25 Jahre Küsterin in Kirchveischede: „Ich habe es gern gemacht“

Cilly Kersting (86) blickt mit LokalPlus zurück


  • Lennestadt, 26.12.2022
  • Glaube & Religion , Verschiedenes
  • Von Marita Sapp
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Ein Vierteljahrhundert war Cilly Kersting die Küsterin in St. Servatius Kirchveischede. Im Gespräch mit LokalPlus ließ die 86-Jährige die Jahre Revue passieren. von Marita Sapp
Ein Vierteljahrhundert war Cilly Kersting die Küsterin in St. Servatius Kirchveischede. Im Gespräch mit LokalPlus ließ die 86-Jährige die Jahre Revue passieren. © Marita Sapp

Kirchveischede. „Es war eine schöne Zeit“, sagt Cilly Kersting, wenn sie an ihre Zeit als Küsterin der St.-Servatius-Pfarrgemeinde Kirchveischede denkt. 25 Jahre hat die 86-Jährige dieses Amt innegehabt, bis zu ihrem Schlaganfall im Dezember, von dem sie sich aber schon wieder gut erholt hat. Im Rahmen des Festgottesdienstes nach der Renovierung der Kirche hat sich der Kirchenvorstand unter anderem mit einem Blumenstrauß für ihren Einsatz bedankt. Mit LokalPlus blickt Cilly Kersting zurück...


Vor 26 Jahren suchte die Kirchengemeinde einen neuen Küster. Gemeinsam mit Marlies Neuschulte teilte sich dann Cilly Kersting die Arbeit als Küsterin. Immer im Wochenwechsel. Als Marlies Neuschulte nach 13 Jahren krankheitsbedingt nicht mehr dabei sein konnte, machte Cilly Kersting alleine weiter. Gelegentlich unterstützt vom Organisten der Gemeinde und ihrem Sohn.

Von morgens bis abends

„Viereinhalb Stunden pro Woche waren als offizielle Arbeitszeit angesetzt von Paderborn, man muss alles aufschreiben, was man so tut. Vom Aufschließen der Kirche bis zum Bügeln der Gewänder und Deckchen.“

Aber was genau ist eigentlich die Aufgabe eines Küsters? Cilly Kersting hat da eine sehr lange Liste parat. Es fängt an mit dem täglichen Auf- und Abschließen der Kirchentür: 9 Uhr morgens auf-, abends 18 Uhr zuschließen; im Winter schon um 16 Uhr. Dabei in der Kirche nachschauen, ob alles in Ordnung ist.

Zwei schlafende Männer auf der Kirchenbank...

Da kann es auch schon mal Überraschungen geben. „Einmal“, erzählt sie, „kam ich in die Kirche und sah etwas in den Bänken liegen. Als ich vorsichtig hingegangen bin, lagen da zwei Männer und schliefen fest. Ich hatte etwas Angst und habe schnell Unterstützung geholt. Als wir zurück kamen, waren die Männer schon weg.“ Wie sich später herausstellte, waren es Zeitungsabo-Verkäufer, die sich in der Kirche eine Pause gegönnt hatten.

Vor jeder heiligen Messe musste die Küsterin zeitig in der Kirche sein, die Heizung kontrollieren und in der kalten Jahreszeit eventuell etwas höher stellen, damit die Kirchenbesucher nicht frieren. Das Messbuch aufschlagen, Kerzen anzünden, den Messdienern und dem Pastor beim Ankleiden helfen - all das sind ebenfalls Aufgaben eines Küsters.

25 Jahre lang war die St.-Servatius-Kirche in Kirchveischede die Wirkungsstätte von Küsterin Cilly Kersting. von Marita Sapp
25 Jahre lang war die St.-Servatius-Kirche in Kirchveischede die Wirkungsstätte von Küsterin Cilly Kersting. © Marita Sapp

Das Amt habe ihr immer viel Freude bereitet, erzählt Cilly Kersting im Gespräch mit LokalPlus. „Es war spannend, man bleibt im Leben.“ Für viele in der Gemeinde war sie Ansprechpartnerin, sie wusste immer Bescheid. „Wenn die Totenglocke geläutet hatte, riefen oft Menschen an, um sich zu erkundigen, wer gerade verstorben war.“ Auch sonst war sie immer auf dem Laufenden. „Man bekommt sehr viel mit.“

Handzeichen für die neuen Messdiener

Bei der Ausbildung neuer Messdiener war sie ebenfalls mit im Boot. „Besonders in den ersten Wochen, wenn die neuen Messdiener noch etwas unsicher waren, habe ich bei den Gottesdiensten im Hintergrund gestanden und unbeobachtet von den Kirchenbesuchern Handzeichen gegeben, damit alles richtig lief.“

Cilly Kersting kennt sich perfekt aus im Kirchenjahr: „Jeder Tag im Jahr hat eine andere Seite im Kirchenbuch, die passend aufgeschlagen werden muss. Da muss sich auch der Pastor dran halten und an die Farbe der dazugehörigen Messgewänder.“

Für jeden Anlass eine Farbe

Violett ist unter anderem für die Advents- und Fastenzeit, Rot für die Märtyrer, Weiß für Festtage, der letzte Sonntag im Jahr ist Rosè. „Grün gibt es auch noch, aber die haben wir in Kirchveischede schon länger nicht mehr“, erzählt Cilly Kersting. Dazu legte sie für den Pastor noch Stola, Albe (eine weiße Tunika), Zingulum (eine Kordel um die Albe), Untergewand und Schultertuch bereit.

„Kelch, Kelchtuch, Palla (kleiner Deckel, der auf den Kelch gelegt wird) und Patene (Hostienschale), alles muss passend vorbereitet werden, das musste ich auch erst lernen“, erinnert sich die 86-Jährige an die Anfänge. „Die Hostien hab ich immer bei den Franziskanerinnen in Olpe bestellt, die sie selbst backen. Einmal im Jahr, an Gründonnerstag, werden die Hostien dort geweiht.“

Cilly Kersting war immer ein wichtiger Teil der Kirchengemeinde. Ein Pastor habe einmal mit einem Augenzwinkern zu ihr gesagt: „Zieh an die Macht du Arm des Herrn, wohlauf und lass uns streiten…“ Eine Passage aus einem Kirchenlied. Als sie sich jetzt daran erinnert, muss sie lachen. Ihr Engagement hat sie jung gehalten.

Eine Weinflasche - muss das denn sein?

40 Jahre war sie dazu Lektorin der Gemeinde, sammelte in der Messe Geld für die Kollekte, wickelte jedes Jahr den Adventskranz und bereitete den Altar für das Erntedankfest vor. „Alles, was da so aufgebaut wird, hab ich besorgt.“ Auch eine Weinflasche hat sie manchmal dazugestellt.

„Einmal nach dem Gottesdienst hat mich eine Frau gefragt, ob das denn sein müsse, eine Flasche Wein so offen zugänglich in der Kirche aufzustellen, wegen der Kinder….“, amüsiert sie sich noch heute beim Erzählen. „Da hab ich gesagt, sie soll den doch mal probieren…da war nämlich nur Wasser drin“.

Eine schöne Zeit geht zu Ende. „Ich hab es gern gemacht“, sagt Cilly Kerstig, ihre Augen leuchten dabei. „Und würde es auch wieder tun.“

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