Wo der Augenblick zählt und die Lebensfreude wohnt: Ein Tag im Kinderhospiz

LokalPlus-Serie „Ein Tag als…“


  • Kreis Olpe, 30.10.2022
  • Verschiedenes
  • Von Lorena Klein
    Profilfoto Lorena Klein

    Lorena Klein

    Redaktion


    E-Mail schreiben
Topnews
LokalPlus-Volontärin Lorena Klein hat Kinderkrankenpflegerin Anna Temme einen Vormittag lang bei den Pflegetätigkeiten im Kinderhospiz Balthasar begleitet. von privat
LokalPlus-Volontärin Lorena Klein hat Kinderkrankenpflegerin Anna Temme einen Vormittag lang bei den Pflegetätigkeiten im Kinderhospiz Balthasar begleitet. © privat

Olpe/Kreis Olpe. Das Kinder- und Jugendhospiz Balthasar ist unheilbar kranken Kindern und ihren Familien ein Wegbegleiter in einer Zeit, in der jeder Augenblick wertvoll ist. Die Besucher und Angehörigen erfahren durch das Mitarbeiterteam pflegerische und psychosoziale Unterstützung. Einen Vormittag lang durfte LokalPlus-Volontärin Lorena Klein eine Mitarbeiterin bei den Pflegetätigkeiten begleiten.


Um einen Einblick in die Arbeit der Pflegekräfte im Kinder- und Jugendhospiz zu bekommen, darf ich Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin Anna Temme begleiten, die seit 2011 im Balthasar arbeitet. An diesem Vormittag kümmert sie sich um den 15-jährigen Fabian.

Als die Pflegemitarbeiterin mich morgens im Kinderhospiz empfängt, ist Fabian gerade wachgeworden. „Im Balthasar gibt es keine festen Weck- und Schlafzeiten“, erklärt mir Anna. „Wir Pflegefachkräfte passen uns den Routinen an, die die Kinder von zu Hause gewöhnt sind.“

Schritt für Schritt in den neuen Tag

Gemeinsam gehen wir in Fabians Kinderzimmer. „Guten Morgen, Fabian“, begrüßen wir den Jungen, der verschlafen aus dem Bett lugt. Nachdem sich Fabian an das Licht gewöhnt hat und auch die letzte Müdigkeit verflogen ist, hilft Anna Temme ihm langsam aus dem Schlafsack.

Um frisch in den Tag zu starten, steht neben der ersten Versorgung mit Medikamenten zunächst eine Ganzkörperwaschung an. Dabei geht Anna sehr aufmerksam und Schritt für Schritt vor. „Beobachtung steht hier an oberster Stelle“, erklärt sie mir. Durch das frühzeitige Erkennen von Symptomen lassen sich beispielsweise Krampfanfälle vorbeugen oder abmildern. Besonders Veränderungen der Haut rund um Fabians Magensonde müssen immer im Blick behalten werden.

Bildergalerie starten
Ein Vormittag im Kinder- und Jugendhospiz Balthasar.

Mit dem Rollstuhl geht es dann in Richtung Küche, wo wir das Frühstück zubereiten. „Fabian ist ein richtiger Genießer“, lacht Anna Temme, während sie aus Reismilch, Reisflocken und Fruchtmus einen gut verdaulichen Frühstücksbrei kreiert. „Auf die Mahlzeiten freut er sich immer besonders.“

Fabians zweite große Leidenschaft sind ganz klar Bücher. Vor und nach Frühstück gucken wir uns die Bilderbücher an, die er von zu Hause mitgebracht hat. Auch dem Lesezimmer statten wir einen Besuch ab. „Das ist sein Reich“, lächelt Anna Temme.

Während Fabian in aller Ruhe seinen Reisbrei genießt, frühstücken auch andere Kinder und Pfleger im Aufenthaltsraum. Eine Mitarbeiterin singt und tanzt zu einem Lied und steckt die anderen mit ihrer guten Laune an.

Mit Ruhe und Gelassenheit

Nach dem Frühstück verabschiede ich mich von Fabian und Anna. Ich bewundere, mit wie viel Ruhe und Gelassenheit sich die Frau um den Jungen kümmert. Die medizinische Versorgung und Pflege nimmt alleine am Vormittag mehrere Stunden in Anspruch. Nicht eine Spur von Stress und Hektik nehme ich in Anna Temmes Umgang mit dem Jungen wahr. Sie nimmt sich die Zeit für Fabian, die er braucht.

Im Anschluss zeigt mir Rebecca Kranz, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, den Abschiedsbereich des Hauses. Bei dem Gedanken, dass viele Kinder und ihre Familien hier ihre letzten gemeinsamen Momente verbringen, werde ich nachdenklich. Wie fühlt es sich an, einen geliebten Menschen für immer loszulassen?

Bildergalerie starten
Ein Lieblingsort für alle Bücherwürmer: Das Lesezimmer.

Dieser Raum ist zwar ein Ort der Trauer, vermittelt jedoch keine Atmosphäre der Traurigkeit. In seinen warmen Farben, den Schmetterlingen an der Wand und Balthasar, dem namensgebenden Schutzpatron der Wanderer und Reisenden, am Fenster, stehen besonderes die Hoffnung und der Glaube im Vordergrund, dass letztendlich alles gut wird.

Auch nach dem Tod des Kindes haben die Familien die Möglichkeit, den Kontakt zum Hospiz aufrecht zu erhalten, betont Rebecca Kranz. Die Windräder und Steine im Garten sind eine ewige Erinnerung an die ehemaligen Bewohner. „Die Kinder haben für immer einen Platz in diesem Haus.“

Bis zum Tag des Abschieds sind es die Momente im Hier und Jetzt, die im Balthasar gelebt werden. Die Mitarbeiter nehmen sich Zeit für alle Erkrankten und ihre Angehörigen, arbeiten individuell und mit ganz viel Liebe für den Augenblick.

Artikel teilen: