Wirtschaftsexperten: Mittelstand hat in Sachen Digitalisierung noch viel zu tun

Veranstaltung in der Stadthalle Olpe


 von privat
© privat

Kreis Olpe. „Digitalisierung und Fachkräftemangel“ lautete der Titel der ersten „Blickpunkt“-Veranstaltung, die die Unternehmensberatung „VIA Consult“ jetzt in der Stadthalle Olpe aus-richtete. Das Unternehmen präsentierte die Ergebnisse ihrer Untersuchungen sowie Pra-xisprojekte zu den Themen Digitalisierung und Fachkräfte. Zudem äußerten sich neben hoch-rangigen Vertretern der heimischen Wirtschaft auch Prof. Dieter Spath, seines Zeichens unter anderem Leiter des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation.


Hat der Mittelstand diese beiden Entwicklungen verschlafen? Mit einem klaren Nein beantwortete Geschäftsführer der VIA Consult, Werner Schmidt, diese Frage. Auf beiden Feldern sei schon einiges erreicht worden; dennoch gebe es noch viel zu tun. Das belegt auch ein Praxisprojekt, das bei sieben Unternehmen in Südwestfalen für den Digitalisierungsgrad der mittelständischen Unternehmen ein differenziertes Bild ergeben habe. 

Ergebnis: Obgleich Digitalisierung allgegenwärtig sei, zeige die Realität, dass bei den Unternehmen Unsicherheit herrscht, wie sie sich positionieren sollen und ob sich Investitionen lohnen. Hanni Koch von der Unternehmensberatung erklärte: Der Digitalisierungsfahrplan müsse von der Strategie vorgegeben werden: „Digitalisierung heißt entweder Geschäftsmodellerweiterung oder Prozessoptimierung.“
Problemfelder: Wirtschaftlichkeit und Transparenz
Das Projekt über die Digitalisierung in der Zulieferkette veranschauliche zudem, dass die Digitalisierung von Prozessen und Dienstleistungen auch unternehmensübergreifend zu erheblichen Rationalisierungen führen kann. Das Problem: In vielen Fällen sei die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben oder die Transparenz nicht gewollt.

Eng verwoben mit den Zukunftsfragen rund um das Thema Digitalisierung ist laut Sascha Kreis  von „VIA Consult“ der damit deutlich werdende Fachkräftemangel. „Der Fachkräftemangel ist Realität. Bewerber können das geforderte Profil oftmals nicht erfüllen. Wie wollen die Unternehmen der Region die erforderliche Transformation der Produkte und Prozesse ohne die zur Verfügung stehenden Qualifikationen meistern?“, fragte der Referent.
 von privat
© privat
Seine Antwort: „Es zeigt sich, dass Unternehmen ihre eigene individuelle Strategie zur Deckung ihrer Versorgungslücke entwickeln und die dazu notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen mit Blick auf die Digitalisierung vorantreiben müssen.“
Arbeit definiert sich neu
Als „Keynote Speaker“ und ausgewiesenen Experten für die Arbeit der Zukunft nahm Prof. Dieter Spath an der Veranstaltung teil. Aus seinem kurzweiligen Vortrag ging hervor: Die klassische Arbeit bleibe erhalten, definiere sich aber neu.

Diese Zukunftsperspektive wurde auch von den Teilnehmern der Podiumsdiskussion bestätigt. Andreas Volprecht, Geschäftsführer der LEWA in Attendorn, erklärte, dass sowohl in der Ausbildung als auch beim Service der hergestellten und weltweit im Einsatz befindlichen Anlagen digitale Techniken eingesetzt werden. Mittels Datenbrillen könnten Mitarbeiter bei Tätigkeiten durch Spezialisten an anderen Orten der Welt unterstützt werden.
Digitalisierung spielt bereits große Rolle
Christian Hermann, Geschäftsführender Gesellschafter der KRAH Elektronische Bauelemente GmbH in Drolshagen, berichtete als Vertreter der Automobilzuliefererindustrie, dass hier bereits seit vielen Jahren diverse Rationalisierungsmöglichkeiten und Automatisierungsmöglichkeiten um- und eingesetzt würden. Angefangen mit Hilfe von sogenannten „Kontinuierlichen Verbesserungsprozessen“ (KVP) bis hin zur systematischen Datenauswertung, die von modernen EDV-Systeme ermöglicht werden.

Aber auch im Gesundheitswesen spielt die Digitalisierung eine bedeutende Rolle für die weitere Entwicklung. Markus Feldmann, Geschäftsführer der GFO Gemeinnützige Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe, betreibt in der Region eine Vielzahl von Pflege- und Betreuungseinrichtungen für Kinder, Jugendliche, alte und kranke Menschen. Sowohl in den Krankenhäusern als auch in den anderen Einrichtungen fallen laut Feldmann riesige und zugleich sensible Datenmengen an. Allerdings stünden fehlende Standards und hohe Dokumentationsanforderungen einer durchgängigen Nutzbarkeit der Daten entgegen.
Digitale Möglichkeiten und Werkzeuge gezielter einsetzen
Deutlich machte Feldmann aber auch, dass die Möglichkeiten der Digitalisierung viel Entlastung in der Pflege und vor allem mit Blick auf den Fachkräftemangel schaffen könnten. Auch hier sei man sich einig: Der Mensch soll und kann auch hier nicht durch Maschinen ersetzt werden. 

VIA-Geschäftsführer Werner Schmidt zeigte übergreifend auf, dass der Mittelstand in Sachen Digitalisierung bereits seit langem unterwegs sei – aber eben unterschiedlich weit. Auch wenn Rationalisierung und Automatisierung weit verbreitet und auf einem guten Niveau seien, mahnte er an, dass es jetzt gelte, die neuen Möglichkeiten und Werkzeuge der Digitalisierung und für die Nutzung von Daten noch besser einzusetzen. Es müsse jedoch auch bedacht werden, dass die Möglichkeiten für Geschäftsmodellveränderungen durch die Nutzung von Digitalisierungstechniken aufgrund der Position vieler Unternehmen in der Wertschöpfungskette tatsächlich sehr begrenzt seien, so Schmidt.
Artikel teilen: