Zwischen Dankbarkeit, Sorgen und Angriffsmodus

Theo Kruse (CDU) verabschiedet sich nach 22 Jahren aus dem NRW-Landtag


  • Kreis Olpe, 04.05.2017
  • Von Sven Prillwitz
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Zog im Bootshaus Biggesee in Olpe im Gespräch mit der Presse eine abschließende Bilanz seiner 22 Jahre im Landtag: Theo Kruse. von Sven Prillwitz
Zog im Bootshaus Biggesee in Olpe im Gespräch mit der Presse eine abschließende Bilanz seiner 22 Jahre im Landtag: Theo Kruse. © Sven Prillwitz

Kreis Olpe. Wenn die Bürger im Kreis Olpe am 14. Mai die NRW-Regierung wählen, wird sein Name nicht mehr auf dem Stimmzettel auftauchen: Theo Kruse verabschiedet sich nach 22 Jahren aus dem nordrhein-westfälischen Landtag. Am Donnerstag, 4. Mai, blickte der 68-jährige Christdemokrat in Olpe bei seinem letzten Pressegespräch als Landtagsabgeordneter auf insgesamt fünf Amtsperioden zurück. Er verabschiede sich mit Dankbarkeit, Wehmut und Vorfreude auf den Ruhestand, sagte Kruse, gleichwohl aber auch mit großer Sorge.


„Nur wer innere Ordnung hat, hat innere Kraft.“ Dieser Satz des ehemaligen Bundeskanzlers Konrad Adenauers sei für ihn noch heute ein ganz entscheidender. Weil innere Ordnung die Voraussetzung für eine „stabile Demokratie und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft“ sei, wollte er in den Innenausschuss. Dem gehört Kruse seit 1995 an, als er im Alter von 46 Jahren und als Nachfolger von Hartmut Schauerte erstmals in den Landtag gewählt wurde. Von 1999 bis 2012 war er dann innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion und Mitglied des Fraktionsvorstands.

Fünfmal stand Kruse zur Wahl, fünfmal zog er als Direktkandidat für den Kreis Olpe in das Düsseldorfer Kabinett ein – zuletzt 2012 nach der Auflösung des Landtags. Immer mit mehr als 50 Prozent der Erststimmen. „Das war ein außerordentlich toller Vertrauensbeweis der CDU-Mitglieder und Wähler“, sagt Kruse heute.
Einsatz für die Region und die Menschen vor Ort
Er sieht deren Votum gleichzeitig als Bestätigung dafür, dass er sich stets als Landespolitiker verstanden habe, der sich für die Region und ihre Stärken einsetzt und das Gespräch mit den Menschen in seinem Wahlkreis sucht. Als besonders wichtige Erfolge für Südwestfalen und den Kreis Olpe in seinen Amtszeiten nennt Kruse die Millionen-Zuschüsse des Landes für die Beseitigung der Schäden nach dem Orkan Kyrill und den Zuschlag für die Regionale 2013.

Nur für eine Wahlperiode, von 2005 bis 2010 unter dem damaligen Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, gehörte Kruse der Landesregierung an. Die CDU bildete damals mit der FDP die Koalition. Ansonsten übte der zweifache Familienvater sein Mandat stets als Mitglied der Opposition aus. „Immer mit viel Freude“, sagt der gebürtige Lennestädter. Und immer mit sehr kritischen Worten und in sehr scharfem Tonfall. Dennoch sei es immer auch darum gegangen, vor allem zusammen mit dem ärgsten politischen Kontrahenten, der SPD, Probleme zu lösen – „zugunsten der Betroffenen bei uns im Kreis“, betont Kruse. Das sei ihm auch in seiner Funktion als CDU-Kreisvorsitzender wichtig gewesen, die er 20 Jahre innehatte.
Klare Sache auf Kreis-, knappes Ergebnis auf Landesebene
Als CDU-Chef auf Kreisebene hat Jochen Ritter ihn mittlerweile beerbt, der nun auch auf das Direktmandat für den Landtag hofft. Kruse glaubt an ein „außerordentlich gutes Ergebnis“ für seinen Nachfolger – und daran, dass der Kreis Olpe seinen Status als CDU-Hochburg erneut bestätigen wird. Auf Landesebene hingegen erwartet Kruse ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Christ- und Sozialdemokraten.

„Kaum eine NRW-Regierung hatte eine schlechtere Bilanz als das Kabinett Kraft (SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, Anm. d. Red.), nur bei Steinbrück war es ähnlich schlecht“, stellt Kruse der derzeitigen rot-grünen Koalition in Düsseldorf ein schlechtes Zeugnis aus. Der 68-Jährige ist im verbalen Angriffsmodus, als er die „dramatische Finanzlage NRWs“ – Kruse spricht von mehr als 144 Milliarden Euro Schulden – als „tickende Zeitbombe“ bezeichnet. In der Bildungslandschaft gebe es außerdem „erhebliche Unruhen und Unsicherheiten“, die Bürokratie sei „erdrückend“ und Rot-Grün um NRW-Innenminister Ralf Jäger „hilflos in Fragen der inneren Sicherheit“.
Sorgen und Warnungen
Kruses Befürchtung: „NRW ist auf diese Herausforderungen nicht vorbereitet.“ Seine Sorgen gelten aber nicht nur Nordrhein-Westfalen, sondern Deutschland an sich. „Wir sind umgeben von Krisen und Kriegen“, sagt Kruse. Und er vermisst die innere Ordnung in Deutschland, warnt vor „Parallelgesellschaften“. Vor No-Go-Areas. Vor zunehmender Gewaltbereitschaft nicht nur im Umfeld von Fußballstadien. Vor Eltern, die mit der Erziehung überfordert sind. Vor durch Digitalisierung verursachte Ängste. Vor zunehmender Gewalt gegen Polizisten.

„Wir haben es über Jahrzehnte versäumt, Werte und Wertebewusstsein an die nächsten Generationen zu vermitteln“, sagt Kruse. Er hält auch eine Diskussion über eine Leitkultur für richtig – für eine deutsche und eine europäische. Die aktuelle Kritik an Bundesinnenminister Thomas de Maziére, der Thesen zu einer Leitkultur formuliert hat, hält Kruse für überzogen: „Es geht nicht darum, dass wir da etwas absolut setzen wollen. Das war ein Vorschlag, eine Anregung.“
Politik-Pendler freut sich auf mehr Zeit für „unpolitische“ Dinge
Seine Sorgen über die „ernste Lage und hochpolitische Zeitabläufe“ würden ebenso bleiben wie das Interesse an der Politik. Formal habe er zwar ab 1. Juni kein Amt mehr, werde aber weiter an vielen Versammlungen teilnehmen. „Als Kind der 68er Generation kann man Politik nicht lassen“, sagt Kruse. Zumal er „so viel Zeit in Autos, Zügen und Sitzungssälen“ verbracht habe als Politik-Pendler zwischen Düsseldorf und dem Kreis Olpe.

Und doch freut er sich darauf, künftig mehr Zeit für Dinge jenseits der Politik zu haben. Für Wanderungen und Sport. Für Ska, Doppelkopf und Schach. Und natürlich für Freunde und die Familie, darunter seine drei Enkelkinder.
Zur Person
  • Geboren am 24. Mai 1948 in Lennestadt-Grevenbrück; verheiratet, zwei Kinder. 
  • Industriekaufmann. Studium der Wirtschaftswissenschaft und Politikwissenschaft an der Fachhochschule Siegen von 1969 bis 1972 und an der Universität Köln von 1972 bis 1976; 1972 Betriebswirt (grad.), erstes und zweites Staatsexamen 1976 und 1978 für das Lehramt an berufsbildenden Schulen. Seit März 1978 Lehrer an den beruflichen Schulen des Kreises Olpe.
  • Mitglied der CDU seit 1971. Von 1973 bis 1977 Vorsitzender der Jungen Union des Kreises Olpe. 1989 bis 1995 Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes Olpe. Seit 1995 Kreisvorsitzender der CDU des Kreises Olpe. 1984 bis 1999 Mitglied der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Olpe. 
  • Abgeordneter des Landtags Nordrhein-Westfalen vom  1. Juni 1995 bis zur Auflösung des Landtags im März 2012, von Okt. 1999 bis März 2012 innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion und damit Mitglied des Fraktionsvorstandes.


Mitglied in Ausschüssen des Landtags 

Innenausschuss - Sprecher und ordentliches Mitglied

Verfassungskommission – stellvertretendes Mitglied

Kontrollgremium gemäß § 23 des Verfassungsschutzgesetzes NRW - ordentliches Mitglied
 
Ausschuss für Kommunalpolitik - stellvertretendes Mitglied

Haushalts- und Finanzausschuss - stellvertretendes Mitglied
 
Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr - stellvertretendes Mitglied

(Quelle: http://www.theo-kruse.de)
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