bochum bestritten, das gibt es heute nicht mehr. Er war kein besonderes attraktiver Spieler, aber nie verletzt oder krank. Es war immer Verlass auf ihn.“

So oder so: Jonny Boehm hat ohnehin- unabhängig vom Trainer – das Ziel, insgesamt 1848 Pflichtspiele zu besuchen. „Das ist immer eine besondere Zahl“, sagt der eingefleischte Fan lachend, denn der Club gründete sich im Jahre 1848. Um auf diese Zahl an Pflichtspielen im Stadion zu kommen, brauche es aber noch acht Spielzeiten. „Mindestens“, sagt Boehm.

Über Pyrotechnik, TV-Gelder und Hobbys
Auch die ebenfalls umstrittene Verteilung von TV-Geldern beurteilt der langjährige Fan kritisch: „Es ist nicht gut, dass die Schere noch weiter auseinandergeht. Die Absteiger bekommen mehr Geld, sodass sie wahrscheinlich wieder aufsteigen und die Bundesliga zur geschlossenen Gesellschaft wird. Die Ligen leben von der Chance, aufzusteigen, und nicht von den 18 immer gleichen Teams.“ Clubs, die überraschend den Aufstieg geschafft haben, seien häufig nach einem Jahr wieder in der zweiten Liga zu finden. Mit Ausnahme des SC Freiburg, der sich trotz eines vergleichsweise schmalen Budgets nach wie vor im Fußball-Oberhaus hält.
Andererseits, so Beohm weiter, seien TV-Gelder unverzichtbar. Was ihn als Stadionbesucher schmerzt, denn: „Inzwischen sind die Einnahmen wichtiger als die Zuschauer vor Ort. In anderen Ländern ist das genauso." Dass die Liga und die Vereine international konkurrenzfähig sein müssen, gehe zu Lasten der kleineren Vereine. Aber bei eben jenen sei die Solidarität untereinander noch nicht vollständig aufgegeben, meint Boehm.
Übrigens hat der 65-Jährige neben dem VfL Bochum auch noch andere Hobbys, nämlich Theaterbesuche, Bahnfahren, Reisen und Filmen. Boehm gehört dem Vorstand der Kulturgemeinde Hundem-Lenne an.

